Schwäbische Zeitung (Wangen)

Auch im Haushalt 2025 tun sich Milliarden­lücken auf

Die Ampel-koalition hat hart um Einsparung­en im Etat für 2024 gerungen – Im nächsten Jahr wird es nicht einfacher werden

- Von Andreas Hoenig

(dpa) - In der Bundesregi­erung drohen wegen Milliarden­lücken harte Verhandlun­gen über den Bundeshaus­halt 2025. Das Finanzmini­sterium geht aktuell von einem „Handlungsb­edarf“im unteren zweistelli­gen Milliarden­bereich aus, wie eine Sprecherin in Berlin sagte. In der Ampel-koalition aus SPD, Grüne und FDP hatte es bereits ein langes Ringen um den Etat für dieses Jahr gegeben. Beim nächsten Haushalt sind wichtige Fragen offen. Hier ein Überblick zum Stand der Dinge.

Haushalt 2024 soll bald beschlosse­n werden

In der kommenden Woche soll zunächst der Haushalt 2024 im Bundestag verabschie­det werden. Nach einem Urteil des Bundesverf­assungsger­ichts mussten Milliarden­löcher im Kernhausha­lt sowie im Klima- und Transforma­tionsfonds gestopft werden. Heftig umstritten sind vor allem Kürzungspl­äne bei den Bauern. Steuerbegü­nstigungen für Agrardiese­l sollen schrittwei­se abgeschaff­t werden. Um für Mehreinnah­men zu sorgen, soll unter anderem auch die Ticketsteu­er erhöht werden — ab Mai könnte Fliegen teurer werden.

Milliarden­lücken im 2025

Etat

Bereits im Regierungs­entwurf der Finanzplan­ung bis 2027 war im Finanzmini­sterium im vergangene­n Sommer von einem „Handlungsb­edarf“im Jahr 2025 von rund fünf Milliarden Euro die Rede gewesen. Hinzu kämen nun weitere Belastunge­n, so die Sprecherin des Finanzmini­steriums am Freitag. Minister Christian Lindner (FDP) hatte bereits Mitte Januar erklärt, Ausgaben müssten stärker als bisher priorisier­t werden.

Die genaue Summe des Milliarden­lochs hängt laut Sprecherin

von verschiede­nen Sachen ab, wie der Entwicklun­g von Konjunktur und Zinsen. Sie verwies außerdem auf Auswirkung­en des Wachstumsc­hancengese­tzes. Dieses soll Milliarden-steuerentl­astungen für Unternehme­n bringen. Weil es aber Einnahmeau­sfälle auch für die Länder bringt, hatte der Bundesrat das Gesetz gestoppt und den Vermittlun­gsausschus­s von Bundestag und Bundesrat angerufen. Ein Kompromiss könnte darin bestehen, dass das Volumen der Steuerentl­astungen sinkt – das hätte dann Folgen auch für den Bundesetat.

Laut „Handelsbla­tt“ist eine weitere Lücke von rund sechs Milliarden Euro entstanden, weil die Koalition eine für 2025 eingeplant­e Rücklage bereits für den Etat 2024 genutzt hat. Zudem müsse die Bundesregi­erung nach dem Haushaltsu­rteil Zinsausgab­en für den mittlerwei­le geschlosse­nen Wirtschaft­sstabilisi­erungsfond­s finanziere­n sowie Fluthilfen für das Ahrtal. Außerdem hatte die Koalition wegen rechtliche­r Bedenken entschiede­n, auf einen Sparbeitra­g der Bundesagen­tur für Arbeit zu verzichten. Dazu kommt die Kindergrun­dsicherung, die ab

2025 eingeführt werden soll. Staatliche Hilfen für Familien sollen gebündelt, mehr Kinder aus der Armut geholt werden. Für das Startjahr sind bisher 2,4 Milliarden Euro veranschla­gt. Bei steigender Inanspruch­nahme der Leistungen könnten auch die Kosten deutlich steigen — zudem könnte es eine Debatte geben, ob die Sozialleis­tungen erhöht werden sollten.

Klimageld und Fonds

Als sozialer Ausgleich für höhere Co2-preise beim Tanken und Heizen mit fossilen Energien ist ein Klimageld ins Zentrum der Debatte

gerückt. Nach Aussagen Lindners ist ab 2025 technisch eine Pro-kopf-auszahlung möglich. Das aber würde Milliarden kosten. Die große Frage ist, ob sich die Koalition überhaupt auf die Einführung eines Klimagelde­s einigen kann und woher dann das Geld kommen soll.

Eine Möglichkei­t wäre der Klimaund Transforma­tionsfonds (KTF), der sich unter anderem aus Einnahmen aus der Co2-bepreisung speist. Über den Fonds finanziert werden Projekte für den Klimaschut­z wie der Heizungsta­usch, aber auch staatliche Förderunge­n

des Bundes für die Ansiedlung von Hightech-fabriken. Der Fonds ist aber nach dem Haushaltsu­rteil bereits auf Kante genäht. Die Ampel musste eine milliarden­schwere Rücklage anzapfen, die fast aufgebrauc­ht ist. Die FDP hat bereits eine Streichlis­te mit Ktf-projekten vorgelegt zur Finanzieru­ng eines Klimagelds – ob dazu in der Koalition ein Konsens erzielt werden kann, scheint aber völlig offen.

Bundeswehr

Verteidigu­ngsministe­r Boris Pistorius (SPD) sieht noch großen Investitio­nsbedarf bei der Bundeswehr und will einen höheren Wehretat. Die Frage, wie Deutschlan­d dauerhaft die Natozielvo­rgabe für Verteidigu­ngsausgabe­n von zwei Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s erreichen solle, müsse rasch geklärt werden – das Sonderverm­ögen über 100 Milliarden Euro ist ab 2027 aufgebrauc­ht. Pistorius sagte dem „Spiegel“, die Berechnung­en müssten sich auch in der mittelfris­tigen Finanzplan­ung niederschl­agen. „Das heißt, die Weichen für den Aufwuchs des Verteidigu­ngsetats müssen noch in diesem Jahr gestellt werden.“

Debatte über Reform der Schuldenbr­emse

Die im Grundgeset­z verankerte Schuldenbr­emse sieht nur eine eng begrenzte Nettokredi­taufnahme vor. Sie kann im Fall von Naturkatas­trophen oder anderen außergewöh­nlichen Notlagen ausgesetzt werden, wenn die staatliche Finanzlage erheblich beeinträch­tigt wird. SPD und Grüne wollen eine Reform der Schuldenbr­emse, damit der Staat mehr in Klimaschut­z und die Transforma­tion sowie in die Infrastruk­tur investiere­n kann — die FDP aber lehnt das ab. Angesichts der Löcher im Haushalt 2025 dürfte die Debatte aber wieder an Fahrt aufnehmen.

 ?? FOTO: THOMAS WIEGOLD/IMAGO ?? Auch der Etat für die Bundeswehr ist umstritten: Verteidigu­ngsministe­r Boris Pistorius (SPD) sieht noch großen Investitio­nsbedarf bei der Bundeswehr und fordert mehr Geld.
FOTO: THOMAS WIEGOLD/IMAGO Auch der Etat für die Bundeswehr ist umstritten: Verteidigu­ngsministe­r Boris Pistorius (SPD) sieht noch großen Investitio­nsbedarf bei der Bundeswehr und fordert mehr Geld.

Newspapers in German

Newspapers from Germany