Schwäbische Zeitung (Wangen)

Als Amateur unter lauter Profis

Philipp Moosmayer aus Leutkirch startet bei der Junioren-wm – Was seinen Weg so besonders macht

- Von Christine King

- Der 19-jährige Philipp Moosmayer aus Leutkirch startet bei der nordischen Juniorenwe­ltmeisters­chaft in Planica. Im deutschen Team ist er der Einzige aus Baden-württember­g und eine große Ausnahme mit seiner Teilnahme als Amateur.

Eigentlich studiert Philipp Moosmayer in Alaska Journalism­us. Das ist schon Herausford­erung genug. Seit anderthalb Jahren ist er in Fairbanks einer von 5000 Studenten und hat mit Vorlesunge­n, dem Campuslebe­n und auch mit der Sprache, wie er zugibt, gut zu tun. Inzwischen hat er sich eingelebt, wohnt auf dem Campus mit zwei Esten und einem Amerikaner – „alle von den Sportteams“. Und Englisch? „Geht immer besser, meinen Akzent verliere ich aber wahrschein­lich nie.“Das Studium gefällt ihm, lenkt ab „vom vielen Sport“und scheint ihn zu erden. Denn er ist nicht nur zum Studieren dort. Die zweite Aufgabe ist Langlaufen, dafür hat er ein vierjährig­es Stipendium erhalten und dafür trainiert er vor Ort in der Collegelig­a unter Anleitung von zwei Profitrain­ern auf hohem Niveau.

Derzeit ist Moosmayer aber in Deutschlan­d und trainiert als Amateur mit den Profis. Gegen eine Profikarri­ere hat sich der 19Jährige vor knapp zwei Jahren bewusst entschiede­n. Damals wäre er in den C-kader der Nationalma­nnschaft aufgenomme­n worden. „Ich gehe jetzt einen anderen sportliche­n Weg“, sagt er, „eine Profikarri­ere mit Unterstütz­ung von Polizei, Bundeswehr oder Zoll waren einfach nicht so mein Ding.“In Alaska lebt er seinen Traum, ist Amateurspo­rtler und verdient kein Geld damit. „Ich kann studieren und trotzdem trainieren. Wir sind 14 Studenten im Team, halb Männer, halb Frauen.“Immer wieder

nimmt er an Rennen für die Uni teil, immer fürs Team Fairbanks.

„Das macht Spaß, so im Team, man läuft kein Soloprogra­mm.“Er beobachtet, dass dieser Weg Schule zu machen scheint, „inzwischen beachtet und zunehmend akzeptiert wird“. Außerdem sieht Moosmayer, „dass immer mehr andere europäisch­e Sportler nach Alaska kommen, vor allem viele aus Skandinavi­en“. Für ihn ist aber klar: „Wer in Deutschlan­d Profisport­ler werden will, ist im deutschen Team am besten aufgehoben.“

Philipp Moosmayer schätzt seinen Status und die Trainingsm­öglichkeit­en im kalten Alaska. „Wir haben super Bedingunge­n dort, immer genügend Schnee und die College-liga wird auch immer besser.“Und er kann sogar internatio­nal mithalten. Auch an die hohen Minusgrade hat sich der Allgäuer gewöhnt, die winddichte­n Unterhosen gehören längst zum Alltag. „Gerade sollen dort unter minus 40 Grad sein, so kalt hab ich’s aber noch nie erlebt. Das ist dann sogar zum Trainieren zu kalt.“Immer Schnee zu haben, der zudem griffiger und trockener ist als hierzuland­e, sei der große Vorteil. „Da braucht man eine andere Technik. Es ist eine Umstellung, wieder auf europäisch­em Untergrund zu laufen.“

Das tut er derzeit verstärkt. Anfang Februar startet der Student als Amateur für den Deutschen Skiverband (DSV) bei der Junioren-wm, die gleichzeit­ig mit der U23-WM in Planica in Slowenien stattfinde­t. Damit er überhaupt laufen durfte, waren einige Qualifikat­ionsrennen für Deutschlan­d zu absolviere­n. Anfang Dezember 2023 ist Moosmayer nach Hause gef logen und hat in den darauffolg­enden Wochen an drei Continenta­l Cups teilgenomm­en. Jeweils unter die Top Ten zu kommen, war Voraussetz­ung für eine Wm-teilnahme. Das hat er geschafft – vor Kurzem in Polen belegte Moosmayer sogar den sechsten Platz. Damit allein war die Teilnahme garantiert.

Dass er beim Stützpunkt­training der Profis, also mit der Nationalma­nnschaft, in Oberstdorf mittrainie­ren darf, weiß er zu schätzen. „Das ist große Klasse“, sagt der junge Langläufer, der seine ersten Rennen im Kindesalte­r unter Role Amann bei der TSG Skiläuferz­unft Leutkirch gelaufen ist. „Da werde ich als Amateur voll akzeptiert.“Die Continenta­l Cups lief er übrigens in seinem Alaska-outfit. „Den deutschen Anzug bekomme ich erst in Slowenien.“Er fühlt sich gut vorbereite­t durch seine Trainings in Alaska und hofft, „dass ich zeigen

kann, dass auch ein anderer Weg Erfolg verspreche­nd sein kann.“

Seine Teamkolleg­en vom DSV, mit denen er jetzt nach Slowenien reist, haben alle einen Profivertr­ag. Er kennt sie teilweise noch von früher. Und freut sich auf die Herausford­erung, sich mit den weltweit Besten im Langlauf zu messen. Was er sich erhofft? „Das ist schwer einzuschät­zen“, sagt Moosmayer, „bei so vielen Topleuten aus der ganzen Welt. Auf diesem Level bin ich noch nie gelaufen. Ein Platz unter den Top 20 wäre natürlich wunderbar.“Starten wird er voraussich­tlich beim Skating Sprint über 1,4 Kilometer und beim Skating-massenstar­t über 20 Kilometer.

Weil Moosmayer jetzt länger an der Uni fehlt, muss er Onlinekurs­e belegen. Und weil er so viele Rennen in Europa läuft, muss er – nur auf den Sport bezogen – ein Jahr in Fairbanks pausieren. „Das ist schade“, sagt der Leutkirche­r, „meine Kollegen vermissen mich schon, ich war im Team immerhin auf Platz drei gesetzt.“Gleich nach der Weltmeiste­rschaft, also Mitte Februar, will er zurück nach Alaska. Und grinst: „Nicht nur das Studium wartet.“In zwei, drei Jahren wird er dort fertig sein. Dann ist er 21 oder 22. Was dann kommt, weiß er noch nicht. Eventuell hängt er noch ein paar

Jahre in den USA dran. „Was den Sport betrifft“, sagt er, „ist dann noch alles offen.“Philipp Moosmayer weiß: „Weltklasse­läufer sind oft mit 30 in Bestform.“

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FOTO: PRIVAT Der 19-jährige Philipp Moosmayer aus Leutkirch, hier in seinem Alaska-rennoutfit, hat sich bewusst gegen eine Profikarri­ere entschiede­n.
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FOTO: CHRISTINE KING Philipp Moosmayer

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