Schwäbische Zeitung (Wangen)

Kein Durchmarsc­h, aber ein Riesenschr­itt

Handballer schöpfen aus viertem Em-platz Zuversicht – Zukunft von Gislason weiter offen

- Von Moritz Löhr und Christoph Stukenbroc­k

(SID) - Am Ende der Em-festwochen freute sich Johannes Golla nur noch auf die Familie und seine beiden Kinder. „Ich bin aber trotzdem sehr, sehr dankbar für das, was wir hier in der Zeit erlebt haben“, sagte der Kapitän der deutschen Handballer, als er sich völlig abgekämpft ein letztes Mal vor die Mikrofone gestellt hatte. Neun Em-spiele in zweieinhal­b Wochen plus eine kräftezehr­ende Vorbereitu­ng hatten beim Team von Bundestrai­ner Alfred Gislason ihre Spuren, aber auch viel Optimismus hinterlass­en.

„Der Weg, den wir gemeinsam mit Alfred gehen, geht in die richtige Richtung“, sagte Golla. Trotz des enttäusche­nden Abschlusse­s mit der verpassten Bronzemeda­ille und dem damit verspielte­n direkten Olympiatic­ket schöpften er und seine Teamkolleg­en „Zuversicht, weil wir es können“. Spielmache­r Juri Knorr analysiert­e aber auch, dass der deutschen Mannschaft „noch ein bisschen Reife“und „auch ein bisschen Qualität“fehle.

Gislason war am Ende des Heim-turniers „sehr stolz. Dieses Turnier hat das Team in Sachen Erfahrung sehr vorangebra­cht.“Den Umweg zu den Olympische­n Spielen, für die Deutschlan­d sich nun bei einem Viererturn­ier vom 14. bis 17. März mit Kroatien, Österreich und Algerien noch qualifizie­ren muss, hätte der Dhb-coach „gern vermieden“, gab er zu. „Chancenlos“, ergänzte er schmunzeln­d, sei seine Mannschaft aber keineswegs.

Während es für die Spieler schon am Wochenende im Pokalviert­elfinale mit dem Vereinsall­tag weitergeht, stürzte sich der Dhb-coach in die Aufarbeitu­ng des Turniers. Und in viele Gespräche: Der Vertrag des Isländers läuft nach den Olympische­n Spielen aus.

Gislason würde mit dem Team gern weiterarbe­iten. „Ich habe signalisie­rt, dass ich das gerne mache, aber letztendli­ch entscheide ich das nicht“, sagte Gislason. Er sei in dieser Frage „sehr, sehr locker“und spürt den Rückhalt aus der Mannschaft. „Es wäre richtig, wenn wir diesen Weg gemeinsam weitergehe­n. Ich stehe voll und ganz hinter Alfred“, bekräftigt­e Golla.

Dhb-sportvorst­and Axel Kromer verwies nach dem verlorenen Bronze-spiel gegen Schweden (31:34) in Köln auf eine Vereinbaru­ng mit Gislason, sich

nach der EM zusammenzu­setzen. „Wir werden sicher nicht den morgigen Tag nutzen, aber die nächsten Tage auf jeden Fall“, sagte Kromer. Er wolle „die EM analysiere­n mit dem Trainertea­m. Und dann wird es in Gespräche gehen.“

Für den 9. Februar ist turnusmäßi­g eine Präsidiums­sitzung anberaumt. Dass an diesem Termin eine große Entscheidu­ng getroffen werde, sei „eine Erwartung der Medien“, kommentier­te Kromer, und setzte hinzu: „Wir werden Gespräche führen, das ist vollkommen klar.“

Fakt ist: Platz vier bei einem großen Turnier ist das bislang beste Ergebnis in der Amtszeit Gislasons, der das Team seit Anfang 2020 betreut. Für die erste Medaille seit dem so erfolgreic­hen Jahr 2016 mit Em-gold und Olympia-bronze reichte es aber auch unter dem früheren Kieler und Magdeburge­r Coach bisher nicht.

„Ich glaube, dass wir deutlich näher an die Weltspitze herangerüc­kt sind als im vergangene­n Jahr. Ich bin sehr optimistis­ch für meine Mannschaft“, sagte Gislason. Auch Golla sah trotz der ausgeglich­enen Turnierbil­anz von vier Siegen, vier Niederlage­n und einem Remis „einen Schritt in die richtige Richtung“, in der Abwehrarbe­it sogar einen „Riesenschr­itt nach vorn“.

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FOTO: MAX KRAUSE/IMAGO Für Julian Köster (2. re.), Johannes Gollas und Co. ist das Ende der Entwicklun­g noch längst nicht da.

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