Diözese entscheidet bei Windkraft mit
Argenbühler Projekt bei Siggen bleibt umstritten – Neue kirchliche Leitlinie in Arbeit
- Der Ausbau von Windkraft im Land ist beschlossene Sache. Den Widerstand gegen die konkreten Projekte vor Ort spüren Windkraftplaner allenthalben, egal ob in Kißlegg, im Altdorfer Wald – oder auch in Argenbühl. Dort allerdings ist die Kirchengemeinde mitten hinein geraten in die hitzige Debatte um den Bau dreier Windkraftanlagen zwischen Ratzenried und Siggen. Denn sie besitzt eines der betroffenen Grundstücke. Der Fall hat Fragen aufgeworfen zur grundsätzlichen Haltung der Kirche beim Ausbau erneuerbarer Energien.
Dass die Kirchengemeinde Siggen sich mit dem Windkraftprojekt befassen muss, hat einen einfachen Grund. Ihr gehört ein Grundstück, auf dem eine der drei Windkraftanlagen entstehen soll. Seitdem das bekannt ist, prägt das Thema auch die Debatte im Ort. Die vom örtlichen Pfarrer veröffentlichte Haltung der Diözese Rottenburg-stuttgart rief zuletzt teils Unverständnis hervor. Auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“äußert sich die Diözese nun selbst.
Offenbar als Reaktion auf den Gegenwind, den die Kirchengemeinde erfuhr, nachdem die Windkraftpläne der Firma Res Deutschland Gmbh öffentlich wurden, hatte Rupert Willburger, Pfarrer der Seelsorgeeinheit Argenbühl, im Dezember eine Replik in den kirchlichen Nachrichten im Amtsblatt veröffentlicht und sich dabei auf Informationen der Diözese Rottenburg-stuttgart berufen. Demnach begrüße und unterstütze die Diözese Rottenburg-stuttgart den Weg zu erneuerbaren Energien. Eine Genehmigung ihrerseits werde indes „nur erteilt, wenn die Anwohner damit einverstanden sind und es keine Einwände und Widerstände gibt“.
Gegen Windkraftprojekte gibt es in der Region zuletzt immer mehr oder weniger starke Einwände und Widerstände. Eine Genehmigung nur zu erteilen, wenn es „keine“Einwände gibt, und gleichzeitig die grundsätzliche Unterstützung des Wegs zu erneuerbaren Energien zu betonen, erscheint damit nicht unbedingt schlüssig. Auf Nachfrage der „Schwäbischen Zeitung“erläutert die Diözese ihre Haltung.
„Die Diözese ist sich der gesellschaftlich zunehmenden Emotionalität bewusst, wenn es um die
Erstellung von Windkraftanlagen geht. Wir haben aber auch den voranschreitenden Klimawandel und die jüngsten Entwicklungen im Energiesektor im Blick“, teilt Diözesan-pressesprecher Markus Waggershauser mit und verweist auch auf das ausgegebene Ziel der Diözese, bis 2040 klimaneutral sein zu wollen. „Als Kirche ist uns die Förderung und Unterstützung regenerativer Energiequellen ein bedeutendes Anliegen“, betont Waggershauser und benennt etwa Photovoltaikprojekte in den Kirchengemeinden, die derzeit in großem Umfang gefördert würden. „Auch Windkraftanlagen stellen einen wichtigen Baustein dar, um Klimaneutralität zu erreichen.“
Bislang, so geht aus den Schilderungen des Pressesprechers weiter hervor, traf die Diözese in Sachen Windkraft Einzelfallentscheidungen. Dabei wurden die „jeweiligen örtlichen sowie damaligen rechtlichen und auch politischen
Begebenheiten“berücksichtigt. Die bisherige Richtlinie sei vom Pfarrer der Seelsorgeeinheit, zu der auch Siggen gehört, korrekt wiedergegeben worden.
Auf die Rahmenbedingungen sowie auf die Einschätzungen der Kirchengemeinden und Personen vor Ort will die Diözese auch weiterhin setzen. Allerdings überdenkt sie derzeit ihren Umgang mit dem Thema Windkraft. Der Diözesanverwaltungsrat sei aktuell damit befasst, „die Genehmigungsvoraussetzungen in Fragen der Windkraft weiterzuentwickeln“, sagt Pressesprecher Waggershauser.
Eine entsprechende Grundsatzentscheidung steht allerdings noch aus. Sie soll an die mittlerweile geltenden Rahmenbedingungen und rechtlichen Konditionen zum Bau von Windrädern angepasst sein.
Diese Grundsatzentscheidung soll sich an neuen Rahmenbedingungen und politischen Konditionen
orientieren. Worauf sich die Diözese dabei konkret bezieht, und welche Rolle etwa auch die Regionalpläne samt ausgewiesenen Vorranggebieten für Windkraft spielen, dazu hält sich die Diözese aktuell noch bedeckt. „Wofür sich die Diözese konkret ausspricht, wird die noch zu treffende Grundsatzentscheidung zum Ausdruck bringen, über die wir zu gegebener Zeit gerne informieren“, so Pressesprecher Waggershauser. Einen konkreten Termin, bis wann das soweit sein wird, nennt die Diözese nicht.
Auf Basis dieser Grundsatzentscheidung sollen jedenfalls künftig Windkraftanfragen beleuchtet werden. Sie soll den Verantwortlichen vor Ort dann auch als Hilfestellung für eine Einschätzung dienen. Denn eine solche werde „in den zunehmend emotional geführten Debatten immer schwieriger“.
Ob diese neue Leitlinie auch der Kirchengemeinde in Siggen
hilft, ist offen. Denn Fakt ist auch: Entscheiden über den betroffenen Teil des Argenbühler Windkraftprojekts wird zunächst der Kirchengemeinderat Siggen als rechtliche Vertretung der Kirchengemeinde, die die Hoheit über ihre Grundstücksangelegenheiten hat.
Damit deren Beschluss allerdings rechtskräftig werden kann, muss dieser durch die Diözese genehmigt werden. Dieses formale Vorgehen basiert auf dem weltweit gültigen katholischen Kirchenrecht, nach dem der Diözesanbischof Aufsichtsrechte und Genehmigungsvorbehalte bei der Veräußerung oder Belastung von kirchengemeindlichem Grundbesitz hat.
Bis Anfang Februar hatte der Kirchengemeinderat Siggen nach Auskunft der Diözese noch keine Entscheidung getroffen. Die nächste Kirchengemeinderatssitzung ist für die kommende Woche angekündigt.