Wildpinkler trüben Fasnetsstimmung
Familie Egenberger erlebt am Umzugstag in Neuravensburg die Schattenseiten närrischen Treibens
- Glasscherben vor dem Haus, Wildpinkler im Garten und am Ende einen Schlag ins Gesicht des Sohns. Dass man als Anwohner einer Umzugsstrecke an närrischen Tagen das eine oder andere aushalten muss, würde auch Beate Egenberger unterschreiben. Was die Familie vom Umzugssamstag in Neuravensburg in diesem Jahr berichtet, geht ihr aber einfach zu weit.
Familie Egenberger wohnt in Neuravensburg am Ende der Umzugsstrecke, das Haus etwas von der Straße zurückversetzt, die Einfahrt führt hinters Haus in den Garten. Dass Umzugsbesucher den vom Straßengeschehen nicht gut einsehbaren Bereich des Egenbergerschen Gartens – ebenso wie das benachbarten Grundstück um das Gebäude eines Verwandten – für geeignet halten, dort ihre Notdurft zu verrichten, erlebe die Familie schon seit Jahren, schildert Beate Egenberger.
„Wir stehen immer Schmiere und bewachen unsere Gärten“, berichtet Egenberger. Dieses Jahr allerdings, so ihr Eindruck, sei es
besonders schlimm gewesen. Rund 30 Menschen, so schätzt die Familie, hätten sie heuer vom Gelände bitten müssen. „Dass die uns in den Garten pinkeln und kacken, das muss nicht sein.“
Einer der Angesprochenen, so schildert es die Familie, reagiert aggressiv: Als Julian Egenberger einen betrunkenen Wildpinkler aus dem Garten verweisen will, bekommt der 17-Jährige als Antwort
einen Faustschlag ins Gesicht. Der Mann verschwindet unerkannt. Die Familie hat die Körperverletzung bei der Polizei angezeigt.
Dass ihr Sohn verletzt wurde, könne sie nicht einfach hinnehmen, sagt Egenberger. Da es ihm nach dem Schlag ins Gesicht später nicht gut ging, brachte sie ihren Sohn auf Anraten eines Rettungsdienstlers in die Notaufnahme
des Wangener Krankenhauses. Er wird mit Verdacht auf eine Gehirnerschütterung krank geschrieben – auch Tage später noch ist ihm schwindelig.
„Ich finde den Narrensprung toll, höre auch die Musik gerne und bin bestimmt nicht gegen Brauchtum, aber jetzt artet es aus – und bei Körperverletzung hört es einfach auf“, sagt Beate Egenberger. Sie hat sich noch am Umzugssamstag an die Narrenzunft Neuravensburg als Veranstalterin des Umzugs gewandt und fordert, dass die Zunft bei künftigen Umzügen die Einfahrten zu ihrem Privatgelände mit Bauzäunen absperrt.
„Mir und der Narrenzunft tut das leid, was da passiert ist – dass der Sohn verletzt wurde, ist für uns nicht nachvollziehbares Verhalten“, sagt Zunftmeisterin Melina Maucher auf Nachfrage. Sie sei bereits von Egenberger über den Vorfall informiert worden.
Dass Umzugsbesucher Hof und Garten der Familie zur Verrichtung ihrer Notdurft nutzen, ist für Maucher „ein Unding“, und auch deshalb nicht nachvollziehbar, weil die Zunft ihr Möglichstes täte, damit so etwas nicht geschehe. „Wir lassen mehr als 40 WCS im Ort verteilt aufstellen“, sagt Maucher. Gegenüber Egenbergers habe ein WC gestanden, und auch die öffentlichen Toiletten bei der Feuerwehr seien nicht weit.
Dass die Zunft selbst auf Egenbergers Grund einen Zaun aufstellt, um das Grundstück zu schützen, dem erteilt Maucher eine Absage. Die Zunft halte sich an die verkehrsrechtliche Anordnung, die ihr von der Stadt, die den Umzug genehmigt, auferlegt werde. „Mehr dürfen wir nicht tun. Ich darf keinen Zaun auf Privatgrund aufstellen.“Selbstverständlich stehe es aber den Besitzern frei, ihre Grundstücke selbst abzusperren.
Beschwerden von anderen Anwohnern seien ihr, so Maucher, bislang nicht bekannt. Auf Egenbergers will die Zunftmeisterin noch zugehen. „Ich werde das Gespräch mit der Familie suchen“, verspricht sie.
Beate Egenberger berichtet, dass die Zunft sich mittlerweile per Email zurückgemeldet habe. Sie sei enttäuscht, sagt sie, dass die Zunft nicht auf ihren Zaunwunsch eingehe.