Schwäbische Zeitung (Wangen)

Das Erwachen der Brause-macht

Red-bull-einstieg bei Bora-hansgrohe-team könnte den Radsport umkrempeln

- Von Christoph Leuchtenbe­rg

(SID) - Die frohe Botschaft der Wiener Wettbewerb­shüter verlieh Ralph Denk nicht wirklich Flügel. „Wir gehen diesen Schritt mit der nötigen Ruhe an, weitere Details werden im Laufe der Saison vorgestell­t“, ließ der Chef des Radsport-teams Borahansgr­ohe knapp wissen, nachdem er das behördlich­e Placet für seinen spektakulä­ren Red-bulldeal erhalten hatte. Das Gesicht der potenziell­en neuen Velogroßma­cht bleibt vorerst ein wohlgehüte­tes Geheimnis.

Am Montag war weißer Rauch aus dem 1. Stock des Hauses Radetzkyst­raße 2 im 3. Wiener Gemeindebe­zirk aufgestieg­en: Osterreich­s Bundeswett­bewerbsbeh­örde hatte keine Einwände dagegen, dass die Brause-bullen 51 Prozent an der von Denk geführten RD pro cycling Gmbh & Co. KG sowie der RD Beteiligun­gs Gmbh mit Sitz im bayrischen Raubling übernehmen. Das Joint Venture hatte Denk um den Jahreswech­sel angemeldet, nun nahm er die wichtigste formelle Hürde.

„Das ist das grüne Licht, auf das wir gewartet haben, um uns die vielen einzelnen Bausteine der Zusammenar­beit vorzunehme­n“, sagte Denk. Welches Gesamtbild diese Bausteine ergeben, darüber hält sich Denk bedeckt: „Jeder im Radsport weiß, wie wichtig Vorbereitu­ng und Grundlagen für den Erfolg sind.“

Der Red-bull-einstieg hat das Potenzial, die Machtverhä­ltnisse im Radsport grundlegen­d zu verändern. Angesichts der Vehemenz und Aggressivi­tät, wie der österreich­ische Getränke-multi bislang seine sportliche­n Feldversuc­he verfolgte, sei es in der Formel 1, im Fußball oder im Eishockey, scheint klar: Red Bull wird sicher kein stiller Teilhaber bleiben, sondern will wie gewohnt

bunt, laut, werbewirks­am und erfolgreic­h auftreten.

Ob die Teamlizenz und die offizielle Heimat des Teams dann weiter in Deutschlan­d oder in Österreich liegen, bleibt abzuwarten, ebenso, wie sehr künftig noch der Fokus auf deutschen Stars vom Schlage Buchmann oder Kämna liegt. Denk, dessen Firma 2010 mit dem Bora-vorläufer Netapp gestartet war, hatte öfters durchblick­en lassen, dass er die Ausrichtun­g eher internatio­nal sieht.

Erst 2023 hatte Denk die Verträge mit den Titelspons­oren Bora (Küchen-lüftungste­chnik) und hansgrohe (Sanitärtec­hnik) bis

2027 verlängert. Kaum denkbar aber, dass Red Bull sich bis dahin mit der Rolle reiner Financier oder Co-namensspon­sor statt mit einem „Team Red Bull“begnügt. Was es Red Bull beim Streben an die absolute Weltspitze leicht macht: Im Radsport sind Erfolge meist relativ kurzfristi­g mit relativ wenig Geld zu erreichen. Das Gesamtbudg­et Bora-hansgrohes lag 2023 bei geschätzte­n 18 Millionen Euro, Ineos Grenadiers (50 Millionen) war mit deutlichem Abstand Branchenfü­hrer – beim Fußballbun­desligiste­n RB Leipzig liegen allein die Profigehäl­ter über 150 Millionen. Die Bestverdie­ner unter den Radprofis kassieren nach

Red-bull-dimensione­n überschaub­are vier bis sechs Millionen Euro pro Jahr.

Allerdings: Die begehrtest­en Fahrer wie Belgiens Topstars Wout van Aert, privat von Red Bull gesponsert, und Remco Evenepoel (jeweils bis 2026) oder Tour-sieger Vingegaard (2028) sind langfristi­g bei ihren aktuellen Teams gebunden, Ablösesumm­en im Radsport unüblich. Ein vorzeitige­r Transfer muss wie beim neuen Bora-topmann Primoz Roglic via einvernehm­licher Vertragsau­f lösung geschehen.

Gut möglich aber, dass der Redbull-einstieg die von Quick-stepboss Patrick Lefevere geforderte Einführung eines Transfersy­stems wie im Fußball beschleuni­gt – das würde es dem Finanzadel der Branche künftig noch leichter machen.

„Wir gehen diesen Schritt mit der nötigen Ruhe an.“

Ralph Denk

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FOTO: BRENTON EDWARDS/IMAGO Die Übernahme des Bora-hansgrohe-teams durch Red Bull ist praktisch fix.

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