„Emanzen“könnten eine Kißlegger Erfindung sein
Fasnetsspiel hat lange Tradition – Wieder 200 Hemadglonker unterwegs – Dux Bembo-orden für Petra Weber
- 357 Tage lagert das grün-weiße, mit Fuchsschwänzen geschmückte Bäumchen im Keller des Schlosses. Nun thront der fünf Meter hohe Narrenbaum wieder auf dem Rathausplatz und zeigt jedem, was die Zeit geschlagen hat. Mit dem Hemadglonker, dem Narrenbaumstellen und dem Fasnetsspiel „D‘ Schellebergische Erbschleicher“eröffnete der „Flecka“die höchsten närrischen Tage – mit weit über 200 Hemadglonkern, Narren und Musikanten.
Eine Menge weißgekleideter Hemadglonker, ausgestattet mit Laternen, Kerzen, Fackeln und allem, was irgendwie Krach macht, führte der Fanfarenzug die Schlossstraße hinunter. „Das sind dieses Jahr wiederum sehr viele“, freute sich Zunftmeister Hajö Schuwerk. Auf dem Rathausplatz spielten Fanfarenzug und Hudelmusik, führte die Hudeltanzgruppe ihren traditionellen Tanz auf, wurden der Narrenbaum in die Höhe gehievt und viele Orden verliehen.
Den Dux Bembo, den höchsten Orden der Kißlegger Narrenzunft,
erhielt in diesem Jahr Petra Weber. Sie war schon als „Kloihudler“begeistert in der Fasnet dabei, fehlt laut Hajö Schuwerk bei nahezu keinem Narrensprung, ist seit 2017 im Zunftrat und auch außerhalb der Fasnet immer da, wenn es ums „Schaffe“und „Helfe“geht. In geheimer Wahl wurde sie vom Zunftrat gewählt – und ist damit die 58. Dux Bembo-ordensträgerin.
„Wir sind noch eines der wenigen Relikte“, sagte Schuwerk nicht ohne Stolz. Will heißen: Von den einst vielen Gruppierungen der schwäbisch alemannischen Fasnet, die Fasnetsspiele aufführten, sind nur noch sehr wenige – und in der Region ausschließlich die Kißlegger Narrenzunft – übrig geblieben. Ein Blick in die Historie verdeutlicht: Erstmals urkundlich erwähnt ist das Kißlegger Fasnetsspiel im Jahr 1844. Heuer wurde „D‘ Schellebergische Erbschleicher“von Stephan Wiltsche gespielt. Das Stück wurde 2009 uraufgeführt und für dieses Jahr von Ulrike Schleifer ergänzt.
Das Spiel führte zurück ins Jahr 1624, zu den beiden Grafherrschaften, die in den beiden Schlössern lebten – und nicht so recht miteinander konnten. „In Kißlegg hot me immer scho denkt, dass oi Herrschaft ausreichen kennt“, führte Sprecher Markus Veser ins Stück ein. Da ist zum einen die großzügige und spendable Gräfin Maria von Hohenems (Daniela Genal) und zum anderen Graf Hans Christoph von Schellenberg (Daniel Grupp), der sich gerne den Reichtum der kinderlosen Gräfin einverleiben würde. Dafür schickt er auch den Notar Bartholomä Dangel (Bernd Frey) zum Kaiser nach Tirol. Doch Graf Hans macht die Rechnung ohne seine Kontrahentin, die den Notar besticht – und ihre Nichte adoptiert. „Kißlegg erfand so das, was me 400 Johr später Emanze nennt“, hieß es im Spiel. Und ja: Beide Frauen hatten hier die Hosen an.
Neben dem Dux Bembo, 15 Hudelorden in Bronze, neun in Silber und fünf in Gold, gab es den Grundholde-orden in Bronze für Thomas Herrmann, Siggi Maier, Uwe Hausch, Andre Radke, Paul Martin und Stefan Lutz. Den Grundholde-orden in Silber erhielten Angela Hirscher, Erika Mast, Andrea Martin, Elke Keck und Hans-jörg Schuwerk, in Gold Carmen Hengge und Gabi Karrer. Zudem wurde der Schnarragagges-orden in Bronze an Carlo Weiland, Thomas Buff ler, Ute Lutz und Gebhard Schüle verliehen, die Silber-version an Markus Veser.