Stadt plant weitere Flüchtlingsunterkunft
Was sich bei der Unterbringung der Menschen tut – Und wie es bei der Integration voran geht
- Die Stadt und der Landkreis Ravensburg wappnen sich für die Ankunft weiterer Geflüchteter in Wangen. Ein bereits bekannter Standort wird um eine weitere Unterkunft erweitert, mehrere provisorische sollen in einen dauerhaften Zustand überführt werden und ein neuer Standort dürfte bald hinzukommen. Aber auch in Sachen Integration tut sich abseits der Öffentlichkeit jede Menge. Ein Überblick.
Wo sind welche Flüchtlingsunterkünfte (neu) geplant?
Bekannt waren bereits die Pläne am Wertstoffhof. Nachdem dort im vergangenen Jahr ein neuer Container bezogen wurde, soll unter Regie des Kreises im Bereich der Grünmüllsammelstelle bald ein weiterer entstehen. Die Sammelstelle wird deshalb zunächst verkleinert, berichtete OB Michael Lang am Montagabend dem Verwaltungsausschuss. Diese – wie auch der gesamte Wertstoffhof – soll aber im kommenden Jahr in die Nähe des neuen Standorts der Stadtgärtnerei südlich des Erba-areals umziehen. Am Südring wird es überdies eine weitere Unterkunft hochgezogen – und zwar zwischen Bauhof und Feuerwache.
Bislang nicht bekannt war, dass auch im ehemaligen Zollgebäude in der Lindauer Straße Hilfe suchende Menschen vorläufig leben werden. Der Bund als Immobilienbesitzer habe der Stadt das zwischen dem Finanzamt und der AOK gelegene und aktuell leer stehende Haus zur Miete angeboten, so Lang. Nach einem von Berlin unterstützten Umbau könnte es bereits im Sommer bezogen werden und Platz für rund 30 Menschen bieten. Der Standort kommt der Verwaltung sehr gelegen: Angesichts der Lage seien die Wege für dort unterkommende Menschen kurz.
Seit Mitte des vergangenen Jahrzehnts stehen bereits drei Containerunterkünfte an der Zeppelinstraße. Sie könnten auf Sicht verschwinden und durch insgesamt vier auf Dauer angeleg
te Wohngebäude ersetzt werden. Die Pläne werden nach Angaben des Rathauschefs derzeit mit dem Landkreis entwickelt. „Wir gehen davon aus, dass wir den Standort dauerhaft brauchen“, sagte Michael Lang zur Begründung.
Wie viele Geflüchtete leben derzeit in Wangen und woher kommen sie?
Stand Januar sind 727 Menschen in der Stadt, die unter diesen Status fallen, mit 240 bilden Ukrainer unter ihnen die größte Gruppe. Nach den Türken sind sie überdies die zweitgrößte, nimmt man alle 4113 in Wangen lebende Ausländer zum Maßstab. Seit Mitte vergangenen Jahres sind aber auch wieder zahlreiche Geflüchtete aus Syrien und Afghanistan angekommen. Perspektivisch erwartet das Team um die Integrationsbeauftragte Anita Mutvar aber auch Menschen aus der Türkei und Tunesien in merklicher Zahl.
Wo leben die geflüchteten Menschen in der Stadt?
Derzeit betreibt die Stadt für sie und Obdachlose insgesamt sieben Gemeinschaftsunterkünfte in der Kernstadt sowie in Karsee, in denen unterm Strich 221 Geflüchtete wohnen. Obdach für aktuell 209 Personen bietet aber auch der Landkreis, der nach der Ankunft der Menschen zunächst dafür zuständig ist. Alle weiteren leben in privatem Wohnraum.
Wie werden die Menschen in die Stadt integriert?
Oberstes Ziel der fünf Integrationsmanager um Anita Mutvar ist die Unterbringung in privatem Wohnraum, danach folgen die Vermittlung der deutschen Sprache und Arbeitsstellen, wie im Ausschuss deutlich wurde. Bei Familien mit Kindern stehen zudem Bildung und Schule im Fokus.
Mutvar selbst stellt die Arbeit des Teams unter die Überschrift
„Teilhabe“, also die Integration in alle sozialen und gesellschaftlichen Lebensbereiche. Sie weiß, dass dies eine oft viel Geduld fordernde Aufgabe ist, ist aber überzeugt von ihrem Tun: „Wenn man den Menschen Chancen gibt, geschehen wundervolle Dinge.“
Welche Erfolge gibt es bei der Integration?
Auf der Habenseite steht unter anderem die inzwischen hohe Anzahl von Menschen, die nicht mehr auf die Gemeinschaftsunterkünfte angewiesen sind. Alle Kinder sind zudem an Schulen und Kindergärten angebunden und die Motivation Geflüchteter, möglichst schnell selbstständig leben zu können, sei hoch, wie dem Bericht der Verwaltung zu entnehmen ist.
Wo hakt’s? Welche Probleme gibt es?
Neben der hohen Anzahl zu betreuender Menschen sind mangelnde Bildung und auch Analphabetismus große Probleme. Hinzu kommen Alkohol- und Drogenkonsum, vor allem in allein Männern vorbehaltenen Unterkünften. Es fehlt teils aber auch an nötiger Infrastruktur. So mangelt es an Ärzten aller Fachrichtungen, Sprachkursen und Internationalen Vorbereitungsklassen. Überdies werden dringend Alltagshelfer benötigt: „Ohne Ehrenamtliche kommen wir einfach nicht zurecht“, konstatierte Manfred Haner vom Team der Integrationsmanager im Ausschuss.
Wie ist es um die Kriminalität unter Geflüchteten bestellt?
Klar ist: Es gibt sie. Das ist allein immer wiederkehrenden Presseberichten der Polizei zu entnehmen. Im Vergleich zu Großstädten oder anderen Regionen des Landes ist die Lage in Wangen aber „ruhig“– darin waren sich Verwaltungsvertreter und Stadträte einig. Ein Grund dafür ist offenbar die in Wangen bestehende Verzahnung von Ordnungs- und Sozialamt inklusive der Ausländerbehörde. Leiter Nicolai Müller dazu: „Manche Themen kochen gar nicht so hoch, weil sie nicht aufkommen.“
Auch achte man darauf, Menschen verschiedener, sich nicht verstehender Ethnien möglichst nicht gemeinsam unterzubringen. Dass es dennoch immer wieder zu Spannungen kommt, kann OB Michael Lang nachvollziehen – gerade wegen der Enge in Mehrbettzimmern von Menschen, „die sich gegenseitig nicht ausgesucht haben“.
Wie viele Geflüchtete haben Arbeit?
Zahlen dazu liegen der Stadt nicht vor. Anita Mutvar schätzt aber, dass 40 Prozent dieser Menschen einen Arbeitsplatz haben – darunter auch Minijobs, aber vergleichsweise wenige Frauen. OB Michael Lang hat beobachtet: „Überall in den Betrieben sind Menschen mit Fluchtgeschichte.“Seit den Jahren 2015/16 gebe es in Wangen kaum noch einen Arbeitgeber, der keine Flüchtlinge eingestellt habe. Das gelte auch für die Stadt selbst.