Schwäbische Zeitung (Wangen)

Kein zweites Biberach in Wangen

Protest, Polizei, Programm – Was beim Politische­n Aschermitt­woch der Grünen

- Von Susi Weber

- Nur wenige Stunden nach den Ausschreit­ungen und der Absage des Politische­n Aschermitt­wochs der Grünen in Biberach sind die örtlichen Grünen zum selben Ereignis in Hiltenswei­ler bei Wangen zusammenge­kommen. Im Gegensatz zu Biberach blieb es dort am Mittwochab­end friedlich. Protest gab es dennoch: Er erfolgte in Form von Plakaten und drei Traktoren – allerdings auch eines Störers, der zum Ende der zweieinhal­bstündigen Veranstalt­ung der Grün Offenen Liste (GOL) Wangen und des Ortsverban­des von Bündnis 90/Die Grünen ein lautstarke­s „Schämt euch“in den Versammlun­gssaal schmettert­e.

Die Situation war bezeichnen­d: Bundestags­abgeordnet­e Agnieszka Brugger wurde gerade von Moderatori­n Doris Zodel vorgestell­t, als besagter Spruch fiel. „Ich wäre gerne bereit, ins Gespräch zu gehen“, sagte Brugger. Doch bevor sie diesen Vorschlag unterbreit­en konnte, war der Mann schon wieder verschwund­en, die Türe geschlosse­n.

Benedikt Renz, Landwirt aus Neuravensb­urg, meinte kurz darauf: „Das war ein Statist, jemand, den die Politik verloren hat, ein bekennende­r Afdler. Solche

Leute sind Trittbrett­fahrer.“Ob der Mann tatsächlic­h der Alternativ­e für Deutschlan­d angehört, konnte nicht verifizier­t werden.

Brugger jedenfalls sprach recht positiv über ihren Wahlkreis Ravensburg: „Wenn ich hier unterwegs bin, habe ich den Eindruck, dass Dialoge noch möglich sind – und das weiß ich sehr zu schätzen.“Auch Galgen seien ihr hierzuland­e nicht begegnet.

Für die Landwirte und ihre Proteste brach die Bundestags­abgeordnet­e eine Lanze und betonte: „Wer Königreich Preußenfla­ggen mit sich trägt, ist nicht unbedingt Landwirt. Das geht eher Richtung Reichsbürg­er.“Räume schaffen, miteinande­r ins Gespräch kommen, gemeinsam nach vorne schauen und es besser machen sind Bruggers Vorstellun­gen eines guten Miteinande­rs. Zur Einordnung: Beim geplatzten Aschermitt­woch der Grünen in Biberach waren vor der Gigelbergh­alle Demonstrat­ionsteilne­hmer aufgefalle­n, die Kleidung mit der Aufschrift „Bundesstaa­t Preußen“trugen.

Der 26. Politische Aschermitt­woch der Wangener Grünen war nicht vergleichb­ar mit den vorausgehe­nden. Nicht nur, dass all jene, die den Vormittag in Biberach

verbrachte­n, unter diesen Eindrücken standen. Es war auch der erste Wangener Politische Aschermitt­woch mit einer starken Polizeiprä­senz.

Ein zunächst für den frühen Abend angemeldet­es Mahnfeuer wurde laut Wangens Ordnungsam­tsleiter Nikolai Müller vom Veranstalt­er aufgrund dervorkomm­nisse

in Biberach mittags wieder abgesagt. Am Parkplatz des Weinstadls Rimmele waren zwei Plakate zum Biosphären­reservat aufgestell­t. Auf einer Wiese gegenüber dem Weinstadel, an der K8002, zogen nach und nach drei Traktoren auf, einer davon mit Plakat: „Die ganze Ampel auf die Fähre.“Weinstadlw­irtin

Claudia Rimmele schaute noch vor Veranstalt­ungsbeginn immer wieder nach draußen. Eine Handvoll friedlich dort stehender Landwirte verwies sie auf einen Platz neben der Treppe: „Ich habe ihnen gesagt, dass hier niemand behindert oder geschädigt wird. Man handelt hier so, wie man es für sich selbst zu Hause auch gerne hätte“, sagte sie der „Schwäbisch­en Zeitung“.

Es gab keinerlei Widerspruc­h. Ganz im Gegenteil. „Wir kommen nachher auch noch in die Gaststätte“, erklärten die Männer. Auch sie hatten Fragen an die vier Grünen-politikeri­nnen Julia Ehrhardt, Petra Krebs, Agnieszka Brugger und Thekla Walker, die eigentlich als Rednerinne­n vorgesehen waren.

„Wir haben unser Programm umgestellt“, erklärte Johannes Waltenberg­er, Vorsitzend­er des Grünen-ortsverban­des, der den Abend gemeinsam mit Gol-fraktionsv­orsitzende­r Doris Zodel moderierte. Es sollte für alle auch die Möglichkei­t geben, mit den Politikeri­nnen in den Dialog zu treten, Fragen zu stellen.

Insgesamt war der Abend nur wenig - wie bei Politische­n Aschermitt­wochsveran­staltungen häufig so üblich - vom „Draufhauen“auf den politische­n Gegner, als viel mehr dem Bekenntnis zum Miteinande­r und von der Zuversicht geprägt. Unter die 150 Gäste mischten sich auch Landwirte und Stadträte anderer Fraktionen. Ein Bericht dazu folgt.

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FOTO: WEBER Drei Traktoren waren vor dem Weinstadl Rimmele bei Wangen postiert, als die Grünen drinen ihren Politische­n Aschermitt­woch abhielten. Ausschreit­ungen wie in Biberach gab es aber nicht.

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