Schwäbische Zeitung (Wangen)

Ehemals weltgrößte Müllkippe wird nun Park

Auf New Yorks Staten Island entsteht derzeit ein Biotop

- Von Christina Horsten

(dpa) - So richtig einladend ist der Park noch nicht. Hinweissch­ilder gibt es nur wenige. Der Weg mit öffentlich­en Verkehrsmi­tteln von Manhattan aus ist weit. Und mit dem Auto müssen sich Besucher mühsam zu einer Abbiegung zwischen Autobahn, Lagerhalle und Hotel im auf einer Insel vorgelager­ten Stadtteil Staten Island navigieren, bevor sie an eine große rostfarben­e Säule gelangen: Freshkills Park.

Auf dem vorgelager­ten Parkplatz stehen trotz Wochenende­s und des sonnigen Herbstwett­ers nur einige wenige Autos – aber das wird sich ändern, sagt Sue Donoghue, Chefin der New Yorker Grünf lächen-behörde. „Hier geht es um die Wiedergebu­rt eines Ortes, der in der Vergangenh­eit so negative Konnotatio­nen hatte und jetzt wird das genau das Gegenteil werden.“

Mehr als 50 Jahre lang war hier mitten in Staten Island die – nach Angaben von Donoghues Behörde – zeitweise größte Müllkippe der Welt. Ein Salzwasser­sumpf, in dem Kinder im Sommer schwimmen gingen, wurde 1948 zur Mülldeponi­e umgewandel­t. Bis 2001 landeten dort hauptsächl­ich per Schiff insgesamt rund 150 Millionen Tonnen Abfall, größtentei­ls aus den Haushalten der Millionenm­etropole New York. Der Müll türmte sich nach und nach zu Bergen auf, teils höher als die nicht weit entfernt von der Freiheitss­tatue.

Mit dem Müll kamen Gestank, Verkehr – und ein schlechter Ruf für Staten Island, das bis heute vielen als „fünfter und vergessene­r Stadtteil von New York“gilt. Die ganze Insel sei eine einzige Müllkippe, spotteten Bewohner anderer Stadtteile häufig. 2001 gelang die von Aktivisten jahrzehnte­lang geforderte Schließung der Deponie, schon damals mit der Hoffnung, das Gelände in einen öffentlich­en Park verwandeln zu können. Mehr als 20 Jahre später hat nun das erste Teilstück für Besucher aufgemacht. „Was einmal ein Schandf leck war, wird nun ein Weltklasse­park“, sagte Bürgermeis­ter Eric Adams vor Kurzem bei der feierliche­n Eröffnungs­zeremonie.

Das erste Teilstück, der North Mound, sieht auf den ersten Blick aus wie ein ganz normaler Park: Wiesen, Bäume, ein See, ein Ausguck für Vogelbeoba­chter, Bänke und etwa ein Kilometer Wege für Spaziergän­ger und Fahrradfah­rer. Laut der offizielle­n Informatio­nsbroschür­e gibt es hier unter anderem Rehe, Reiher, Schildkröt­en und Goldruten. Erst die Vorher-fotos, die die Parkbehörd­e an mehreren Schautafel­n angebracht hat, machen deutlich, wie viel sich hier verändert hat. Haufenweis­e Müll lag hier herum, darüber kreisten Möwen und andere Vögel auf der Suche nach Essbarem. Nach jahrzehnte­langer Arbeit von Spezialist­en, die die Müllberge speziell versiegeln und die Ansiedlung von Pf lanzen darauf teilweise überhaupt erst möglich machen mussten, lässt sich davon heute überhaupt nichts mehr erkennen. Es riecht noch nicht einmal mehr nach Abfall.

Der North Mound ist allerdings erst der Anfang, nur etwa ein Prozent der ganzen Fläche, die der Freshkills Park einmal einnehmen soll – fast dreimal so groß wie der Central Park soll er werden. Das ist noch viel Arbeit, erst bis 2036 soll der ganze Park geöffnet sein. Das erste geöffnete Teilstück hat viele Besucher aber schon überzeugt. „Das ist ein toller Park zum Fahrradfah­ren“, sagt ein Mann. „Nicht zu glauben, dass dies mal die größte Müllhalde der Welt war.“

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FOTO: CHRISTINA HORSTEN/DPA Besucherpl­attform im Freshkills Park auf Staten Island.

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