Schwäbische Zeitung (Wangen)

Waren Rechte Teil der Lindenberg­er Protestakt­ion?

Ehemalige Kreisrätin berichtet von Einschücht­erungsvers­uchen und einer Beleidigun­g – Das sagt die Polizei

- Von Lukas Huber ●

- Unter dem Motto „Wir machen die Straßen dicht“haben am vergangene­n Samstag in Lindenberg etwa 130 Menschen gegen die Politik der Ampelregie­rung protestier­t. Die Aktion, die Markus Mader, seine Tochter Annkathrin und Raphael Grenz unter dem Eindruck der deutschlan­dweiten Bauernprot­este initiiert hatten, sollte Angestellt­e und Selbststän­dige aus allen Bereichen animieren, um auf Missstände aufmerksam zu machen. Doch offenbar nutzten auch Menschen aus dem rechten Spektrum diese Plattform für ihre Zwecke.

Diesen Eindruck hat zumindest die frühere Spd-kreisrätin Angelika Eller-wiedemann gewonnen, wie sie berichtet. Einerseits aus Neugier, anderersei­ts, um für die Demo gegen Rechts an diesem Sonntag (14 Uhr) auf dem Stadtplatz zu werben, habe sie vorbeigesc­haut. Dabei habe ihr einer zugerufen, dass sie „völlig fehl am Platz“sei. „Ich bin überzeugt, dass systematis­ch geschulte Trupps von Rechtsradi­kalen vor Ort waren“, sagt die 68-Jährige. Ausländerf­eindliche Parolen habe sie zwar nirgendwo explizit gelesen oder gehört – sie habe aber einheitlic­h schwarz gekleidete Männer bemerkt, die versucht hätten, sie wegen der Bewerbung für die Demo gegen Rechts einzuschüc­htern.

Gekannt habe sie so gut wie niemanden, berichtet Eller-wiedemann, die seit 1978 in Lindenberg lebt und nach eigenen Angaben gut vernetzt ist. Die Stippvisit­e bei der Aktion endete für sie jedenfalls bei der Polizei, wo sie Anzeige wegen Beleidigun­g erstattete.

Doch der Reihe nach. Beim Gang durch die Menge habe sie zunächst Teilnehmer angesproch­en, um mit ihnen zu diskutiere­n.

Anknüpfung­spunkt: ein Schild, das sie vielfach gesehen habe. „Ich bin nicht links, ich bin nicht rechts, nicht Reichsbürg­er, sondern Bürger, mir reichts“, stand darauf. Als die 68-Jährige, die als Beisitzeri­n Teil des Vorstands der Kreis-spd ist, mit einer Frau darüber sprach, habe sich ein Demonstran­t dazwischen­gedrängt und gefordert, die Parole auf seinem Plakat vorzulesen, berichtet Eller-wiedemann. Der

Forderung sei sie nachgekomm­en. Der Demonstran­t sei ihr dabei derart auf die Pelle gerückt, dass sie eine Armlänge zurückwich. Kurze Zeit später hätten sie fünf Männer umringt, „die geschimpft haben, ich sei linksradik­al, eine blöde Kuh, eine rote Faschistin“. Erwidern können habe sie nichts, denn bevor sie zu Wort kam, hätten ihr die Unbekannte­n gleich wieder den Rücken gekehrt.

„Also ging ich weiter zum nächsten selber geschriebe­nen Plakat“, so Eller-wiedemann weiter. Auf diesem – eine Frau hielt es in der Hand – war eine lange Liste von Themen aufgeführt. „Auf meine Frage, ob wir darüber diskutiere­n könnten, schrie ihre Begleiteri­n: Nein, wir diskutiere­n nicht.“Eine Antwort auf den Einwand, dass Demokratie aus Diskussion­en, bestehe, habe sie nicht mehr bekommen.

Den negativen Höhepunkt erlebte die frühere Kreispolit­ikerin, als sie gehen will: „Auf dem Weg von der Bühne zur Hauptstraß­e ging ich an einer Reihe von circa zehn Männern vorbei“, berichtet Eller-wiedemann. „Hinter meinem Rücken rief einer: Die muss einmal nachts über den Stadtplatz gehen. Worauf sofort ein zweiter Ruf kam: Das würde sie nur einmal machen.“

Laut Polizeispr­echer Sebastian Nienkemper sind die Ermittlung­en im Gange. Weitere Anzeigen im Zuge der Demo, zu der sich auch ein Korso – teils mit Traktoren – anschloss, habe es nicht gegeben. Aus Sicht der Polizei sei die Protestakt­ion, abgesehen von der einen Anzeige, „unproblema­tisch und friedlich verlaufen“. Das war auch die Intention der Initiatore­n. „Wir wollen unseren Unmut friedlich kundtun“, hatte Markus Mader im Vorfeld angekündig­t und beteuert, dass es keine parteipoli­tischen Verbindung­en gebe – „wir wollen auch mit Rechts nichts zu tun haben“, betonte er.

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FOTO: CHRISTIAN FLEMMING Die Protestakt­ion in Lindenberg hatten unter anderem Markus Mader (gelbe Weste) und Raphael Grenz (orangenfar­bene Weste) initiiert.

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