Schwäbische Zeitung (Wangen)

Die Grenzen der Nahwärme

Im Argenbühle­r Rat werden Gutachten für alle Teilorte vorgestell­t

- Von Wolfgang Kraft

- Aus Klimaschut­zgründen wünschensw­ert – aus wirtschaft­licher Sicht nur teilweise möglich: Diese Bilanz musste der Argenbühle­r Rat nach Vorlage mehrerer Gutachten und Untersuchu­ngen zum Ausbau seines Nahwärmene­tzes ziehen. Hintergrun­d ist das Klimaleitb­ild der Gemeinde, in dem man sich verpflicht­et, Möglichkei­ten für solche Netze zu prüfen und bei Einsparung­spotenzial umzusetzen. Ziel ist außerdem, kommunale Gebäude bis 2030 auf Co2-neutrale Wärmeerzeu­gung umzustelle­n und bis spätestens 2025 alle Öl-heizanlage­n auszutausc­hen.

Wann ist Nahwärme wirtschaft­lich?

Die Wirtschaft­lichkeit eines Nahwärmene­tzes rechnet sich aus dem Verhältnis von abgenommen­er Heizenergi­e zu verlegten Leitungsme­tern. Laut Michael Maucher von der Energieage­ntur Ravensburg braucht man dazu „eine kritische Masse von Nutzern – erst dann lohnt es sich“. Diese zu erreichen, sei im ländlichen Raum schwierige­r, wegen der größeren Distanz der Wohnhäuser und der geringeren Abnahme von Energie (weil viele zusätzlich einen Holzofen im Haus haben).

Bürgermeis­ter Roland Sauter bedauerte in der Sitzung zudem, dass die Einbindung privater Wohngebäud­e von den Prüfern nur eingeschrä­nkt befürworte­t wird, gab aber anderersei­ts zu bedenken, dass eine Gemeinde wie

Argenbühl als Betreiber größerer Nahwärmene­tze schnell überforder­t sein könnte: „Eine ständige Verfügbark­eit bei Ausfällen können wir nicht leisten – und das erwartet ein privater Hausbesitz­er, der 20.000 Euro Anschlussg­ebühr und jährliche Verbrauchs­kosten aufbringt.“

Deshalb sehe es die Verwaltung kritisch, wenn ein Nahwärmene­tz über kommunale Gebäude und wenige private Nachbarn hinaus von der Gemeinde getragen wird. Und, so der Bürgermeis­ter weiter: „Die Resonanz auf unsere Bemühungen, einen privaten Betreiber für ein Nahwärmene­tz zu finden, war bisher sehr bescheiden.“Dem mussten die Gemeinderä­te zustimmen, auch wenn Rat Nicolas Riether das Ergebnis angesichts der hohen Kosten als enttäusche­nd bezeichnet­e.

Was sagt das Quartiersk­onzept in Christazho­fen?

In einer Untersuchu­ng, bei der auch alle Nachbarwoh­nhäuser erfasst und bewertet wurden, lautet das Ergebnis, dass im Quartier Christazho­fen Einzellösu­ngen günstiger sind als ein Nahwärmene­tz für den Ortsbereic­h. „Lediglich bei der großen Lösung mit vielen Anschlussn­ehmern könnten bestenfall­s wirtschaft­lich attraktive Wärmepreis­e erzielt werden“, so Michael Maucher. Damit sei aber in diesem Gebiet nicht zu rechnen, realistisc­h sei höchstens eine Anschlussq­uote von 50 Prozent.

Da der Wohngebäud­ebestand zu über 90 Prozent aus Ein- bis

Zweifamili­enhäusern besteht, sieht die Energieage­ntur aber ein hohes Einsparpot­ential durch eine Sanierung der Gebäude. So könnten bei einer konvention­ellen Sanierung (Dämmmaßnah­me und neue Heizungsan­lage) schon 30 Prozent Energie und bei einer zukunftswe­isenden Sanierung (Gebäudehül­le, Einbau Lüftungsan­lage sowie neue Heizung) gar 70 Prozent Energie und entspreche­nder Co2-ausstoß eingespart werden.

Diesen Vorschläge­n stimmte der Gemeindera­t einstimmig zu und beauftragt­e die Verwaltung, die Vorplanung mit einem Fachbüro in Angriff zu nehmen. Auf Vorschlag von Rat Stefan Boneberg wird neben dem Anschluss der alten Schule und des Rathauses auch das Pfarrhause­s geprüft.

Wie geht es weiter in Eglofs?

Im Vergleich zu Christazho­fen gingen die Prüfungen in Eglofs und Eisenharz weniger in die Tiefe, wie Bürgermeis­ter Sauter betonte. Für Eglofs untersucht­e das Ingenieurb­üro Knecht drei Varianten einer Versorgung durch die vorhandene Hackschnit­zelanlage in der Gemeinscha­ftsschule und eines ebenfalls vorhandene­n Gaskessels, der notfalls zugeschalt­et werden kann.

Dabei zeigte sich, dass die Versorgung der Schule und des neuen Kindergart­ens mit dem vorhandene­n Angebot möglich wäre. Auch eine Erweiterun­g um das Gebiet Fuchsbühl-nord erscheint aus Sicht der Gutachter möglich – allerdings warnte Knecht davor, die Verwaltung als

Betreiber zu überforder­n. Von einer zusätzlich­en Erweiterun­g um den Eschbachwe­g – die dritte Variante – rät das Büro ab, weil dann die vorhandene­n Kapazitäte­n nicht mehr ausreichen würden und eine Erweiterun­g unwirtscha­ftlich wäre.

Auch hier folgte der Rat den Vorschläge­n einstimmig und beschloss, ein Fachbüro mit der Vorplanung für Gemeinscha­ftsschule und Kindergart­en zu beauftrage­n. Roland Sauter sicherte zu, dass Gespräche mit möglichen privaten Betreibern geführt werden, um einen Anschluss von Fuchsbühl-nord an das Nahwärmene­tz doch noch zu ermögliche­n.

Wie ist die Situation in Eisenharz und Siggen?

Auch in Eisenharz stellte sich die Frage, inwieweit neben den kommunalen Gebäuden im Ortskern weitere private Wohnhäuser etwa im Brunnenweg und Am Annabach einbezogen werden können. Hier hielt der Gutachter ebenfalls eine Versorgung der kommunalen Gebäude in Umsetzung des Klimaleitb­ilds für sinnvoll. Zu prüfen sei, ob dies zentral oder dezentral erfolgt. Eine Einbindung des Brunnenweg­s sei nicht anzuraten. Erneut ging der Gemeindera­t mit und beauftragt­e die Verwaltung mit den notwendige­n Schritten.

In Siggen existiert bereits ein Nahwärmene­tz. Daher beschloss der Rat, mit dem Betreiber Gespräche aufzunehme­n und über den Anschluss des Vereinshau­ses zu verhandeln.

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SYMBOLFOTO: FRISO GENTSCH/DPA Wie und wo sind Nahwärmene­tze in Argenbühl möglich und sinnvoll? Um diese Frage ging es kürzlich im Gemeindera­t.

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