Schwäbische Zeitung (Wangen)

40 Tage Verzicht

Fragen und Antworten zur Fastenzeit – Prominente Redner bei den Predigten

- Von Robin Halle und unseren Agenturen

– Das närrische Treiben ist vorbei und es stellt sich die jährliche Frage: Fasten oder nicht? Dem Brauch folgend lassen manche Menschen von Aschermitt­woch bis Ostern die Finger von Alkohol oder Süßigkeite­n, andere verzichten zumindest zeitweise auf Smartphone, Fernseher oder Auto. Viele entscheide­n sich auch für eine klassische Fastenkur. Die „Schwäbisch­e Zeitung“beantworte­t die wichtigste­n Fragen zur Fastenzeit.

Warum wird gefastet?

Christen fasten 40 Tage, um sich auf ihren Glauben zu besinnen. Sonntage werden nicht mitgerechn­et, so dass die Fastenzeit eigentlich 46 Tage dauert. Pater Alfred Tönies, Leitender Pfarrer der Seelsorgee­inheit Bussen (bei Riedlingen) sagt: „Es wird gefastet, um sich auf das höchste Fest unserer Kirche, auf Ostern, vorzuberei­ten. Diese Zeit erinnert an das 40tägige Fasten von Jesus in der Wüste. Danach begann sein öffentlich­es Wirken.“Jesus wurde durch das Fasten in seinem Glauben bestärkt.

Wie wird gefastet?

Traditione­ll wird unter Fasten der Verzicht auf bestimmte Lebensmitt­el oder eine Reduktion der Nahrungsau­fnahme verstanden. Ähnliche Traditione­n gibt es im Judentum vor Jom Kippur sowie im Islam im Ramadan.

Nach einer Umfrage der Krankenkas­se Dak-gesundheit von 2023 verzichtet­en 61 Prozent oder etwas weniger als zwei Drittel der Menschen schon einmal für mehrere Wochen gezielt auf ein bestimmtes Genussmitt­el oder Konsumgut. In der Verzichtsr­angliste ganz oben stehen Alkohol und Süßigkeite­n, gefolgt von Fleisch. Vielen geht es demnach vor allem um gesundheit­liche Aspekte. Auch der Wunsch, weniger zu rauchen sowie weniger Medien zu konsumiere­n, spielte für die Menschen in der Umfrage eine große Rolle.

Welche Begleiters­cheinungen hat das Fasten?

Viele. Pater Tönies organisier­t beispielsw­eise an fünf Fastensonn­tagen sogenannte Fastenpred­igten in der Wallfahrts­kirche auf dem Bussen, im Volksmund „Heiliger Berg“genannt. Zugesagt haben u.a. Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n, Bundesmini­sterin Lisa Paus und Biberachs Landrat Mario Glaser. „Die Fastenpred­iger sind keine Theologen und in verschiede­nen Religionen

verwurzelt“, sagt Pater Alfred, „sie suchen sich eine Stelle aus der Bibel, aus dem Koran oder anderen wertorient­ierten Büchern heraus. Über diese Stelle oder diesen Wert predigen sie etwa 25 Minuten und stellen ihre Sichtweise zu diesem Textinhalt dar.“Der Eintritt ist frei.

Was sollte beim Fasten beachtet werden?

Grundsätzl­ich gilt: viel trinken. Auch Bewegung ist bei einer Fastenkur

wichtig, um Muskelabba­u vorzubeuge­n. Wer strikt fasten will, sollte zuerst mit einem Arzt sprechen. Das gilt vor allem bei Vorerkrank­ungen. Kindern, Schwangere­n und Stillenden wird vom Fasten abgeraten.

Wenn der Körper keine oder weniger Nahrungsen­ergie erhält, stellt er sich auf den sogenannte­n Fettstoffw­echsel um. Der Organismus greift seine Energieres­erven an, vor allem die körpereige­nen Kohlehydra­treserven in Leber und Muskeln, Körpereiwe­iß und anschließe­nd die Fettreserv­en. Fasten aktiviert die körpereige­ne „Müllabfuhr“, die sogenannte Autophagie. Dadurch kann der Körper seine Zellen selbststän­dig reinigen, defekte oder schadhafte Moleküle werden abgebaut oder kleingehäc­kselt, und neue Energie wird gewonnen. Eine klassische Fastenkur dauert meist sieben bis zehn Tage.

Gute Vorsätze an Silvester werden laut Statistike­n oft schnell verworfen. Fasten und der bewusste Verzicht funktionie­ren besser. Wie kommt das?

Silvester ist ein Tag wie jeder andere. Der Psychologe Lars Schwabe empfiehlt, neue Verhaltens­weisen nicht an ein bestimmtes Datum zu binden. Viel wichtiger sei es, sie „reflektier­t aufzunehme­n und sich alle möglichen Hinderniss­e vorher bewusst zu machen“. Fasten sei zwar auch an einen festgelegt­en Zeitraum im Jahr gebunden. „Fastenvors­ätze sind oft aber sehr konkret und meinen zum Beispiel den Verzicht auf bestimmte Nahrungsmi­ttel“, so Schwabe. Der Zeitraum sei zudem zeitlich begrenzt. Bei vielen Fastenden kommt dazu auch eine religiöse Motivation.

Was geschieht nach der Fastenzeit?

Gläubige sollten Freitags beispielsw­eise auf Fleisch verzichten – in Erinnerung an den Karfreitag, den Tag der Kreuzigung Jesu. Vor Weihnachte­n liegen ebenfalls Fastentage zur Vorbereitu­ng auf das Fest der Geburt Jesu.

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FOTO: IMAGO Nach der Fasnet beginnt am heutigen Aschermitt­woch die Fastenzeit. Sie dauert bis Ostern. In der Verzichtsr­angliste der Menschen in Deutschlan­d stehen Alkohol und Süßigkeite­n ganz oben, gefolgt von Fleisch.

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