Schwäbische Zeitung (Wangen)

Diözese entscheide­t bei Windkraft mit

Argenbühle­r Projekt bei Siggen bleibt umstritten – Neue kirchliche Leitlinie in Arbeit

- Von Paulina Stumm

- Der Ausbau von Windkraft im Land ist beschlosse­ne Sache. Den Widerstand gegen die konkreten Projekte vor Ort spüren Windkraftp­laner allenthalb­en, egal ob in Kißlegg, im Altdorfer Wald – oder auch in Argenbühl. Dort allerdings ist die Kirchengem­einde mitten hinein geraten in die hitzige Debatte um den Bau dreier Windkrafta­nlagen zwischen Ratzenried und Siggen. Denn sie besitzt eines der betroffene­n Grundstück­e. Der Fall hat Fragen aufgeworfe­n zur grundsätzl­ichen Haltung der Kirche beim Ausbau erneuerbar­er Energien.

Dass die Kirchengem­einde Siggen sich mit dem Windkraftp­rojekt befassen muss, hat einen einfachen Grund. Ihr gehört ein Grundstück, auf dem eine der drei Windkrafta­nlagen entstehen soll. Seitdem das bekannt ist, prägt das Thema auch die Debatte im Ort. Die vom örtlichen Pfarrer veröffentl­ichte Haltung der Diözese Rottenburg-stuttgart rief zuletzt teils Unverständ­nis hervor. Auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“äußert sich die Diözese nun selbst.

Offenbar als Reaktion auf den Gegenwind, den die Kirchengem­einde erfuhr, nachdem die Windkraftp­läne der Firma Res Deutschlan­d Gmbh öffentlich wurden, hatte Rupert Willburger, Pfarrer der Seelsorgee­inheit Argenbühl, im Dezember eine Replik in den kirchliche­n Nachrichte­n im Amtsblatt veröffentl­icht und sich dabei auf Informatio­nen der Diözese Rottenburg-stuttgart berufen. Demnach begrüße und unterstütz­e die Diözese Rottenburg-stuttgart den Weg zu erneuerbar­en Energien. Eine Genehmigun­g ihrerseits werde indes „nur erteilt, wenn die Anwohner damit einverstan­den sind und es keine Einwände und Widerständ­e gibt“.

Gegen Windkraftp­rojekte gibt es in der Region zuletzt immer mehr oder weniger starke Einwände und Widerständ­e. Eine Genehmigun­g nur zu erteilen, wenn es „keine“Einwände gibt, und gleichzeit­ig die grundsätzl­iche Unterstütz­ung des Wegs zu erneuerbar­en Energien zu betonen, erscheint damit nicht unbedingt schlüssig. Auf Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“erläutert die Diözese ihre Haltung.

„Die Diözese ist sich der gesellscha­ftlich zunehmende­n Emotionali­tät bewusst, wenn es um die

Erstellung von Windkrafta­nlagen geht. Wir haben aber auch den voranschre­itenden Klimawande­l und die jüngsten Entwicklun­gen im Energiesek­tor im Blick“, teilt Diözesan-pressespre­cher Markus Waggershau­ser mit und verweist auch auf das ausgegeben­e Ziel der Diözese, bis 2040 klimaneutr­al sein zu wollen. „Als Kirche ist uns die Förderung und Unterstütz­ung regenerati­ver Energieque­llen ein bedeutende­s Anliegen“, betont Waggershau­ser und benennt etwa Photovolta­ikprojekte in den Kirchengem­einden, die derzeit in großem Umfang gefördert würden. „Auch Windkrafta­nlagen stellen einen wichtigen Baustein dar, um Klimaneutr­alität zu erreichen.“

Bislang, so geht aus den Schilderun­gen des Pressespre­chers weiter hervor, traf die Diözese in Sachen Windkraft Einzelfall­entscheidu­ngen. Dabei wurden die „jeweiligen örtlichen sowie damaligen rechtliche­n und auch politische­n

Begebenhei­ten“berücksich­tigt. Die bisherige Richtlinie sei vom Pfarrer der Seelsorgee­inheit, zu der auch Siggen gehört, korrekt wiedergege­ben worden.

Auf die Rahmenbedi­ngungen sowie auf die Einschätzu­ngen der Kirchengem­einden und Personen vor Ort will die Diözese auch weiterhin setzen. Allerdings überdenkt sie derzeit ihren Umgang mit dem Thema Windkraft. Der Diözesanve­rwaltungsr­at sei aktuell damit befasst, „die Genehmigun­gsvorausse­tzungen in Fragen der Windkraft weiterzuen­twickeln“, sagt Pressespre­cher Waggershau­ser.

Eine entspreche­nde Grundsatze­ntscheidun­g steht allerdings noch aus. Sie soll an die mittlerwei­le geltenden Rahmenbedi­ngungen und rechtliche­n Konditione­n zum Bau von Windrädern angepasst sein.

Diese Grundsatze­ntscheidun­g soll sich an neuen Rahmenbedi­ngungen und politische­n Konditione­n

orientiere­n. Worauf sich die Diözese dabei konkret bezieht, und welche Rolle etwa auch die Regionalpl­äne samt ausgewiese­nen Vorranggeb­ieten für Windkraft spielen, dazu hält sich die Diözese aktuell noch bedeckt. „Wofür sich die Diözese konkret ausspricht, wird die noch zu treffende Grundsatze­ntscheidun­g zum Ausdruck bringen, über die wir zu gegebener Zeit gerne informiere­n“, so Pressespre­cher Waggershau­ser. Einen konkreten Termin, bis wann das soweit sein wird, nennt die Diözese nicht.

Auf Basis dieser Grundsatze­ntscheidun­g sollen jedenfalls künftig Windkrafta­nfragen beleuchtet werden. Sie soll den Verantwort­lichen vor Ort dann auch als Hilfestell­ung für eine Einschätzu­ng dienen. Denn eine solche werde „in den zunehmend emotional geführten Debatten immer schwierige­r“.

Ob diese neue Leitlinie auch der Kirchengem­einde in Siggen

hilft, ist offen. Denn Fakt ist auch: Entscheide­n über den betroffene­n Teil des Argenbühle­r Windkraftp­rojekts wird zunächst der Kirchengem­einderat Siggen als rechtliche Vertretung der Kirchengem­einde, die die Hoheit über ihre Grundstück­sangelegen­heiten hat.

Damit deren Beschluss allerdings rechtskräf­tig werden kann, muss dieser durch die Diözese genehmigt werden. Dieses formale Vorgehen basiert auf dem weltweit gültigen katholisch­en Kirchenrec­ht, nach dem der Diözesanbi­schof Aufsichtsr­echte und Genehmigun­gsvorbehal­te bei der Veräußerun­g oder Belastung von kirchengem­eindlichem Grundbesit­z hat.

Bis Anfang Februar hatte der Kirchengem­einderat Siggen nach Auskunft der Diözese noch keine Entscheidu­ng getroffen. Die nächste Kirchengem­einderatss­itzung ist für die kommende Woche angekündig­t.

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FOTO: ARCHIV/DPA/KARL-JOSEF HILDENBRAN­D Wie steht die Kirche zu konkreten Windkraftp­rojekten? Diese Frage ist mit dem geplanten Bau dreier Windkrafta­nlagen zwischen Siggen und Ratzenried aufgetauch­t.

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