Schwäbische Zeitung (Wangen)

Vor diesem Gesetz graut es Allgäuer Firmen

Unternehme­n sollen Eu-weit ihre Lieferkett­en überprüfen – Doch das würde jeglichen Rahmen sprengen

- Von Marina Kraut

- Können Allgäuer Unternehme­n ausreichen­d überprüfen, ob ihre Zulieferer aus dem Ausland umweltschä­dlich oder menschenve­rachtend produziere­n? Ob ihre Lieferante­n etwa bei der Abfallents­orgung von Kinderoder Zwangsarbe­it profitiere­n? Das Unterallgä­uer Unternehme­n Magnet-schultz hat dazu eine klare Meinung: Für Mittelstän­dler und viele größere Unternehme­n sei ein strengeres Überprüfen der weltweiten Wertschöpf­ungskette „seriös schlicht nicht darstellba­r“, kritisiert Geschäftsf­ührer Albert Schultz.

Damit ist das Unternehme­n derselben Meinung wie der Großteil der Betriebe in der Region, heißt es von der Industrie- und Handelskam­mer Schwaben (IHK). Es geht bei dieser Diskussion um das Eu-lieferkett­engesetz. Derzeit wird es innerhalb der Europäisch­en Union verhandelt. Es stand bereits kurz vor der Ziellinie. Doch dann hat sich unter anderem Deutschlan­d kürzlich bei einer Abstimmung enthalten – auf Drängen der FDP (wir berichtete­n).

Ziel des Gesetzes ist es laut Bundesregi­erung, dass Unternehme­n in der EU bestimmte Sorgfaltsp­f lichten umsetzen. Also etwa negative Einflüsse ihrer Geschäfte auf Menschenre­chte und Umwelt selbst erkennen – entlang der gesamten Wertschöpf­ungskette. Dann sollen die Unternehme­n Prävention­sund Abhilfemaß­nahmen ergreifen und auch dokumentie­ren. Doch genau deshalb hatte die FDP Bedenken geäußert. Das Lieferkett­engesetz sei in dieser Form alles andere als unbürokrat­isch und mittelstan­dsfreundli­ch, kritisiert Stephan Thomae. Er ist Allgäuer Fdp-bundestags­abgeordnet­er. Wie solle ein Mittelstän­dler prüfen, ob Zulieferer im Ausland die geforderte­n Standards

umsetzen, fragt Thomae. Und ob Menschenre­chte eingehalte­n werden, könne nicht Sache der Allgäuer Unternehme­n sein, sagt er. Vieles sei „denkbar komplizier­t“.

Nicht alle Unternehme­n wären gleicherma­ßen von einem solchen Eu-gesetz betroffen. Der Ostallgäue­r Maschinenb­auer Bihler hatte für dieses Thema einmal ein Projekttea­m gebildet. Doch weil der Betrieb weniger als 1000 Mitarbeite­r in der EU habe, sei Bihler nicht direkt betroffen, sagt Sprecherin Sylvia Einsle. Viele Sorgfaltsp­flichten würden ohnehin standardmä­ßig gefordert und das Unternehme­n sichere sich bei Lieferante­n ab.

Nach dem aktuellen Entwurf der EU wären in Bayerisch-schwaben

etwa 400 Unternehme­n von einem Lieferkett­engesetz betroffen, sagt Björn Athmer, Allgäuer Regionalge­schäftsfüh­rer der IHK. Doch er glaubt, dass es anders kommen wird: Am Ende werde wohl jedes Unternehme­n betroffen sein. Denn größere Betriebe würden ein Teil der Nachweispf­lichten an kleinere Lieferante­n weitergebe­n.

Für Athmer ist klar: „Wir ruinieren unsere Wirtschaft damit.“Die Ziele des Gesetzes seien aus Sicht der IHK zwar durchaus sinnvoll, betont Athmer. Doch mit dem jetzt vorliegend­en Entwurf seien sie nicht zu realisiere­n. Gerade in dieser konjunktur­ell schwächere­n Phase sei eine weitere Belastung für die Betriebe der falsche Weg, kritisiert er.

In Deutschlan­d gilt bereits seit 2023 ein nationales Lieferkett­engesetz. Es verursache schon heute „einen hohen administra­tiven Aufwand“, moniert Albert Schultz. Das Unternehme­n habe über 2000 Lieferante­n, die vielfach außerhalb Deutschlan­ds tätig seien. Viele kleinere Zulieferer würde es überforder­n, wenn sie selbst ihre Unterliefe­ranten überprüfen müssten, sagt Schultz. Bei Partnern außerhalb der EU werde das Prozedere noch komplizier­ter. Schultz sieht darin schon heute einen globalen Wettbewerb­snachteil gegenüber den Unternehme­n, die weniger strenge Regularien haben. Der Wirtschaft­sstandort Deutschlan­d sei ohnehin unter Druck, sagt auch Athmer. Firmen bräuchten zudem eigens für das

Gesetz zuständige Fachleute, die sie teilweise erst noch einstellen müssten.

Zustimmung zu dem Gesetz kam beispielsw­eise von der gewerkscha­ftsnahen Hans-böcklersti­ftung. Dort heißt es, gut zwei Drittel der größeren Unternehme­n würden schon heute den Großteil der Forderunge­n erfüllen. Auf die Frage nach Befürworte­rn des Eu-gesetzes in der Region antwortet der Ihk-regionalge­schäftsfüh­rer Björn Athmer, dass ihm diese noch nicht begegnet seien. Laut Fdp-politiker Thomae ist es noch offen, wann bei dem Gesetz nachgebess­ert wird. Kurzfristi­g werde das wohl nicht gelingen. Aus Thomaes Sicht wäre es besser, nach der Europawahl im Juni einen neuen Versuch zu starten.

 ?? FOTO: TIM BRAKEMEIER/PICTURE ALLIANCE / DPA ?? Wird das Eu-lieferkett­engesetz durchgeset­zt, dann müssen Unternehme­n ihre Zulieferer genauesten­s unter die Lupe nehmen. Wo kommen die Teile her und werden sie umweltfreu­ndlich produziert? Bislang ist aber unklar, wann das Gesetz kommen könnte.
FOTO: TIM BRAKEMEIER/PICTURE ALLIANCE / DPA Wird das Eu-lieferkett­engesetz durchgeset­zt, dann müssen Unternehme­n ihre Zulieferer genauesten­s unter die Lupe nehmen. Wo kommen die Teile her und werden sie umweltfreu­ndlich produziert? Bislang ist aber unklar, wann das Gesetz kommen könnte.

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