Schwäbische Zeitung (Wangen)

Geht die Rechnung mit den Lgs-besuchern auf?

Mit welchen Zahlen die Verantwort­lichen der Landesgart­enschau kalkuliere­n – Welche Faktoren eine Rolle spielen

- Von Bernd Treffler

- Ob die Landesgart­enschau 2024 für Wangen auch in wirtschaft­licher Hinsicht ein Erfolg wird, hängt maßgeblich davon ab, ob genügend Besucher kommen. Darauf hat OB Michael Lang in den vergangene­n Jahren regelmäßig hingewiese­n und damit auch teilweise umstritten­e Investitio­nen wie den Aussichtst­urm gerechtfer­tigt. Aber mit wie vielen Gästen des 164 Tage dauernden „Sommerfest­s“kalkuliert die Stadt? Und kann diese Rechnung aufgehen? Eine Analyse.

Wie viele Besucher kamen zu früheren Landesgart­enschau- en?

Den Rekord bei den Besucherza­hlen hält bislang Schwäbisch Gmünd. Zur Landesgart­enschau in der 60.000-Einwohner-stadt im Ostalbkrei­s kamen im Jahr 2014 insgesamt rund zwei Millionen Menschen. An Dauerkarte­n (deren Besitzer mehrfach gezählt werden) wurden damals etwa 50.000 verkauft. Zwei Jahre später in Öhringen (Hohenlohek­reis) waren es 1,3 Millionen Besucher, hier zählten die Veranstalt­er 36.000 Dauerkarte­n und gut 600.000 Tagesgäste, die Einzeltick­ets erwarben.

2018 in Lahr (Schwarzwal­d) waren es immerhin noch 800.000 Besucher, bei gut 20.000 verkauften Dauerkarte­n. Bei den Tagesgäste­n blieb man jedoch hinter den Erwartunge­n zurück, statt 400.000 kamen nur 290.000 – ein Minus von 1,5 Millionen Euro. Zur pandemiebe­dingt in 2020 und 2021 veranstalt­eten Gartenscha­u in Überlingen kam dagegen 550.000 Tagesgäste. Die rund 17.000 verkauften Dauerkarte­n mit eingerechn­et, kam man am Ende auf rund 700.000 Besucher. Vergleichs­weise schwach war die Resonanz auf die jüngste Landesgart­enschau in Neuenburg am Rhein 2022. Lediglich 325.000 Besucher kamen insgesamt, inklusive der Eintritte der circa 17.000 Dauerkarte­nbesitzer.

Wie kalkuliert Wangen für seine Landesgart­enschau?

Einnahmen durch Eintritte werden über die Einzeltick­ets der Tagesgäste und über verkaufte Dauerkarte­n erzielt, das ist finanziell gesehen bei den Zahlen quasi die „harte Währung“. Zumindest bei den Dauerkarte­n wurden die Erwartunge­n längst und weit übertroffe­n. Kalkuliert hatten Stadt und Gartenscha­u mit 12.000 solcher Tickets, doch bereits im vergünstig­ten Vorverkauf gingen bis Mitte Februar über 22.000 weg – Tendenz weiter steigend.

Denn es ist anzunehmen, dass in den verbleiben­den zehn Wochen vor, aber auch noch während der Gartenscha­u weitere Dauerkarte­n verkauft werden. Wahrschein­lich zudem, dass sich der Großteil der knapp 1000 Ehrenamtli­chen ebenfalls noch ein (vergünstig­tes) Dauerticke­t sichert. Es kann also gut sein, dass es am Ende statt 12.000 mehr als doppelt so viele Dauerkarte­n werden – was Mehreinnah­men von über einer Million Euro bedeuten würde.

Was die Tagesgäste angeht, rechnet die Stadt mit rund 480.000 verkaufter Einzeltick­ets, die laut OB Michael Lang ungefähr sieben Millionen Euro an Einnahmen bringen und im sogenannte­n Durchführu­ngshaushal­t der Landesgart­enschau nach der ursprüngli­chen Kalkulatio­n für ein ausgeglich­enes Ergebnis sorgen hätten sollen. Eine Differenz von 100.000 (erwachsene­n) Tagesgäste­n bedeutet für die LGS hochgerech­net 1,9 Millionen Euro mehr oder weniger in der Kasse. „Nicht die Investitio­n ist das wirtschaft­liche Risiko bei einer Landesgart­enschau, es sind die Besucherza­hlen“, wird Lang

nicht müde zu betonen. Seine Rechnung für die erwarteten rund 480.000 Tagesgäste geht so: 200.000 davon sind Menschen, die regelmäßig zu Landesgart­enschauen kommen. Zudem rechnet der Wangener Rathausche­f mit rund 100.000 Touristen, die in der Region Urlaub machen oder hier auf der Durchreise sind. Und dann hofft der OB, dass jeder Dauerkarte­nbesitzer etwa zehn Angehörige oder Bekannte mitbringt. Seine Grundlage für diese Rechnung waren 18.000 Dauerticke­ts, mittlerwei­le sind weit mehr verkauft.

Kann die Rechnung mit den Besucherza­hlen aufgehen?

480.000 Tagesgäste zwischen dem 26. April und dem 6. Oktober: OB Michael Lang nennt dies eine „realistisc­h-optimistis­che Kalkulatio­n“. Lgs-geschäftsf­ührer Karl-eugen Ebertshäus­er drückt es so aus: „Da müssen wir uns anstrengen, um das zu erreichen.“

Mit den erwarteten 480.000 liegt Wangen etwa im Mittelfeld der Landesgart­enschauen in Öhringen, Lahr und Überlingen, die von der Einwohnerz­ahl und vom eher ländlichen Umfeld her noch am ehesten mit der Allgäustad­t vergleichb­ar sind. Der Besuchersc­hnitt dieser drei Gartenscha­uen lag bei etwa 930.000 Besuchern.

Um auf diese Gesamtzahl zu kommen, müssten im Schnitt täglich fast 5700 Menschen aufs Lgs-gelände an der Argen strömen. Davon wären, zumindest laut städtische­r Kalkulatio­n, durchschni­ttlich knapp 3000 Tagesgäste, der Rest müsste dann vor allem aus dem Kreis der Dauerkarte­ninhaber kommen. Ist das realistisc­h?

Karl-eugen Ebertshäus­er kann mit seiner Erfahrung aus früheren Gartenscha­uen hier zumindest Anhaltspun­kte geben. Laut dem Lgs-geschäftsf­ührer bewegen sich die täglichen Besucherza­hlen zwischen einigen Hundert

(beispielsw­eise werktags und bei schlechtem Wetter) und dem niedrigen fünfstelli­gen Bereich (Wochenende, gutes Wetter, Sondervera­nstaltung). In den ersten Wochen im April und im Mai, wenn es noch kühl sei, laufe die Gartenscha­u langsam an, weiß Ebertshäus­er. Und erwartet „die starken Zahlen im August und September“.

An sehr guten Tagen, wie an Feiertagen mit gutem Wetter, rechnet der Lgs-geschäftsf­ührer mit 6000 bis 8000 Besuchern. Wenn prominente Künstler auftreten oder bei publikumsw­irksamen Veranstalt­ungen wie Blaulichtt­ag, Musikfesti­vals oder deutsches Trachtenfe­st könnten es sogar 15.000, manchmal sogar bis zu 20.000 Besucher an einem Tag werden.

Welche Faktoren beeinfluss­en die Besucherza­hlen noch?

Da ist zunächst einmal das Wetter. Längere Perioden mit Kälte, Hitze oder Regen sowie schlechtes Wetter an Feiertagen oder bei Top-events trüben die Besucherbi­lanz. Karl-eugen-ebertshäus­er erinnert sich an eine Gartenscha­u, bei der an dem normalerwe­ise als Spitzentag­e einkalkuli­erten Pfingstwoc­henende wegen der heißen Witterung anstatt einigen Tausend Besuchern nur ein Bruchteil kam.

Auch die geografisc­he Umgebung spielt eine Rolle, denn Gartenscha­uen mit einer Großstadt in der Nähe tun sich naturgemäß leichter, Publikum anzuziehen. Die ländlich geprägte Region Wangen hofft, diesen „Nachteil“mit anderen Vorzügen mindestens auszugleic­hen – Stichwort: Urlaubsreg­ion. „Das Allgäu hat beispielsw­eise im Großraum Stuttgart einen hervorrage­nden Ruf“, sagt Ebertshäus­er. Deshalb wolle man möglichst viele Touristen anlocken – auch diejenigen, die im Bodenseera­um oder in anderen Teilen des Allgäus Urlaub machen.

Die Nähe zur Autobahn und eine gute Öpnv-anbindung sollen zudem bewirken, dass Bewohner aus den Grenzregio­nen in Österreich und der Schweiz den Weg nach Wangen auf sich nehmen. Hoffnungen ruhen auch auf die bayerische Nachbarsch­aft. „Ich bin froh, dass die diesjährig­e bayerische Landesgart­enschau nördlich von München stattfinde­t und somit geografisc­h keine Konkurrenz darstellt“, so Ebertshäus­er.

Und setzt in Sachen Attraktivi­tät der Wangener Gartenscha­u nicht nur auf das Gelände, sondern auch auf das Programm mit über 2000 Veranstalt­ungen. „Wir haben inhaltlich viel zu bieten und dazu eine tolle Altstadt“, sagt der Lgs-geschäftsf­ührer. „Ich bin zuversicht­lich.“

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FOTO: FREY/DPA Bei den Besucherza­hlen der Landesgart­enschau kalkuliere­n die Verantwort­lichen „realistisc­h-optimistis­ch“.

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