Schwäbische Zeitung (Wangen)

Wenn ein Er mit einem „Sie“beim Schafkopf siegt

Derzeit ist Hochsaison des Schafkopfe­ns – Beobachtun­gen bei einem Turnier in Amtzell

- Von Ingrid Kraft-bounin

- Während sich in den Straßen Amtzells schon nächtliche Stille ausbreitet­e, brannte im Reichlin-meldegg-saal unter dem Dach des Schlosses noch Licht, dort herrschte Hochbetrie­b: Über 100 Männer und Frauen aus der näheren und ferneren Umgebung hatten sich jüngst an einem Freitag an 27 Tischen zum 36. Turnier der Amtzeller Schafkopff­reunde eingefunde­n.

Sie alle eint die Liebe zum Schafkopfe­n, einem traditions­reichen Kartenspie­l mit Trümpfen wie Ober, Unter und Sau. Seit November und noch bis Ostern ist Hochsaison für die passionier­ten Kartenklop­fer. An den Vierertisc­hen kommt es dann nicht nur auf ein gutes Blatt mit den Farben Eichel, Gras, Herz und Schellen an, sondern auch auf eine geschickte Strategie beim Stechen oder beim Solospiel.

„Es kann schon mal sein, dass ich pro Saison bei 100 Turnieren dabei bin“, erzählt etwa Marlies Weinhart aus Kempten. An manchen Wochenende­n spielt sie bei drei Turnieren mit. Dafür nimmt sie auch weitere Strecken wie die nach Amtzell auf sich. Vielleicht aus einem besonderen Grund: „Im Württember­gischen sind die Leute viel freundlich­er als bei uns.“

Sie ist eine von 17 Frauen, die in Amtzell an den Start gingen. „Uns Frauen hat man früher noch oft belächelt“, schmunzelt die erfolgreic­he Schaf kopfspiele­rin – und unterschät­zt. „Manch männlicher Spieler war dann überrascht, wie gut die Dame am Tisch ihre Trümpfe auszuspiel­en wusste“, fügt Franz Utz aus Bad Wurzach hinzu. Die beiden kennen sich von Turnieren, beide spielen seit gut 40 Jahren Schafkopf. Immer wieder auch sehr erfolgreic­h mit Gewinnen von bis zu 1000 Euro.

Überhaupt sitzt viel Erfahrung mit dem Schafkopfe­n an den Tischen des Amtzeller Turniers. In der Mehrzahl nach wie vor Männer mittleren Alters. Und mit mehr Freude an der Geselligke­it und am Kennenlern­en von immer wieder neuen Spielerinn­en und Spielern als am Gewinn.

Das ändert freilich nichts am Ehrgeiz, wenn’s losgeht. Mit Wucht knallen sie dann ihre Karten auf den Tisch, streichen ihre Stiche ein oder werfen bei wenig Kartenglüc­k ihre Karten schulterzu­ckend auf den Haufen. „Ich spiele lieber mit Fremden“, meint Marlies Weinhart verschmitz­t, „die kennen meine Stärken und vor allem Schwächen nicht“.

In Amtzell erhielt der Sieger bei einer Startgebüh­r von zehn Euro genau 160 Euro Preisgeld. Und die gingen dieses Mal an einen Einheimisc­hen, an Robert Zettler von den Schafkopff­reunden Amtzell. Ihm war das Glück besonders hold.

Zum ersten Mal in der 36-jährigen Geschichte des Amtzeller Turniers hielt Zettler plötzlich einen „Sie“– alle wesentlich­en Trümpfe – auf der Hand. Ein absoluter Glücksfall im Schafkopf, auf den die Kartenspie­l-freunde von Amtzell schon lange gewartet haben. Mit der „Sie“gelingt ein Super-solospiel, bei dem ein Spieler alle vier Ober und Unter hält. „Das ist einzigarti­g“, jubelte Turnierorg­anisator Richard Trinks, „und das auch noch für

einen Amtzeller.“Trinks organisier­t jedes Jahr einen solchen Kartenaben­d – inzwischen per Whats-app-gruppe mit 300 Kontakten.

Der zweite Platz ging an diesem Abend an Erich Schädler aus Leutkirch, der dritte an Kurt Sohler aus Hergatz.

Nach dem Turnier war unter dem alt-ehrwürdige­n Gebälk des Amtzeller Schlosses jedoch noch lange nicht Schluss. Die Hartgesott­enen blieben bis zum Morgengrau­en mit ihren kleinen Döschen oder Lederbeute­ln, in denen sie Münzgeld für den Einsatz bei weiteren Spielen mitgebrach­t hatten.

Und Marlies Weinhart zog es bereits am Samstag zum nächsten Turnier in Beuren bei Isny.

Dort gewann übrigens wieder Robert Zettler, der bei den Turnieren auch ein wenig für die Deutsche Meistersch­aft trainiert. Sie findet vom 22. bis 24. März im bayerische­n Rosenheim statt. „Ein vorderer Platz sollte da schon drin sein.“

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FOTO: KBO Vereinzelt spielen auch Frauen beim Turnier in Amtzell mit. Mit 17 Teilnehmer­innen unter 108 sind sie allerdings in der Minderheit.

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