Schwäbische Zeitung (Wangen)

Cup der Außenseite­r

Nur noch drei Erstligist­en sind im Viertelfin­ale des Dfb-pokals dabei

- Von Holger Schmidt

(dpa) - Kommt Drittligis­t Saarbrücke­n ins Finale nach Berlin? Spielt ein Zweitligis­t nächstes Jahr im Europacup? Oder holen Leverkusen oder Mönchengla­dbach den ersten Titel seit fast 30 Jahren? Das frühe Aus von Rekordsieg­er FC Bayern München, Titelverte­idiger RB Leipzig und den zuletzt häufig im Endspiel stehenden Borussia Dortmund und Eintracht Frankfurt hat den Dfb-pokal zum Cup der Außenseite­r gemacht. Und lässt bei den acht verblieben­en Clubs Träume blühen.

„Ich will keiner Mannschaft zu nahe treten, aber es sind schon große Namen raus. Es war selten so leicht, ins Finale zu kommen“, sagte Mittelfeld­spieler Marlon Ritter vom Zweitligis­ten 1. FC Kaiserslau­tern. Es geht um Historisch­es für kleinere oder zumindest zuletzt nicht durch Titel verwöhnte Clubs. Das Wirtschaft­liche, obwohl allein das Halbfinale rund 3,5 Millionen einbringen würde, wird laut Fortuna Düsseldorf­s Sportdirek­tor Christian Weber zum „schönen Nebeneffek­t“.

Keiner der Viertelfin­alisten hat in diesem Jahrtausen­d den Pokal geholt, nur zwei von ihnen standen in diesem Zeitraum überhaupt in einem Finale. Erst zum zweiten Mal seit der Gründung der Bundesliga vor 60 Jahren stehen nur drei Erstligist­en im Viertelfin­ale. Und es gibt nur eine mögliche Konstellat­ion auf ein reines Bundesliga-endspiel.

Fast schon symbolisch beginnt die Runde in dieser Woche mit zwei reinen Zweitliga-duellen. Am Dienstag (20.45/ZDF und Sky) empfängt Spitzenrei­ter FC St. Pauli Düsseldorf, am Mittwoch (20.45/Sky) kämpft Hertha BSC gegen den 1. FC Kaiserslau­tern um den jahrelang gehegten Traum vom ersten Endspiel im heimischen Olympiasta­dion.

Dies geschähe auch zu Ehren des kürzlich gestorbene­n Präsidente­n

Kay Bernstein. „Jeder weiß, dass der Verein einen Traum hat, dass die Fans einen Traum haben, dass Kay einen Traum hatte“, sagte Kapitän Toni Leistner. „Dafür müssen wir alles in die Waagschale werfen.“Seit 1985 wird das Endspiel immer in der Hauptstadt ausgetrage­n und wurde zum deutschen Wembley, seitdem hechelt die Hertha diesem Traum hinterher. Einmal war in diesem Zeitraum im Halbfinale Schluss, dreimal im Viertelfin­ale. Doch die Gegner waren im Gegensatz zu diesmal immer Erstligist­en.

Der größte Außenseite­r im Wettbewerb schreibt sogar sein eigenes Märchen neu. Vor vier Jahren erreichte der 1. FC Saarbrücke­n als erster Viertligis­t das Halbfinale, nun ist das Bundesliga-gründungsm­itglied als Drittligis­t nur noch einen Schritt von der Vorschluss-runde entfernt. Und zwei von Berlin. „Geisteskra­nk“

sei das, sagte Torjäger Kai Brünker: „Es wäre verrückt, wenn wir wirklich nach Berlin fahren.“Man müsse zwar auf dem Boden bleiben, „aber wir haben die Bayern geschlagen, wir haben Frankfurt geschlagen. Da wollen wir natürlich auch das nächste Spiel gewinnen.“

Gegner dort ist Borussia Mönchengla­dbach. Der fünfmalige Meister aus den 70ern hat seit dem Pokalsieg 1995 keine Trophäe mehr gewonnen – und auch kein Endspiel mehr erreicht. Sechsmal scheiterte die Borussia seitdem in einem Viertel- oder Halbfinale, zweimal trotz Heimrechts und viermal gegen unterklass­ige Clubs. Doch das Motto in Gladbach heißt: Traum statt Trauma! „Der Weg wird immer kürzer, die Wahrschein­lichkeit immer größer“, sagte Sportchef Roland Virkus. Und Mittelfeld­spieler Julian Weigl erklärte: „Der Pokal ist unheimlich spannend,

weil schon so viele große Teams raus sind.“

Zwei Clubs erscheinen noch stärker als die Borussia, doch bezeichnen­derweise treffen Bundesliga-tabellenfü­hrer Bayer Leverkusen und der Dritte VFB Stuttgart direkt aufeinande­r. Bayer wartet seit dem Cup-sieg 1993 komplett auf einen Titel, verlor seitdem drei Endspiele. Die Stuttgarte­r unterlagen seit ihrem letzten Erfolg 1997 zweimal im Finale. Bayer, das in diesem Duell zudem Heimrecht hat, ist natürlich der klare Favorit auf den Titel. „Aber es gibt auch noch St. Pauli, Fortuna Düsseldorf oder die Hertha“, sagte Trainer Xabi Alonso. Und meinte das angesichts des bisherigen Verlaufs des Wettbewerb­s keineswegs ironisch: „Im Pokal gibt es immer Überraschu­ngen. Sie spielen guten Fußball. Und der Pokal ist ein anderer Wettbewerb.“Was selten so deutlich wurde wie in diesem Jahr.

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FOTO: SCHMIDT/DPA Die Kleinen dürfen auf den großen Coup hoffen: So eröffnet Fortuna Düsseldorf die nächste Pokalrunde.

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