Kritischer Blick aufs Zeitgeschehen
Kißlegger Haushalt 2024/25 ist beschlossen – Gol-sprecher beleuchtet Demokratiekrise
- Normalerweise drehen sich die Reden der Fraktionssprecher zum Haushaltsplan einer Gemeinde um die Inhalte des Zahlenwerks. Aber es sind keine normalen Zeiten. Das wurde auch in der jüngsten Ratssitzung in Kißlegg deutlich. Dort holte Golfraktionsprecher Andreas Kolb nämlich weit aus: Demokratiekrise, Afd-sprech bei Bauernprotesten und Grünen-bashing waren Themen, die ihn beschäftigten. Vielleicht, so Kolb, „müssen wir uns daran gewöhnen, dass Krise der Normalfall wird“.
Mit einem Investitionsvolumen von rund 20 Millionen Euro kommt der Doppelhaushalt der Gemeinde Kißlegg für die Jahren 2024 und 2025 daher. Am Mittwochabend hat ihn der Rat beschlossen – und damit das „Aufgabenbuch“für die kommenden beiden Jahr zwischen Breitbandausbau, Löwensanierung und Sporthallenertüchtigung gesetzt. Aus den Reihen der Räte war unisono Lob und Dank für die Arbeit der Kämmerei zu vernehmen. Wenn es wohl auch berechtigte Zweifel an der Umsetzbarkeit des Mammutprogramms gibt. Denn welche kleinen Krisen (Stichwort: Personalengpass im Planungsbüro) und welche großen die Zukunft bringt, weiß wohl keiner vorherzusagen.
Bereits bekannte Krisen nahm indes Gol-fraktionssprecher Kolb einleitend in seiner Haushaltsrede in den Blick. Diese Themen, so gestand er, beschäftigten ihn dieser Tage mehr als der Doppelhaushalt. Dabei nannte er etwa die Finanzkrise, Pandemiejahre und aktuell zwei Kriege, die das Potenzial hätten, die Welt ins wirtschaftliche Chaos zu stürzen. Der zum Normalfall werdende Krisenfall mache „vielen Menschen Angst und nicht wenige wenden sich von den demokratischen Institutionen ab“.
Themen wie der Klimawandel gerieten ob all der anderen belastenden Themen in den Hintergrund. In diesem Zusammenhang ging Kolb auf einen Flyer ein, der bei einer Demonstration der Bauern
in der Region verteilt worden sei, auf dem von Klimahysterie die Rede gewesen sei. „Man kann diskutieren, ob man den Zustand als Klimanotstand oder -katastrophe bezeichnen kann, aber sicher nicht als Klimahysterie.“Der Flyer habe zudem weitere Aspekte erwähnt, die er eindeutig der AFD zuordnet. Deshalb richtete Kolb
einen Appell an die Demonstrierenden, sich „nicht zu Helfern der AFD“zu machen.
Dass die Grünen dieser Tage vor allem in den Sozialen Medien herabsetzend kritisiert würden, machte Kolb, der für die Grünen im Kreistag sitzt, ebenfalls zum Thema. „Aus meiner Sicht entlarvt das Bashing der Grünen die
Haltung vieler, sich bei unvermeidbaren Veränderungserfordernissen wie der Klima- und Energiepolitik, einfach wegzudrücken.“Die Grünen hätten Themen in den Fokus gerückt, die in den politischen Ären zuvor blockiert wurden.
Mit seinen Worten schien Kolb einen Nerv zu treffen. Schon nach wenigen Sätzen hätte man im Saal eine Stecknadel fallen hören können. Dass er zum Ende seiner Rede noch bekannt gab, sich nicht erneut als Gemeinderat zur Wahl zu stellen, sorgte unter den Räten für raunendes Gemurmel. Im Gespräch mit der „Schwäbischen
Zeitung“nannte Kolb als Grund, dass er nicht mehr die Zeit für zwei politische Mandate aufbringen könne und er erneut für den Kreistag kandidieren wolle.
Vom Rückzug aus dem Gemeinderat zeigte sich Bürgermeister Dieter Krattenmacher unangenehm überrascht. In der Tat werden dem Vernehmen nach viele Räte aus persönlichen und Altersgründen nicht mehr kandidieren. Mit dem nun beschlossenen Haushalt für die kommenden beiden Jahre sind die Leitplanken für das zukünftige Gremium indes bereits ein gutes Stück weit gesetzt.