Wie die Ermittlungsarbeit beim Toten in der Argen weitergeht
Fünf Monate nach dem Leichenfund am Wangener Wehr bleibt die Identität des Mannes ungeklärt – Was kann die Polizei noch tun?
- Gut fünf Monate ist es schon her, dass ein Toter in der Oberen Argen hinter der Wangener Wehranlage gefunden wurde. Aber noch immer gibt es keine verwertbaren Hinweise zur Identität des Mannes. Wie läuft die Ermittlungsarbeit der Polizei weiter? Und wird der mysteriöse Fall irgendwann zu den Akten gelegt? Ein Überblick zum Stand der Dinge.
Was ist seit dem Leichenfund passiert?
Am 18. September 2023, einem Montag, entdeckten Passanten gegen 17.30 Uhr etwa 30 Meter hinter dem Wangener Argenwehr eine mitten im Fluss an der Wasseroberfläche treibende Leiche. Nach der Obduktion schloss die zuständige Kriminalpolizei Ravensburg Fremdverschulden oder „Gewalteinwirkung durch Dritte“aus und beschrieb den Mann zuletzt so: 1,80 Meter groß, normale Statur, 35 bis 45 Jahre alt, kurzes, rötlichblondes Naturhaar, braune Augen, Oberkiefer mit fehlenden Zähnen, bekleidet mit schwarzer Jeans, darunter grün/orange Badehose mit Blüten/palmenmuster, brauner Ledergürtel mit silberner Metallschnalle, grau-grünes Tshirt Größe L, schwarze Socken. Trotz mehrfacher Zeugenaufrufe über die Medien, der Suche in Vermisstenkarteien sowie der Veröffentlichung
eines Porträts mit dem rekonstruierten Gesicht des Toten gab es bislang keine Hinweise, die zur Identität des Mannes führten. Auch bei den Ermittlungen zu den Todesumständen blieben bis heute große Fortschritte aus. Schon länger geht die Polizei davon aus, dass der Mann bereits mehrere Tage tot im Wasser lag und dass er nicht an der Stelle starb, an der er gefunden wurde. Sie hält es zudem für möglich, dass die Leiche trotz des vergleichsweise niedrigen Wasserstands das Wehr über einen Nebenzufluss passiert haben könnte. Zudem nimmt die Kripo an, dass der Tote „mutmaßlich innerhalb des Stadtgebiets Wangen in die Argen gelangt sein muss“.
Wie identifiziert die Polizei unbekannte Leichen?
Zunächst: Dass die Identität von gefundenen Leichen nicht aufgeklärt werden kann, ist sehr selten. Im Bereich des Polizeipräsidiums Ravensburg, das für die Landkreise Sigmaringen, Bodensee und Ravensburg zuständig ist, kam dieser Fall in den vergangenen 40 Jahren nur zehnmal vor, wie Polizeisprecherin Daniela Baier bestätigt. Im benachbarten bayerischen Gebiet des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/west gab es in den letzten zehn Jahren sogar keinen einzigen „unbekannten Toten“, heißt es von dort.
Dabei hat die Polizei diverse Methoden, um eine unbekannte
Leiche zu identifizieren: Grundsätzlich den Abgleich mit Datenbanken, beispielsweise eine Computeranalyse zum Gesichtsvergleich. Auch Fingerabdrücke oder Dna-proben können auf diese Weise abgeglichen werden – freilich immer nur mit Personen, die bereits polizeilich bekannt und „erkennungsdienstlich behandelt“wurden. Besondere Körpermerkmale wie Narben oder Tätowierungen können ebenfalls Hinweise geben, so wie die fehlenden Zähne im Oberkiefer des Wangener Toten. Alles auch „Ermittlungsansätze, die unsererseits durchgeführt wurden“, so die Ravensburger Polizeisprecherin auf Nachfrage. Dazu kämen noch „proaktiv Befragungen“.
Wie geht es bei den Ermittlungen jetzt weiter?
„Sämtliche, in diesem Fall mögliche – auch internationale – Datenbanken wurden mit den Identifizierungsmerkmalen des Verstorbenen bedient und werden weiter regelmäßig abgeglichen“, sagt die Polizeisprecherin. Dieser Abgleich, beispielsweise des Dnamusters, läuft laut Polizei nun automatisiert. Sollte sich in Zukunft ein „Treffer“hinsichtlich des Unbekannten ergeben, werde man informiert. Ein ständiger Austausch mit den Behörden, beispielsweise mit dem Ausländeramt, sei gewährleistet.
„Aktiv wird jedoch nicht mehr weiter ermittelt“, so Daniela Baier weiter. Die Akte im Wangener Fall lande so bis auf Weiteres im Schrank und im digitalen Archiv. „Wir fahren hier zur Sicherheit noch zweigleisig.“Erst, wenn es neue Hinweise oder eine Vermisstenanzeige gebe, würden die Ermittlungen aufgenommen, die Akte hervorgeholt, beziehungsweise die Datei wieder geöffnet.
Endgültig geschlossen wie bei einem sogenannten „Cold Case“werde der Fall des unbekannten Wangener Toten jedenfalls vorerst nicht. „Cold Case“-fälle sind laut Polizei ohnehin nur ungelöste Fälle, bei denen der Verdacht auf Mord oder Totschlag besteht. Bei der Leiche am Argenwehr wurde eine Fremdeinwirkung jedoch ausgeschlossen.