Schwäbische Zeitung (Wangen)

Bauern wollen Zukunft, keine Biosphäre

150 Traktoren bei Bauerndemo von Wangen nach Kißlegg

- Von Ingrid Kraft-bounin

- Die Bauernprot­este gehen auch in der Region Wangen weiter. Am Freitag versammelt­en sich rund 150 Landwirte mit ihren Traktoren und vielfach mit ihrer Familie in Wangen am P 14. Der Deutsche Bauernverb­and hatte zu diesem Aktionstag aufgerufen.

In einem langen Korso fuhren die Landwirte über Herfatz, Leupolz, Vogt und Rötenbach hupend und blinkend bis zur Grastrockn­ungsanlage nach Kißlegg. Überall, wo sie vorbeikame­n, machten sie mit Plakaten und Transparen­ten auf ihre Forderunge­n aufmerksam. „Wir Bauernkind­er brauchen eine Zukunft“, stand da beispielsw­eise. Gleichzeit­ig grenzten sie sich mit ihrem Motto „Landwirtsc­haft ist bunt, nicht braun“von rechtsextr­emen Gruppierun­gen ab.

Zuvorderst bestehen die Bauern zwar auf einer vollständi­gen Rücknahme der Kürzungen beim Agrardiese­l. Sie machten aber deutlich, dass es um viel mehr geht. Sie wollen gehört werden, wollen, dass ihre Arbeit wertgeschä­tzt wird, und sie wünschen sich, dass sie nicht weiter gegängelt werden von Bürokratie und Politik.

Die Kundgebung nach dem Traktoren-konvoi wurde wegen des niederpras­selnden Regens kurzerhand in die Halle der Grastrockn­ungsanlage Kißlegg verlegt. Dort rief Franz Schönberge­r, Vorsitzend­er des Kreisbauer­nverbandes Allgäu-oberschwab­en, seinen Kollegen zu: „Wir brauchen keine Zwangsexte­nsivierung aus Stuttgart“, also keine von oben verordnete Verminderu­ng der landwirtsc­haftlichen Produktion. Auch in anderen Bereichen müsse mit zusätzlich­en Auf lagen Schluss sein, etwa beim Tierschutz, beim Wasserschu­tz oder dem Bodenschut­z. „Es reicht“, hieß es allenthalb­en.

Raimund Haser, Cdu-landtagsab­geordneter, empfahl den Landwirten in seinem Grußwort, erst dann mit den Ministerie­n zu verhandeln, „wenn alle Kürzungen vom Tisch sind“. Gerade für die kleineren Betriebe, wie es sie im Allgäu vielfach gebe, müsse man „um jeden Cent kämpfen“. Der Protest trage zum Erhalt dieser landwirtsc­haftlichen Kultur im Allgäu und in Oberschwab­en bei, „damit Eure Kinder später auch mal den Hof übernehmen und davon leben können“.

Auch Kißleggs Bürgermeis­ter Dieter Krattenmac­her (CDU) stellte sich hinter den Protest der Bauern. Er sprach ihnen seinen Dank dafür aus, dass sie mit ihrer Bewirtscha­ftung 365 Tage im Jahr für die „wunderbare“Kulturland­schaft im Allgäu sorgen und damit dafür, „dass Touristen zu uns kommen“. Er betonte: „Wenn man Klima-, Arten- oder Bodenschut­z

will, muss man diejenigen mitnehmen, denen die Flächen gehören und die tagtäglich darauf arbeiten.“Das müsse auf Augenhöhe geschehen und berücksich­tigen, dass Landwirte mit ihrer Arbeit auf ihren Flächen auch Geld verdienen müssten.

Und noch ein Thema war beim Bauernprot­est in Kißlegg in aller Munde: das von der Landesregi­erung vorgeschla­gene Biosphären­gebiet Allgäu-oberschwab­en. „Das hat bei uns keinen Platz“, urteilte etwa Franz Schönberge­r, der dadurch weitere Naturschut­zauf lagen befürchtet. Raimund Haser betonte, dass die einzelnen Gemeinden – beziehungs­weise Gemeinderä­te – darüber zu entscheide­n hätten, ob sie einem Biosphären­gebiet beitreten wollen oder nicht. „Wenn keine Gemeinde den Antrag stellt, dann kommt es auch nicht dazu.“

Dieter Krattenmac­her sprach sogar davon, „das Biosphären­gebiet zu schubladis­ieren“. Er stehe dem Vorhaben äußerst kritisch gegenüber. Und eines sei klar: Es brauche keine weitere Vorschrift­en, den Naturschut­z könne man auch mit vorhandene­n Regelungen fördern. Schließlic­h riet Kißleggs Bürgermeis­ter den protestier­enden Bauern noch zu einem langen Atem, denn „vermutlich wird es keinen schnellen Erfolg Ihrer Proteste geben“. Und „passen Sie auf, dass die guten Mächte bei Ihnen herrschen und nicht die rechten oder linken Seggl“.

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FOTOS: INGRID KRAFT-BOUNIN Auf dem Hof der Grastrockn­ungsanlage Kißlegg wird es angesichts der zahlreiche­n protestier­enden Bauern aus der Region schnell eng.
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Landtagsab­geordneter Raimund Haser (CDU), stellt sich auf die Seite der Bauern: „Ihr habt alles Recht für Eure Forderunge­n auf die Straße zu gehen.“

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