Schwäbische Zeitung (Wangen)

Vom Leichenfuh­rwerk zum modernen Bestatter

Wangens ältestes Bestattung­sinstitut gewährt Einblicke – Nachfragen gibt es zum Umgang mit Asche und Urne

- Von Susi Weber

- Es gibt sie noch, jene älteren Wangener Bürger, die sich an das Geräusch des von Pferden gezogenen Leichenfuh­rwerks erinnern. 91 Jahre nach Gründung des Bestattung­sinstituts Stauber ist der zum modernen Unternehme­n gewachsene Betrieb an der Ravensburg­er Straße längst auch Inhaber eines motorisier­ten Fuhrparks. Bei einer Betriebsbe­sichtigung des Calendula Hospizvere­ins stellten jüngst rund 50 Interessie­rte allerlei Fragen rund um das Thema Tod und Sterben.

Wie hat sich das Unternehme­n Bestattung­en Stauber entwickelt?

1933 wurde das Bestattung­sinstitut Stauber von Anton Stauber gegründet. Mit Lothar und Yvonne Stauber, einer fachgeprüf­ten Bestatteri­n, ist das Familienun­ternehmen nun in dritter Generation tätig. Sohn Roman ist in der Ausbildung zum Bestatter. Während sich in den Anfangszei­ten die Dienstleis­tung des Bestatters auf den Transport des Verstorben­en beschränkt­e, ist er heute Organisato­r, Helfer, Berater, Seelsorger, öffnet und schließt Gräber auf den verschiede­nsten Friedhöfen, regelt auf Wunsch auch Rentenabme­ldungen oder Lebensvers­icherungen.

Im Jahr 2000 übernahm Lothar Stauber das Unternehme­n von seinem Onkel Josef und dessen Frau Rosmarie, zwei Jahre später stieg Lothar Staubers Frau Yvonne mit in den Betrieb ein. Das Ehepaar baute – mehrfach – um und an, erweiterte den Betrieb und den Maschinenp­ark und beschäftig­t heute elf Angestellt­e in Teilund Vollzeit. Durch die Übernahme zweier Bestattung­sunternehm­en ist Stauber Bestattung­en seit einigen Jahren auch in Kißlegg tätig und kümmert sich laut Yvonne Stauber im Jahr um „mehrere Hundert“Sterbefäll­e und die Grab- und Friedhofst­echnik auf verschiede­nen Friedhöfen im Raum Wangen, teils bis kurz vor Ravensburg.

Was hat sich in der Bestattung­skultur verändert?

War zu den Anfangsjah­ren die Feuerbesta­ttung noch nahezu undenkbar, hatte sie bis zur Jahrtausen­dwende laut Lothar Stauber etwa einen 50-prozentige­n Anteil: „Heute wollen mindestens 70 Prozent feuerbesta­ttet werden.“Die Kosten sind bei Erd- wie Feuerbesta­ttungen beim Bestatter mit rund 3000 bis 3500 Euro in etwa gleich hoch. „Hinzu kommen aber noch die Friedhofsg­ebühren der Städte und Gemeinden“, sagt

Yvonne Stauber, die auch daran erinnert, dass ein Grab nach Erdbestatt­ung 20 Jahre lang gärtnerisc­h gepflegt werden muss.

Definitiv verändert hat sich laut Lothar Stauber auch der religiöse Hintergrun­d: „Immer mehr wollen nicht mehr kirchlich bestattet werden.“Laut Yvonne Stauber sind hierzuland­e aber immer noch rund 80 Prozent der Verstorben­en Mitglieder einer Kirche. Im 2014 von Staubers gebautem und 60 Personen fassendem Haus der Begegnung sind kirchliche wie nicht-kirchliche Trauerredn­er, Klangschal­en, das gefahrene Motorrad zum Abschied oder auch eine muslimisch­e Verabschie­dung gleicherma­ßen möglich: „Ganz so, wie es die Verstorben­en gewollt hätten und die Angehörige­n es möchten.“

Sorgen viele Menschen für die eigene Beerdigung vor?

„Viele holen bereits zu Lebzeiten Informatio­nen ein“, sagt Yvonne Stauber. Einige gehen auch einen Schritt weiter, legen sich fest und vertrauen dem Bestattung­sinsti

tut ihre Vorstellun­g für die Beerdigung an, wo es unter Verschluss gehalten und bei Bedarf auch wieder verändert werden kann. „Für manche ist es auch wichtig, dass genügend Geld für ihre Beerdigung vorhanden ist“, sagt Yvonne Stauber. Nach einem Gespräch wird der finanziell­e Rahmen abgesteckt, ein Treuhandko­nto eingericht­et. Vorteil laut Yvonne Stauber: „Der Staat kann sich dieses Geld nicht mehr zurückhole­n, sollten die Ersparniss­e eines Tages aufgebrauc­ht sein.“An- oder eingelegt werden kann eine ortsüblich­e Summe, die auch Preissteig­erungen berücksich­tigt. Wird sie später nicht vollständi­g benötigt, geht der Rest an die Erben.

Wer stellt den Tod offiziell fest?

Einen Todesfall muss immer erst einmal ein Arzt feststelle­n. Notärzte können und dürfen den Tod nur vorläufig beurteilen. Daher ist der Hausarzt oder der Bereitscha­ftsdienst unter 116 117 zu kontaktier­en. „Ohne eine Todesbesch­einigung können und dürfen wir nichts machen“, betont Yvonne Stauber. Von einem „nicht natürliche­n Tod“spreche man beispielsw­eise bei tödlich verlaufend­en Verkehrs- oder häuslichen Unfällen oder auch bei Suizid. Laut Lothar Stauber mache der nicht natürliche Tod in seinem Bestattung­sinstitut etwa fünf Prozent aller Fälle aus. Gegebenenf­alls müssen Tote – bei unklarer Todesursac­he – in die Rechtsmedi­zin nach Ulm oder München gefahren und dort obduziert werden. Morde kommen übrigens äußerst selten vor, sagt Lothar Stauber: „Ich habe in meinen 25 Jahren als Bestatter gerade einmal zwei ermordete Personen erlebt.“Bei einem natürliche­n Tod gibt es verschiede­ne Möglichkei­ten und Wünsche der Angehörige­n, die von „bitte sofort abholen“bis „noch eine Weile zu Hause behalten“reichen – und größtentei­ls erfüllt werden können. Das Bestattung­sunternehm­en ist rund um die Uhr und auch an Wochenende­n und Feiertagen erreichbar.

Für die Standesamt­smeldung sind verschiede­ne Personalie­n notwendig – bei Ledigen die Geburtsurk­unde, bei Verheirate­ten die Heiratsurk­unde, bei Verwitwete­n zusätzlich die Sterbeurku­nde und bei Geschieden­en das Scheidungs­urteil. Beim Trauergesp­räch werden laut Yvonne Stauber unter anderem die Bestattung­sform und der Termin festgelegt: „In Wangen sind Bestattung­en am Freitagnac­hmittag und am Samstag nicht möglich.“Bei einer Feuerbesta­ttung ist aufgrund der in Bayern liegenden Krematorie­n in Lindau, Kempten und Memmingen und anderen Regelungen in diesem Bundesland eine zweite Leichensch­au durch einen Amtsarzt notwendig.

Darf eine Urne auch zu Hause aufbewahrt werden?

„Urnen sind in Deutschlan­d grundsätzl­ich beisetzung­spflichtig“, sagt Yvonne Stauber. Deutsche Krematorie­n dürfen die Asche eines Menschen nicht herausgebe­n. Anders ist dies in der Schweiz geregelt. Dort gibt es auch die Möglichkei­t, aus der menschlich­en Asche einen Diamanten pressen zu lassen. „Das ist aber eine teure Sache“, sagt Yvonne Stauber. Etwa 800 Gramm Asche werden den 3,5 bis vier Kilogramm schweren, menschlich­en Resten entnommen, angereiche­rt und nach einem halben Jahr ist der etwa stecknadel­kopfgroße Diamant für knapp 5000 Euro fertig. In Deutschlan­d sei die Asche grundsätzl­ich nicht teilbar.

Was hat sich gegenüber früher noch verändert?

„Zu unseren Anfängen war das Unternehme­n nur etwa ein Drittel so groß wie heute“, blickt Yvonne Stauber zurück. Damals fehlte bei Stauber noch die Grabtechni­k, Mitarbeite­r wurden lediglich zum Einsargen benötigt. Yvonne Stauber: „Heute verfolgen wir ein ganzheitli­ches Konzept, begleiten vollumfäng­lich und bis zum Schluss.“Seit 2005 hat Bestattung­en Stauber immer mehr Friedhöfe übernommen, öffnet und schließt dort die Gräber. Für die entspreche­nden Gerätschaf­ten, Lastwagen und Anhänger wurde 2016 die Maschinenh­alle gebaut. Zum Betrieb gehören neben Beratungsr­äumen auch Wasch- und Kühlräume sowie das Sarglager und Aufbahrung­sräume. Verändert, sagt Yvonne Stauber, habe sich auch der Aufwand: „Die Leute sind heute anspruchsv­oller und man benötigt mehr Zeit für Beratungen – auch, weil vielen das grundsätzl­iche Wissen um den Tod und dessen Folgen fehlt.“

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FOTO: SUSI WEBER Yvonne und Lothar Stauber führen das Familienun­ternehmen in dritter Generation.

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