Naturschützer kritisiert Windkraft-gegner
Walter Hudler empfiehlt Initiativen, ehrlich in ihrer Argumentation zu bleiben und wählt dabei deutliche Worte
- Überall in der Region, wo Windräder geplant sind, regt sich Widerstand. Als Argument führen die Windkraftgegner auch den Naturschutz an. Das ärgert Walter Hudler. Das Kuratoriumsmitglied der Stiftung Wilde Argen und Mitglied der Bund-gruppe Kißlegg-argenbühl wirft den Kritikern von Windkraftanlagen vor, in erster Linie ihre eigenen Interessen zu verfolgen und so den Naturschutz an sich zu diskreditieren. In dieser Deutlichkeit ist das neu.
Ob im Altdorfer Wald, in der Wurzacher Gegend, auf dem Beurener Berg, nahe Kißlegg oder, wie zuletzt, zwischen Ratzenried und Siggen: Der Widerstand gegen die geplanten Windkraftanlagen (WKA) in diesen, vom Regionalverband favorisierten Gebieten formiert sich. Es gibt bereits Bürgerinitiativen (BI), mancherorts schon Vereine. Einen solchen will auch die Argenbühler BI gegen Windkraft gründen. Er soll, wie bei der Veranstaltung Mitte Januar im Ratzenrieder Josefshaus angekündigt, „Pro Natur“heißen.
Es sind auch solche Titel, die Walter Hudler bewogen haben, nun in die Offensive zu gehen. Denn der Naturschützer aus dem Weiler Oberrot, seit vielen Jahren aktiv in der Stiftung Wilde Argen und dem Bund-ortsverband Kißlegg-argenbühl, hat zunehmend ein Problem damit, wenn seiner Meinung nach ein Großteil der Menschen, die nun gegen den Bau von Windkraftanlagen hier mobil machen, den Naturschutz vorschiebt.
Wie „Pilze aus dem Boden nach einem warmen Herbstregen“explodiere die Anzahl von örtlichen Bürgerinitiativen, welche sich gegen die Errichtung von Windkraftanlagen stellen, stellt Hudler fest. Und: „Was mir auffällt, ist, dass viele der über Nacht zu Naturschützern mutierten Gegner der WKA die letzten Jahre nirgends bei nicht minder wichtigen Themen des Naturschutzes zu sehen waren oder sich durch Spenden dafür engagiert hatten.“Beispielsweise beim Flächenverbrauch durch Gewerbeansiedlungen oder bei Pestiziden, die beide im Zusammenhang mit dem Artensterben stünden.
Für den Naturschützer ist es deshalb „besonders ein Ärgernis, wenn die BIS in ihrem Namen mit ,Natur’ sich selbst titulieren“: „Ehrlicher wäre hier das Eigeninteresse
der Bi-mitglieder, sich auf ihre Interessen zu beziehen“, so Hudler weiter. Und sieht in der Vorgehensweise der Bürgerinitiativen sogar „einen Missbrauch des Bezugs auf die Natur, der den Naturschutz diskreditiert“. Windkraftgegner würden nun aufbegehren, scheinbar im Namen des Naturschutzes, und „meinen doch meist nur die Windkraftanlage vor ihrer eigenen Tür“.
Für Walter Hudler muss ein wahrer Naturschützer, der oft persönlichen Angriffen ausgesetzt sei, „glaubhaft und authentisch in seiner eigenen Motivation und seinem Handeln sein“. Das fange schon im Kleinen an, sei es bei Flugreisen, der Wahl des Stromanbieters oder bei der Thuja-hecke im Garten, die für die
Tierwelt nutzlos sei: „Das Bewusstsein für Natur- und Artenschutz ist bei vielen nicht vorhanden.“
Der Ausbau der Windkraft, und hier sieht sich Hudler im Einklang mit der generellen Linie des Bunds für Naturschutz Deutschland (BUND), sei ein wichtiger Bestandteil der erneuerbaren Energien und trage dazu bei, die Folgen des Klimawandels einzudämmen. „Wenn der Klimawandel erst richtig zuschlägt, bedeutet das auch, dass die Natur und Artenvielfalt, die Grundlage unseres Lebens, leiden und kaputtgehen“, sagt Walter Hudler. Deshalb seien erneuerbare Energien nicht nur notwendig, sondern in gewisser Weise selbst Naturschutz.
Was nicht heiße, dass man bei Windrädern nicht immer auch den Einzelfall betrachten müsse. „Bei Windkraftanlagen kommt es entscheidend auf den konkreten Standort an, Abstände zu Wohnhäusern und ökologische Situation, ob man ja oder nein sagt“, so Hudler. Und führt als Beispiel die bei Kißlegg geplanten Windkraftanlagen an. Hier würden die Naturschutzverbände einen Windrad-standort „besonders kritisch“sehen, man habe den Verantwortlichen deshalb Alternativen vorgeschlagen. Das gleiche Phänomen wie beim Widerstand gegen Windkraft sieht Hudler übrigens auch bei den Photovoltaik-freif lächenanlagen. Auch dort habe der Naturschutz als Contra-argument keine relevante Basis. „Wenn Pv-freif lächenanlagen entsprechend gestaltet sind, können sie ökologisch sogar einen Mehrwert darstellen.“Zur Erinnerung: Als entsprechende Pläne von ENBW und Bürgerenergiegenossenschaft Wangen (BEG) für eine Anlage rechts und links der Autobahn nahe Humbrechts bekannt wurden, hatte sich schnell einer Initiative von Anwohnern zusammengefunden – und dabei auch Aspekte des Naturschutzes geltend gemacht.
Dass viele Gegner von Windkraft oder Solarparks seine deutliche Kritik persönlich nehmen könnten, ist Walter Hudler bewusst: „Ich gehe davon aus, dass ich mir dadurch nicht nur Freunde schaffe und dass viele dies als Angriff auf ihre Anliegen verstehen, manche vielleicht sogar brüskiert sind“, sagt er. Dennoch empfiehlt er den Windkraft-gegnern: „Kämpfen Sie für Ihre Interessen, aber bleiben Sie dabei auch ehrlich in der Argumentation, warum Sie dies tun.“