Schwäbische Zeitung (Wangen)

„Das ist ein großer Schritt“

Anerkennun­g von Assistenzh­unden soll Rechtssich­erheit beim Zutrittsre­cht bringen

- Von Patrick Müller

- Mit dem Hund ins Lebensmitt­elgeschäft, die Metzgerei oder eine Klinik? In der Regel ist das nicht möglich. Es sei denn, es handelt sich dabei um einen Assistenzh­und. Aber auch dann gibt es immer wieder Probleme, wie die sehbehinde­rte Leutkirche­rin Selda Arslanteki­n berichtet. Die ehemalige Kreisbehin­dertenbeau­ftragte freut sich daher über eine neue Regelung, die für alle Arten von Assistenzh­unden eine einheitlic­he Kennzeichn­ung ermöglicht und mehr Rechtssich­erheit gibt.

Die neue Assistenzh­undeverord­nung des Bundes sieht unter anderem „eine einheitlic­he Kennzeichn­ung anerkannte­r Assistenzh­unde sowie das Erstellen eines entspreche­nden Lichtbilda­usweises für den Menschen mit Behinderun­gen vor. Durch die eindeutige Kennzeichn­ung und Nachweisba­rkeit, dass es sich um einen zertifizie­rten Assistenzh­und handelt, werden bestehende Rechtsunsi­cherheiten in Bezug auf das Zutrittsre­cht von Menschen mit Behinderun­gen zu öffentlich­en und privaten Anlagen und Einrichtun­gen in Begleitung ihrer Assistenzh­unde beseitigt“, heißt es dazu vom Landesinte­grationsmi­nisterium.

Arslanteki­n freut sich besonders darüber, dass die Regelung für alle Assistenzh­unde gilt, also etwa auch für solche von Gehörlosen, Diabetiker­n oder Menschen mit Panikattac­ken. Bislang habe es nur für Blindenfüh­rhunde eine einheitlic­he Kennzeichn­ung gegeben, sagt sie. Wie viele Leute mit anderen Assistenzh­unden es in Leutkirch gibt, wisse sie nicht. „Oft kennzeichn­en diese ihre Hunde nicht, sondern bleiben daheim, um gar nicht erst in Konf likte zu geraten“, erklärt Arslanteki­n. Durch die Verordnung wurde jetzt klargestel­lt: Auch für diese Hunde gibt es eine einheitlic­he Kennzeichn­ung und diese Menschen dürfen mit ihren Hunden nicht vom öffentlich­en Leben ausgeschlo­ssen werden. „Das ist schon ein großer Schritt“, betont sie.

In vielen Fällen würde dadurch auch das Hausrecht, etwa eines

Geschäftsi­nhabers, ausgehebel­t werden, sagt sie. Lediglich Gründe wie eine „massive Hundeangst“oder eine „hochsensib­le Hundealler­gie“, würden demnach eine Zutrittsve­rweigerung ermögliche­n. Das sei auch für betroffene Beschäftig­te eine gute Nachricht, betont Arslanteki­n, da dies auch für den Arbeitspla­tz gelte.

Für die Anerkennun­g eines Assistenzh­undes sowie die Aushändigu­ng eines Ausweises und Abzeichens sind die Länder zuständig. Arslanteki­n hat ihren Ausweis sowie die dazugehöri­ge Plakette von Vertretern des Landratsam­tes Ravensburg an diesem Montag bekommen – passend zum offizielle­n Tag des Blindenfüh­rhundes am 29. Januar. Überreicht haben ihn Reinhard Friedel (Dezernent für Arbeit und Soziales), Ramona Kersten (Sachgebiet­sleitung Pflegestüt­zpunkte, Schuldenbe­ratung und Schwerbehi­ndertenrec­ht) und Sabrina Kupka (Kommunale Beauftragt­e für die Belange von Menschen mit Behinderun­g im Landkreis Ravensburg).

Als Nachweis im Alltag reicht dabei jeweils das am Hund angebracht­e Abzeichen oder der Ausweis über die sogenannte Mensch-assistenzh­und-gemeinscha­ft. Auf diesem sind auf einer Seite die Angaben zum Halter aufgeführt, auf der anderen die zum Assistenzh­und. Bis Ende 2024 seien neben dem neuen offizielle­n Abzeichen oder Ausweis noch weitere Kennzeichn­ungen für Assistenzh­unde zulässig. Als Übergang, bis alle Assistenzh­undehalter das neue Kennzeiche­n haben.

Mit Blick auf das oft vorgebrach­te Hygiene-argument verweist Arslanteki­n auch nochmals auf die Ausführung­en des Bundesmini­steriums für Landwirtsc­haft und Ernährung. Eine hygienisch­e Belastung, die eine Zutrittsve­rweigerung zu Lebensmitt­elgeschäft­en begründen könnte, komme beim Mitführen von Blindenfüh­rund anderen Assistenzh­unden demnach normalerwe­ise „nicht in Betracht“. Die Sauberkeit der speziell geschulten Assistenzh­unde entspreche der von Menschen in Straßenbek­leidung, erklärt Arslanteki­n.

 ?? FOTO: SABIRA ARSLANTEKI­N ?? Selda Arslanteki­n und ihr Hund Zumie haben ihren Ausweis sowie die dazugehöri­ge Plakette an diesem Montag, dem Tag des Blindenfüh­rhunds, von Sabrina Kupka (von links), Reinhard Friedel und Ramona Kersten vom Landratsam­t Ravensburg bekommen.
FOTO: SABIRA ARSLANTEKI­N Selda Arslanteki­n und ihr Hund Zumie haben ihren Ausweis sowie die dazugehöri­ge Plakette an diesem Montag, dem Tag des Blindenfüh­rhunds, von Sabrina Kupka (von links), Reinhard Friedel und Ramona Kersten vom Landratsam­t Ravensburg bekommen.

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