Schwäbische Zeitung (Wangen)

Könnte Messtechni­k vor Flutwellen warnen?

Um Unglücke zu vermeiden, könnten in der Starzlachk­lamm Sensoren installier­t werden, die vor einem plötzlich steigenden Pegel warnen

- Von Andreas Berger ●

- Flutwellen, schnell steigender Wasserpege­l: Um diese Gefahren für Canyoning-teilnehmer in der Starzlachk­lamm zu reduzieren, könnte Technik helfen. Dieser Ansicht ist der ehemalige Skihochtou­renführer Lothar Radermache­r aus Sonthofen im Oberallgäu, der sich gut in der Klamm auskennt. Sie liegt gleich neben Sonthofen. Dort war im September 2022 eine Frau gestorben. Sie hatte an einer geführten Canyoningt­our teilgenomm­en, bei der sich Menschen durch die Klamm bewegen – etwa kletternd, springend, rutschend, schwimmend. Eine Flutwelle soll einen Teil der Gruppe plötzlich erfasst haben. Die Frau wurde am nächsten Tag tot aufgefunde­n.

Die Voraussetz­ungen seien gut, in der Starzlachk­lamm Messtechni­k einzuricht­en, sagt Radermache­r. Zum Beispiel an der

Ofenwaldsp­erre. Das 22 Meter hohe und knapp 60 Meter breite Bauwerk steht an der südlichen Seite des Grünten. Es wurde Anfang der 1960er-jahre gebaut, um den Ort Winkel und auch Sonthofen

vor Hochwasser der Starzlach zu schützen. Laut Wasserwirt­schaftsamt Kempten (WWA) hatte es dort nämlich in den 1950er-jahren vermehrt Hochwasser gegeben. Nördlich der

Sperrmauer, also entgegen der Fließricht­ung der Starzlach, gebe es weitere Möglichkei­ten, Messtechni­k einzuricht­en, sagt Radermache­r. Dort gebe es eine Art Becken, in denen sich bereits Wasser sammele, wenn die Starzlach steige. Sensoren könnten Canyoningf­ührern etwa aufs Handy melden, wenn der Pegel plötzlich steige.

An der Sperrmauer selbst gibt es bereits Messtechni­k, sagt David Kempter, stellvertr­etender Leiter des WWA. Sie zeigt an, wie hoch das Wasser an dem Bauwerk steht. Allerdings werden die Daten nur alle 15 Minuten aktualisie­rt. Da das Wasser sehr schnell steigen kann, etwa durch eine Gewitterze­lle, könne dieser Rhythmus als Warnung für Canyoningf­ührer eventuell nicht ausreichen. Dem WWA genügen diese Angaben aber: Für den Hochwasser­schutz seien sie ausreichen­d. Wenn Veranstalt­er von Canyoningt­ouren

selbst weitere Technik anbringen wollten, wäre das zumindest aus Sicht der Behörde kein Problem. In dieser Sache führe der Verband Allgäuer Outdoorunt­ernehmen (VAO) mit dem WWA auch bereits Gespräche, wie uns ein Sprecher mitteilte. Zu diesem Verband gehören auch Veranstalt­er, die in der Klamm Canyoningt­ouren anbieten.

Wenn es eine Sperrmauer gibt, die Wasser der Starzlach bis zu einer gewissen Menge zurückhalt­en kann, wie können da Flutwellen in der Klamm entstehen? Durch die Öffnung am Fuß der Mauer, sagt David Kempter. Sie kann nicht verschloss­en werden: Das Wasser müsse immer f ließen, damit das Bauwerk nicht so schnell überlaufen kann. Wenn dort nun plötzlich mehr Wasser durchdrück­e, könne schon eine Flutwelle entstehen. Die Mauer sei auch nicht dafür gebaut worden, dass Besucher trockenen Fußes

durch die Klamm gehen können, sondern um die Orte vor Hochwasser zu schützen.

Derzeit werde das Bauwerk vom WWA überprüft. Das müsse regelmäßig gemacht werden, sagt Kempter. Unter anderem auf seine Standfesti­gkeit. Aber auch darauf, ob es noch für die Wassermass­en reicht, die durch Starkregen entstehen können. Wegen des Klimawande­ls nehmen solche Wettererei­gnisse zu. Ein Ergebnis dieser Untersuchu­ng könnte deshalb eventuell sein, dass die Sperrmauer vergrößert werden muss. Unterdesse­n läuft die rechtliche Klärung des tödlichen Unglücks in der Starzlachk­lamm weiter. Gegen zwei Guides wird wegen des Verdachts der fahrlässig­en Körperverl­etzung ermittelt, gegen zwei weitere wegen des Verdachts der fahrlässig­en Tötung. Ob gegen sie Anklage erhoben wird, soll in diesen Tagen entschiede­n werden.

 ?? FOTO: DAVOR KNAPPMEYER/DPA ?? Eine 27-jährige Frau ist im September 2022 bei einer Canyoning-tour in der Starzlachk­lamm tödlich verunglück­t. Wie die Polizei mitteilte, war die junge Frau mit anderen Canyoning-sportlern in der Schlucht nach einem Gewitter vom schnell ansteigend­en Wasser mitgerisse­n worden.
FOTO: DAVOR KNAPPMEYER/DPA Eine 27-jährige Frau ist im September 2022 bei einer Canyoning-tour in der Starzlachk­lamm tödlich verunglück­t. Wie die Polizei mitteilte, war die junge Frau mit anderen Canyoning-sportlern in der Schlucht nach einem Gewitter vom schnell ansteigend­en Wasser mitgerisse­n worden.

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