„Das ist ein großer Schritt“
Anerkennung von Assistenzhunden soll Rechtssicherheit beim Zutrittsrecht bringen
- Mit dem Hund ins Lebensmittelgeschäft, die Metzgerei oder eine Klinik? In der Regel ist das nicht möglich. Es sei denn, es handelt sich dabei um einen Assistenzhund. Aber auch dann gibt es immer wieder Probleme, wie die sehbehinderte Leutkircherin Selda Arslantekin berichtet. Die ehemalige Kreisbehindertenbeauftragte freut sich daher über eine neue Regelung, die für alle Arten von Assistenzhunden eine einheitliche Kennzeichnung ermöglicht und mehr Rechtssicherheit gibt.
Die neue Assistenzhundeverordnung des Bundes sieht unter anderem „eine einheitliche Kennzeichnung anerkannter Assistenzhunde sowie das Erstellen eines entsprechenden Lichtbildausweises für den Menschen mit Behinderungen vor. Durch die eindeutige Kennzeichnung und Nachweisbarkeit, dass es sich um einen zertifizierten Assistenzhund handelt, werden bestehende Rechtsunsicherheiten in Bezug auf das Zutrittsrecht von Menschen mit Behinderungen zu öffentlichen und privaten Anlagen und Einrichtungen in Begleitung ihrer Assistenzhunde beseitigt“, heißt es dazu vom Landesintegrationsministerium.
Arslantekin freut sich besonders darüber, dass die Regelung für alle Assistenzhunde gilt, also etwa auch für solche von Gehörlosen, Diabetikern oder Menschen mit Panikattacken. Bislang habe es nur für Blindenführhunde eine einheitliche Kennzeichnung gegeben, sagt sie. Wie viele Leute mit anderen Assistenzhunden es in Leutkirch gibt, wisse sie nicht. „Oft kennzeichnen diese ihre Hunde nicht, sondern bleiben daheim, um gar nicht erst in Konf likte zu geraten“, erklärt Arslantekin. Durch die Verordnung wurde jetzt klargestellt: Auch für diese Hunde gibt es eine einheitliche Kennzeichnung und diese Menschen dürfen mit ihren Hunden nicht vom öffentlichen Leben ausgeschlossen werden. „Das ist schon ein großer Schritt“, betont sie.
In vielen Fällen würde dadurch auch das Hausrecht, etwa eines
Geschäftsinhabers, ausgehebelt werden, sagt sie. Lediglich Gründe wie eine „massive Hundeangst“oder eine „hochsensible Hundeallergie“, würden demnach eine Zutrittsverweigerung ermöglichen. Das sei auch für betroffene Beschäftigte eine gute Nachricht, betont Arslantekin, da dies auch für den Arbeitsplatz gelte.
Für die Anerkennung eines Assistenzhundes sowie die Aushändigung eines Ausweises und Abzeichens sind die Länder zuständig. Arslantekin hat ihren Ausweis sowie die dazugehörige Plakette von Vertretern des Landratsamtes Ravensburg an diesem Montag bekommen – passend zum offiziellen Tag des Blindenführhundes am 29. Januar. Überreicht haben ihn Reinhard Friedel (Dezernent für Arbeit und Soziales), Ramona Kersten (Sachgebietsleitung Pflegestützpunkte, Schuldenberatung und Schwerbehindertenrecht) und Sabrina Kupka (Kommunale Beauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderung im Landkreis Ravensburg).
Als Nachweis im Alltag reicht dabei jeweils das am Hund angebrachte Abzeichen oder der Ausweis über die sogenannte Mensch-assistenzhund-gemeinschaft. Auf diesem sind auf einer Seite die Angaben zum Halter aufgeführt, auf der anderen die zum Assistenzhund. Bis Ende 2024 seien neben dem neuen offiziellen Abzeichen oder Ausweis noch weitere Kennzeichnungen für Assistenzhunde zulässig. Als Übergang, bis alle Assistenzhundehalter das neue Kennzeichen haben.
Mit Blick auf das oft vorgebrachte Hygiene-argument verweist Arslantekin auch nochmals auf die Ausführungen des Bundesministeriums für Landwirtschaft und Ernährung. Eine hygienische Belastung, die eine Zutrittsverweigerung zu Lebensmittelgeschäften begründen könnte, komme beim Mitführen von Blindenführund anderen Assistenzhunden demnach normalerweise „nicht in Betracht“. Die Sauberkeit der speziell geschulten Assistenzhunde entspreche der von Menschen in Straßenbekleidung, erklärt Arslantekin.