„Das Lieferkettengesetz ist ein Monstrum“
Europa-park-chef Roland Mack beklagt politische Vorgaben – Neue Achterbahn geht im Frühjahr an den Start
- Er ist der meistbesuchte Freizeitpark in Deutschland, aber auch ein gigantisches Wirtschaftsunternehmen: Der Europa-park in Rust (Ortenaukreis) beschäftigt rund 4500 Saison-mitarbeiter, macht jährlich mehr als 300 Millionen Euro Umsatz und investiert allein in diesem Jahr zweistellige Millionenbeträge in neue Projekte. Der geschäftsführende Gesellschafter Roland Mack (74) spricht im Interview mit der „Schwäbischen Zeitung“über weitere Rekorde – aber auch über Sorgen als Unternehmer.
Herr Mack, der Europa-park hat im vorigen Jahr einen neuen Rekord vermeldet. Damals kamen mehr als sechs Millionen Besucher nach Rust. Ihre Prognose: Können Sie zum Ende des laufenden Geschäftsjahres am 31. März wieder einen Rekord vermelden?
Wenn die Vorzeichen so bleiben, ja. Es geht in die Richtung, dass es ein super Jahr wird. Dazu muss man sagen: Wenn es uns gut geht, geht es vielen gut.
Wie meinen Sie das?
Es wurde gerade eine Studie von der Hochschule St. Gallen erstellt, wie die Region Ortenau-emmendingen inklusive Rust-ringsheim durch den Europa-park profitiert. Das hat noch niemand geschrieben. Unsere Besucher geben allein in Rust 88 Millionen Euro pro Jahr aus. Ein Besuch im Europapark führte zu drei Millionen Übernachtungen. Insgesamt fließen 276 Millionen Euro jährlich in die Region.
Ein Teil des Geldes fließt auch in die Europa-park-gastronomie. Wie stark trifft die Erhöhung der Mehrwertsteuer auf 19 Prozent die Restaurants?
Es ist eine ganz, ganz bitter Pille. Wir müssen zehn bis zwölf Prozent der Mehrwertsteuer auf die Speisen umlegen. Das machen 90 Prozent aller Gastronome. Wir können im Gesamtunternehmen zeitweise verkraften, dass unsere Hotelgastronomie auch im Vollbetrieb keine sonderlichen Renditen einfährt. Aber die Mehrwertsteuererhöhung werden viele Betriebe nicht überstehen. Ob diese Entscheidung der Politik wirklich gut war, stelle ich absolut in Frage. Wenn es keine Gaststätten gibt, finden weniger soziale Kontakte statt. Das Vereinsleben wird weniger. Da hat sich die Politik keinen Gefallen getan.
Viele Unternehmer beklagen das neue Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, das die unternehmerische Verantwortung für die Einhaltung von Menschenrechten in globalen Lieferketten regelt. Sie auch?
Ja. Das Lieferkettengesetz ist ein Monstrum. Das Thema bereitet uns extreme Sorgen. Wir beziehen im Souvenirbereich beispielsweise viele Waren aus Asien. Es verursacht enorme Kosten, die Herstellung aller Waren zu überprüfen. Ganz zu schweigen von der Arbeit.
Der Europa-park will sich in Zukunft komplett autark mit Energie versorgen. Was planen Sie genau?
Wir hatten allein im Jahr 2023 rund zehn Millionen Euro mehr Energiekosten gegenüber 2022. Deshalb wollen wir uns unabhängiger von fossilen Energien machen. In Kippenheim bei Lahr entsteht eine 20 Hektar große Photovoltaikanlage als Überdachung eines Parkplatzes des Automobil-logistikers Mosolf. Die größte überdachte Parkplatzfläche in Europa. Sie produziert rund 25 Gigawattstunden Strom aus erneuerbaren Energien. Das Invest liegt bei rund 30 Millionen Euro. Das ist nachhaltig, innova
tiv und passt zu unserem Unternehmen. Das Thema Nachhaltigkeit ist unseren Besuchern auch sehr wichtig.
Der Bau einer solchen Xxl-anlage ist mit viel Bürokratie verbunden. Hatten Sie Schwierigkeiten, die Genehmigungen zu bekommen.
Nein. Der Landrat hat uns sehr geholfen. In den nächsten Wochen geht’s mit dem Bau los. Wir sind jeden Tag mit dem Landratsamt im Kontakt. Da haben sich viele Prozesse eingespielt. Wir bekommen eine Baugenehmigung heutzutage auf einem winzigen Stick. Wenn man die Daten herunterlädt, kommen wir dennoch auf mehrere Hundert Seiten.
2024 soll die Achterbahn „Voltron Nevera“in Betrieb genommen werden. Was ist neu an der Achterbahn?
Es handelt sich um eine der spektakulärsten Achterbahnen weltweit mit mehreren Rekorden und zahlreichen neuen Fahrelementen. Die Bahn wurde so noch nie gebaut. Wir haben alles reingepackt, was in der Branche im Einsatz ist. Die Passagiere erleben auf der 1400 Meter langen Strecke den mit 105 Grad steilsten Launch der Welt. „Voltron Nevera“
wird in den neuen Themenbereich Kroatien integriert. Wir gehen im Frühjahr an den Start. Einzelsegmente wurden bereits mit Gewichten getestet. Jetzt kommen die Fahrzeuge drauf. Außer Disney hat kein Freizeitpark so eine Anlage so aufwendig integriert. Aber es ist nicht unser einziges Projekt.
Was planen Sie noch?
Wir arbeiten an mehr als 40 Bauprojekten. Wir investieren hohe zweistellige Millionensummen allein im Bausektor. Mehr als 700 Handwerker arbeiten bei uns auf
den Baustellen. Es entstehen 120 neue Arbeitsplätze. Während es der Bauindustrie bundesweit nicht so gut geht, setzen wir ein Zeichen mit hohen Investitionen.
Seit der Gründung des Europaparks 1975 haben Sie kumuliert über eine Milliarde Euro am Standort investiert. Gab es Investitionen, von denen Sie aus heutiger Sicht sagen: Das hätten wir besser nicht gemacht?
Sicher. Ich zitiere gerne meinen Vater: „Wir haben weniger falsch gemacht als richtig.“Mein Vater hatte mal innerhalb weniger Minuten entschieden, eine halbe Bobbahn auseinanderzubauen und zu verschrotten. Da hat er fast eine Million D-mark vernichtet. Natürlich geht das auf einen Fehler zurück. Andererseits steht bei uns seit Menschengedenken Qualität an erster Stelle. Wir haben den Fehler behoben, die Bahn zum Laufen gebracht und später noch zehn Stück verkauft. Der Verlust waren im weitesten Sinne Entwicklungskosten.
Das Ursprungsgeschäft der Familie existiert noch immer: der Bau von Fahrgeschäften, heute unter dem Namen Mack Rides. Machen Sie sich nicht selbst Konkurrenz, wenn Sie andere
Freizeitparks mit neuen Attraktionen ausstatten?
Nein. Es gibt bei benachbarten Parks wie Holiday Park oder Tripsdrill kleinere Überschneidungen bei den Besuchern. Wenn die eine Anlage bestellen, die wir nicht haben, wäre das Wettbewerb. Aber wir sind weltweit tätig. Die Kombination aus Betreiber und Hersteller ist einzigartig. Wir leben stark davon, Prototypen zu bauen und zu testen.
Sie haben vor zwei Jahren die Namensrechte am Fußball-stadion des SC Freiburg erworben. Können Sie mit Zahlen untermauern, ob der Bekanntheitsgrad des Europa-parks durch die Kooperation gestiegen ist?
Das ist in Zahlen schwer zu sagen. Der Europa-park liegt bundesweit bei 75 Prozent gestützter Bekanntheit. Das ist um einiges höher, als vor einigen Jahren. Da zahlt die Kooperation mit dem Sportclub natürlich ein. In allen Sportsendungen wird das Europapark Stadion genannt. Entscheidend ist: Es ist eine gelebte Kooperation. Der Verein hält seine Jahreshauptversammlung bei uns ab. Die Spieler feiern ihre Weihnachtsfeier bei uns. Die Fans bekommen Vergünstigungen an einem Fan-tag. Das passt.