Ein neuer Großparkplatz – aber kein Debattenende
Was passiert südlich der Erba später? Zumindest in ein paar Punkten ist sich Wangens Rat doch einig
- Ursprünglich sollte es am südlichen Ende des Erbaareals einen Großparkplatz nur während der Zeit der Landesgartenschau geben. Dann vollzog die Stadt Wangen eine Kehrtwende und will seither die frühere Wiese auch danach nutzbar lassen – längst nicht allein für abgestellte Autos. Seit rund zwei Jahren schwelt im Gemeinderat deshalb eine Diskussion über die Fläche. Beendet ist sie aber noch längst nicht, denn jüngst prallten die Ansichten erneut aufeinander.
Weshalb sagt die Stadt, dass die Fläche dauerhaft gebraucht wird?
Da ist zunächst in der Tat die Parksituation. Denn zum einen braucht der benachbarte Reitund Fahrverein bei seinem neuen Quartier Stellflächen – bei Turnieren auch für größere Fahrzeuge. Dann ist der Stadt an möglichst nahen Parkmöglichkeiten zur Argenwiese gelegen. Sie ist das „grüne Herz“der Landesgartenschau, wird danach als großflächige Parkanlage bestehen bleiben und soll deshalb gut erreichbar sein.
Als Drittes macht die Verwaltung geltend, dass es im – ursprünglich weitgehend autofrei geplanten – Erbaquartier zu wenige Stellflächen gibt, vor allem da sich dort inzwischen auch Unternehmen, Praxen, Gastronomiebetriebe und andere Institutionen angesiedelt haben, die Autoverkehr anziehen. Trotz des (privat betriebenen) Parkhauses gibt es dort lediglich 50 öffentliche und dazu noch knapp 130 halböffentliche und damit nur zeitweise von der Allgemeinheit nutzbare Parkplätze, zum Beispiel auf dem Avl-gelände. Dem stehen 125 neue Wohneinheiten und 500 Arbeitsplätze gegenüber. Der Erhalt von Stellflächen südlich der Erba soll also prognostizierten Stellflächenmangel mit eindämmen.
Wie soll der Großparkplatz nach der Gartenschau außerdem genutzt werden?
Der Stadt geht es nicht allein um Autos, sondern auch um diverse andere Verwendungsmöglichkeiten. So könnte dort die Grünmüllsammelstelle angesiedelt werden, weil die Tage des Wertstoffhofstandorts am Südring auf
Sicht wohl gezählt sind. Laut OB Michael Lang wird der Platz dort voraussichtlich für weitere Übergangswohnheime benötigt.
Ferner sind auf der Fläche südlich der Erba Feste und Veranstaltungen denkbar, zum Beispiel bei Gastspielen von Zirkusbetrieben. Auch Landfahrer könnten dort unterkommen. Sie hatten seit dem Wegfall der dafür bestimmten Fläche am Südring in Wangen keine Anlaufstelle und tauchten in der jüngeren Vergangenheit immer mal wieder an verschiedenen Stellen im Stadtgebiet auf – nicht immer zur ungeteilten Freude der betroffenen Bevölkerung. Und nicht zuletzt sind Lagerflächen für etwaige winterliche Schneemassen in der Stadt Mangelware.
Wie sieht das Meinungsbild im Gemeinderat aus?
Zunächst: Nachdem ursprünglich, vor allem von der GOL, überhaupt der Sinn des Parkplatzerhalts angezweifelt worden war, ist sich das Stadtparlament inzwischen einig, dass zumindest Teile der Fläche später weiter benötigt werden. Uneinig sind sich die Rä
te aber über die Dimension. Deshalb hatte die Stadtverwaltung zur jüngsten Sitzung drei Vorschläge zur Auswahl gemacht: Der erste sieht eine Dimension in der Größenordnung von rund 500 Parkplätzen vor – also ähnlich viele wie zur Landesgartenschau. Beim zweiten sind es 300, und das ist die von der Stadt favorisierte Variante. Bei der dritten bleiben nach der Landesgartenschau nur noch rund 100 Stellplätze übrig.
In der Debatte machte sich die CDU für die größte Lösung stark. Dagegen stand die GOL, die für das Minimum plädierte. Auf die Seite der CDU stellten sich die Freien Wähler. Für Reinhold Meindl ist die mittlere Variante das „Minimum“, weil es im Erbaquartier eh an Parkplätzen fehle. Die SPD zeigte sich hingegen von den städtischen Plänen nicht begeistert. 500 Stellplätze würden schon mal gar nicht benötigt, so Fraktionschef Alwin Burth. Und: „Man muss sich fragen, wie das gestalterisch aussieht, wenn man von Süden her kommt.“Die FDP zweifelte den Bedarf der Fläche abseits des Parkens an, 100 Stellplätze seien daher ausreichend,
so Sprecher Klaus Schliz.
Wie prallten die Ansichten von CDU und GOL aufeinander?
Die Haltung beider Fraktionen stand im Mittelpunkt der mit rund zwei Stunden mehr als ausführlichen Ratsdebatte zum Thema. „Die Parkplätze sind sehr, sehr wichtig“, erklärte Paul Müller (CDU). Man brauche sie für Anwohner und Besucher und die Fläche selbst angesichts rarer Alternativen auch als generelle perspektivische Entwicklungsmöglichkeit für die nächsten zehn bis 20 Jahre. Deshalb sollte in der Maximalvariante zumindest weiter geplant werden – ohne sich schon jetzt auf konkrete Nutzungen festzulegen.
Äußerungen, die für Gol-frakionsvorsitzende Doris Zodel zumindest in Teilen offenbar wie ein rotes Tuch wirkten: „Ich bin ganz kurz fassungslos“, erklärte sie und entgegnete der CDU: „Viele Alternativen bringt Ihr nicht als sich mit dem Auto zu bewegen.“Ergo plädierte sie für die kleinste Variante. Sie reiche für die Anwohner und auch für andere Verwendungsmöglichkeiten des Geländes. Dass – nur rund drei Monate vor Beginn der Landesgartenschau – überhaupt noch diskutiert werden müsse, schrieb Zodel – wie die SPD – hingegen der Stadt zu. Beiden Fraktionen fehlt seit Langem ein Verkehrskonzept für die Großveranstaltung und hatten in der Vergangenheit immer wieder darauf hingewiesen.
Wie entwickelte sich die Diskussion weiter?
Nachdem die CDU ihren Fokus weg von Parkplätzen und hin zu den anderen Nutzungsmöglichkeiten gelegt hatte (Paul Müller: „Die Fläche muss nicht mit Autos belegt werden.“), legte sich der emotionale Zungenschlag – an den konträren Haltungen änderte das aber nichts. So erklärte Tilman Schauwecker (GOL): „Wenn wir die Fläche haben, ist die Versuchung groß, weiterzumachen.“Charly Laible (CDU) plädierte zunächst für eine Vertagung des Themas: „Wir müssen uns erst einmal über die Grundsätze einigen.“
Dass es doch zu einem Votum kam, lag an OB Michael Lang: „Wir brauchen die Entscheidung jetzt.“Hintergrund: Obwohl die (Vor-)arbeiten für den Parkplatzbau zumindest für die Landesgartenschau längst laufen, gibt es dafür noch kein Planungsrecht – und genau darum ging es formell gesehen in der Sitzung. Inhaltlich warb er für Parkplätze nach der Gartenschau mit Hinweis auf die Erreichbarkeit des Parks auf der Argenwiese und der Chance, die Fläche als „Zukunftsgelände“abzusichern.
Um eine – auch als Signal an übergeordnete Genehmigungsbehörden zu verstehende – möglichst breite Mehrheit zu erreichen, brachte er einen Kompromiss ins Spiel: Es wird mit dem Ziel, einen Platz in einer Größenordnung von 300 Parkplätzen zu bekommen, weiter geplant. Ob es dabei bleibt, soll der Gemeinderat erst im nächsten Jahr beschließen – und dann mit den Erfahrungen der Landesgartenschau.
Mit diesem Vorschlag zog der OB den Gemeinderat auf seine Seite: Bei einer Enthaltung wurde er einstimmig angenommen. Wahrscheinlich ist somit auch: Im kommenden Jahr wird über die Fläche südlich der Erba kräftig weiter diskutiert.