Zwischen Pokal-frust und Bundesliga-lust
VFB Stuttgart ist trotz Niederlage gegen Leverkusen stolz auf die reife Leistung – Andrich-szene sorgt für Unmut
(dpa) - Gedankenverloren starrten Kapitän Waldemar Anton und seine Teamkollegen ins Leere. Die Enttäuschung nach dem Last-minute-aus im Viertelfinale des Dfb-pokals bei Bayer Leverkusen (2:3) war nicht nur dem Abwehrchef des VFB Stuttgart deutlich anzusehen. Stolz auf sich und seine Mannschaft war Anton dennoch – trotz des geplatzten Traums vom Endspiel im Berliner Olympiastadion. Denn die Schwaben sind dem in dieser Saison weiter ungeschlagenen Bundesliga-spitzenreiter auf Augenhöhe begegnet.
Die große Titelchance angesichts des Scheiterns etlicher Favoriten im Dfb-pokal ist aber dahin. Es deutet jedoch auch nach dem starken Auftritt in Leverkusen vieles darauf hin, dass sich die Schwaben davon nicht aus der Bahn werfen lassen. Vielmehr möchten die Stuttgarter den Pokal-frust in Bundesliga-lust umwandeln. Der Liga-alltag geht am Sonntag (15.30 UHR/DAZN) mit einem Heimspiel gegen Abstiegskandidat FSV Mainz 05 weiter.
„Wir haben zu einfache Fehler gemacht. Das darf gegen so eine Top-mannschaft nicht passieren“, klagte Anton nach dem entscheidenden Gegentreffer von Jonathan Tah in der 90. Minute, der das Aus spät besiegelte. „Aber nichtsdestotrotz: Wir haben ein unglaubliches Spiel gemacht.“Darauf könne aufgebaut werden, glaubt Coach Sebastian Hoeneß. „Es war ein großartiges Fußballspiel. Wir können stolz sein auf das, was wir gezeigt haben.“Doch Leverkusens Siegtreffer tue „sehr weh“. Die Gemütslage des 41 Jahre alten Trainers, der innerhalb weniger Monate aus einem Abstiegskandidaten einen Europapokal-anwärter formte, schwankte zwischen Stolz und Ärger über „eine Szene, die Einfluss aufs Spiel nimmt“.
Gemeint ist ein Zweikampf, der Folgen hätte haben können. Leverkusens mit Gelb vorbelasteter Robert Andrich hatte Stuttgarts Enzo Millot gefoult. Doch statt Gelb-rot zu zeigen, pfiff Schiedsrichter Daniel Schlager nicht mal Freistoß. „Und der Spieler, um den es geht, macht dann das 1:1“, sagte Hoeneß mit Blick auf Andrichs Schlenzer zum Ausgleich nach der Pause. Der Torschütze
hätte nach Ansicht des Trainers zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr auf dem Platz stehen dürfen. „Das ist aus unserer Sicht ärgerlich“, so Hoeneß.
Andrich selber sah die betreffenden Szenen naturgemäß etwas anders: „Die erste Gelbe: Klar, da komme ich zu spät. Die zweite Szene habe ich nicht so wahrgenommen, da hat sich auch keiner beschwert“, sagte Andrich. Im „normalen Tempo“könne man das „weiterlaufen lassen. Der Schiedsrichter kam auch nicht zu mir, deshalb war ich jetzt nach dem Abpfiff verwundert, dass so viele zu mir kamen und gesagt haben: ,Oh, da hast du aber Glück gehabt’“. Vfb-trainer Hoeneß war einer dieser Personen, die die Szene noch etwas beschäftigte. Seine Schützlinge dagegen wollten sich damit nicht allzu lange auf halten. Nationalmannschaftskandidat Deniz Undav hob hervor, dass „die beiden derzeit besten deutschen Mannschaften“aufeinandergetroffen seien. Dem wollte sich Hoeneß mit Blick auf den FC Bayern auf Platz zwei nicht anschließen. „Wenn man auf die Tabelle schaut, stimmt das nicht. Da gibt es noch eine Mannschaft, die zehn Punkte vor uns steht“, sagte er. „Aber ich weiß, was Deniz meint. Ich denke, wir können uns darauf einigen, dass das zwei Mannschaften sind, die gerade richtig Spaß machen.“Auch Bayer-trainer Xabi Alonso lobte: „Großes Lob und großen Respekt. Das war der beste Gegner, den wir diese Saison in der Bayarena hatten.“
Eine ähnliche Leistung soll auch im Duell mit Mainz stehen. Sorgen, dass das Pokal-aus einen Knacks beim Liga-dritten hinterlassen könnte, hat Undav nicht. „Das tut natürlich weh, wir haben gehofft, nach Berlin zu fahren. Aber so etwas passiert, Mund abwischen weiter geht's“sagte die Leihgabe vom englischen Premier-league-club Brighton & Hove Albion. „Jetzt liegt der volle Fokus auf der Bundesliga. Da wollen wir so erfolgreich wie nur möglich weitermachen.“
Da dürfte es nur hilfreich sein, dass Stuttgarts bester Torschütze Serhou Guirassy nach seiner Rückkehr vom Afrika-cup bald wieder eine Option sein wird. In Leverkusen fehlte der 19-Saisontore-mann noch. Bis Sonntag könnte Guirassy seine Magendarm-probleme auskuriert haben.