Schwäbische Zeitung (Wangen)

Tuchel-aus zum Saisonende

Bayern München kündigt vorzeitig den Vertrag – Alonso als Wunschkand­idat für die neue Spielzeit

- Von Patrick Strasser

- Es ist vorbei. Aus Thomas Tuchel, der nach den jüngsten drei Pleiten in neun Tagen nur noch ein angeschlag­ener Trainer auf Abruf war, ist nun ein Trainer auf Zeit geworden. Am Mittwochvo­rmittag verkündete der FC Bayern München, dass man sich trotz des Vertrages bis Sommer 2025 am Saisonende vorzeitig trennt. Wie der Vorstandsv­orsitzende Jan-christian Dreesen mitteilte, sei es das Ziel des Klubs, „mit der Saison 2024/25 eine sportliche Neuausrich­tung mit einem neuen Trainer vorzunehme­n.“

Doch was für ein Signal geht vom laut Dreesen „offenen, guten Gespräch“aus, bei dem man mit Tuchel zum Entschluss gekommen ist, „unsere Zusammenar­beit zum Sommer einvernehm­lich zu beenden“? Nimmt dieser Schritt der Mannschaft nun die Verkrampfu­ng, ja das „Verkopfte“im Spiel wie es Thomas Müller nannte? Kann man sich trotz der sportliche­n Misere und der atmosphäri­schen Störungen (zuletzt in Bochum zwischen Tuchels Cotrainer Zsolt Löw und Joshua Kimmich) für rund drei Monate zusammenre­ißen? Oder wird aus Tuchel, der in der Pressemitt­eilung

kurz und knapp versprach, er werde mit seinem Trainertea­m „selbstvers­tändlich weiter alles für den maximalen Erfolg geben“, eine „lame duck“, ein Entscheide­r, dessen Einf luss und Autorität schwindet?

Tanzen die Spieler ihrem scheidende­n Trainer nun (endgültig) auf der Nase herum, weil er bald ohnehin weg ist? Die Bosse wollen und werden genau hinsehen. „Jeder Einzelne im Klub“, sei laut Dreesen „ausdrückli­ch gefordert, um in der Champions League und in der Bundesliga das maximal Mögliche zu erreichen. Hierbei nehme ich auch explizit die Mannschaft in die Pf licht.“Weitere Fragen und Antworten zur Tuchel-entscheidu­ng:

Warum musste es so kommen?

Mit seiner direkten, offenen und (zu?) ehrlichen Art kam Tuchel nicht bei allem im Klub an. Zu seinem Arbeitgebe­r und den Fans baute er keinerlei Nähe auf, blieb distanzier­t wie ein Projektlei­ter, der mit seinem Stab von Job zu Job zieht. Der 50-Jährige pochte auf einen totalen Umbruch im Kader, vor allem in Bezug auf die Führungssp­ieler, drängte auf kostspieli­ge Wunschspie­ler wie Joao Palhinha – und scheiterte.

War der Zeitpunkt richtig? Nach elf Pleiten in 44 Pf lichtspiel­en schien die Trennung im Sommer alternativ­los. Die Operation „reiner Tisch“könnte – beidseitig – befreiende Wirkung haben. Nach dem 2:3 in Bochum, Pleite Nummer

vier in 2024, noch dazu bei einem Abstiegska­ndidaten, wirkte Tuchel verwunderl­ich aufgeräumt. Argumentie­rte milde, rein analytisch, ohne Groll und Wut. Womöglich hatte er da schon tief in sich hineingeho­rcht.

Nun kann er ohne jeglichen Planungsba­llast (Kader, Transfers, Sommervorb­ereitung) in die letzten Spiele gehen.

Wen wollen die Bosse als Nachfolger?

Der absolute Wunschkand­idat ist Xabi Alonso, der aktuell Bayer Leverkusen zum ersten Meistertit­el der Vereinsges­chichte (womöglich zum Double) coacht. Doch auch der FC Liverpool ist auf Trainersuc­he, braucht einen Nachfolger für Jürgen Klopp. Wem gibt Alonso, der für beide Vereine spielte, sein Jawort? Vielleicht bleibt er gar am Rhein.

Plan B ist Sebastian Hoeneß, der den VFB Stuttgart wachgeküss­t und vom Relegation­steilnehme­r zum Champions-league-aspiranten gemacht hat. Er hätte ebenso Mia-san-mia-charakter, dazu als Neffe von Ehrenpräsi­dent Uli Hoeneß familiären Hintergrun­d. Internatio­nale Kandidaten wie Zinedine Zidane, Jose Mourinho und Antonio Conte wären raus, wenn man weiter auf deutschspr­achige Trainer besteht. Da Dreesen von einer „Neuausrich­tung“sprach, kommt eine Interimslö­sung mit dem ehemaligen Erfolgscoa­ch Hansi Flick wahrschein­lich nicht mehr in Betracht.

 ?? FOTO: INA FASSBENDER/AFP ?? Der FC Bayern zieht die Reißleine. Trainer Thomas Tuchel muss im Sommer gehen – nach dann nicht einmal anderthalb Jahren. Die Bayern hatten die letzten drei Pflichtspi­ele verloren. Der Vorstandsv­orsitzende Jan-christian Dreesen forderte in einer Pressemitt­eilung: „Jeder Einzelne im Club ist ausdrückli­ch gefordert, um in der Champions League und in der Bundesliga das maximal Mögliche zu erreichen. Hierbei nehme ich auch explizit die Mannschaft in die Pflicht.“
FOTO: INA FASSBENDER/AFP Der FC Bayern zieht die Reißleine. Trainer Thomas Tuchel muss im Sommer gehen – nach dann nicht einmal anderthalb Jahren. Die Bayern hatten die letzten drei Pflichtspi­ele verloren. Der Vorstandsv­orsitzende Jan-christian Dreesen forderte in einer Pressemitt­eilung: „Jeder Einzelne im Club ist ausdrückli­ch gefordert, um in der Champions League und in der Bundesliga das maximal Mögliche zu erreichen. Hierbei nehme ich auch explizit die Mannschaft in die Pflicht.“

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