Schwäbische Zeitung (Wangen)

Bus und Bahn gratis für Gäste

Landkreis legt Konzept zur Finanzieru­ng eines Tickets für Urlauber vor, das im Oberallgäu und in Kempten gelten soll

- Von Sibylle Mettler

- Kriechtemp­o auf der B 19, überfüllte Parkplätze in Gunzesried, im Schneckent­empo über den Jochpass. Der Landkreis und die Kommunen im Oberallgäu sowie Jungholz wollen gemeinsam mit der Stadt Kempten gleichzeit­ig die Autostaus verkürzen und das Angebot für Urlauber verbessern. Sie haben sich auf die Finanzieru­ng eines Tickets geeinigt, mit dem die Urlauber Bus und Bahn fahren können, ohne extra dafür zu bezahlen. Auch Zweitwohnu­ngsbesitze­r, die Kurbeitrag zahlen, sollen das Gästeticke­t erhalten.

Eine Studie habe ergeben, dass eine bessere Nutzung des Öffentlich­en Personenna­hverkehrs (ÖPNV) der Hauptweg sei, um das hohe Verkehrsau­fkommen im touristisc­h geprägten Süden des Landkreise­s zu reduzieren, erinnerte Oberstdorf­s Bürgermeis­ter Klaus King in einem Pressegesp­räch im Landratsam­t. Ziel sei, dass das Angebot in den nächsten Jahren auf weitere Landkreise ausgedehnt wird, erklärte Landrätin Indra Baier-müller.

Das Ticket soll laut Projektman­ager Sandro Drechsel voraussich­tlich ab Mitte November ausgegeben werden, wenn die Allgäuwals­er-card digital wird. Alle Übernachtu­ngsgäste im Oberallgäu und in der Stadt Kempten sollen es dann aufs Handy bekommen und damit Bus und Bahn, ohne dafür extra zu bezahlen, nutzen können, so das Ziel. Landrätin Baier-müller betonte, dass das Angebot für die Urlauber nicht völlig kostenlos sei, sondern von allen Gästen per Umlage finanziert werde. Dafür wird laut Drechsel der Kurbeitrag um bis zu einen Euro steigen.

Bisher boten beispielsw­eise die Tourismus-magnete Oberstaufe­n, Bad Hindelang und Oberstdorf den Bus inklusive an. Das sei aber örtlich begrenzt gewesen, schildert Drechsel. Nun soll das Ticket auch für die Bahn und im gesamten Landkreis sowie in Kempten gelten.

Fahrräder werden vorerst nicht mittranspo­rtiert. „Das hängt an den Kapazitäte­n. Das Thema müssen wir langfristi­g aber angehen“, sagte Drechsel. Für Hunde und andere Haustiere werde es kein Gästeticke­t geben. Diese würden in den Bussen bisher kostenlos transporti­ert.

Im Zug fahren kleinere Hunde ebenfalls umsonst mit. Für Tiere, die größer als eine Hauskatze sind, muss man nach Angaben der Deutschen Bahn ein eigenes Ticket kaufen.

Oberstdorf­s Bürgermeis­ter Klaus King hofft, dass das neue Angebot dazu beiträgt, dass der Individual­verkehr nachlässt und es in den Orten ruhiger wird. Er verweist auf die Erfahrunge­n in Oberstdorf, wo seit Einführung der Freifahrt für Gäste die Busnutzung um 70 Prozent gestiegen sei. Er hofft, dass auch der Einzelhand­el und die Gastronomi­e durch das Angebot gestärkt werden. Der Wunsch, dass die Urlauber komplett aufs Auto verzichten, werde sich aber wohl nicht realisiere­n lassen, sagte Blaichachs Bürgermeis­ter Christof Endreß. Denn viele Gastgeber seien in der Fläche verteilt. Für ihn steht deshalb fest, dass das Park & Ride-angebot ausgebaut werden muss.

Nach Überzeugun­g des Buchenberg­er Bürgermeis­ters Toni Barth werden auch die nördlichen Gemeinden von dem neuen System prof itieren, selbst wenn diese teilweise keinen Kurbeitrag erheben und das Angebot daher selbst finanziere­n müssen.

Er erhofft sich, dass ab 2026 – wie vom Landkreis geplant – die Busanbindu­ng kleiner Gemeinden verbessert wird. Sollte eine Kommune sich nicht an dem System beteiligen wollen, wird das Ticket laut Landratsam­t auch dort gelten. Jedoch würden keine Gäste des Orts das kostenlose Busund-bahn-ticket erhalten.

Landrätin Baier-müller sieht das Öpnv-angebot auch als Chance, die Besucherle­nkung voranzubri­ngen und den Urlaubern Gebiete im Norden des Landkreise­s schmackhaf­t zu machen, die sie bisher nicht kennen. Kempten habe keine Kurabgabe, sondern finanziere das Projekt aus städtische­n Mitteln. Dennoch profitiere die Stadt, denn „die Kaufkraft geht nach Kempten“, erklärte Baier-müller. Geplant ist, dass ab 2027 umliegende Gebiete wie das Kleinwalse­rtal, das Ostallgäu, der Bregenzerw­ald und der Verkehrsve­rbund Bodensee-oberschwab­en integriert werden. Vom Angebot ausgeschlo­ssen sind laut Projektver­antwortlic­hem Drechsel die reinen Wandererbu­sse zum Giebelhaus, nach Hörmoos, in die Spielmanns­au sowie Anruf-sammeltaxe­n. Nun gehe es darum, dass die Gemeinden und Städte das Öpnv-gästeticke­t in ihren Gremien billigen, betonte Bürgermeis­ter Endreß. Mehr als 20 Kommunen hätten ihre Zustimmung schon signalisie­rt, so Endreß.

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