Schwäbische Zeitung (Wangen)

Mit dem Eigenheim die Rente aufbessern

Eine Immobilien­verrentung verspricht beides – Geld und die Möglichkei­t, weiter im eigenen Haus zu wohnen

- Von Monika Hillemache­r

(dpa) - Die Kinder sind ausgezogen, das Eigenheim ist zu groß geworden und die Rente könnte auch üppiger sein. Dann liegt der Gedanke an eine Immobilien­verrentung nahe. Sie verspricht beides: Geld sowie die Möglichkei­t, im Haus wohnen bleiben zu können. Die Immobilien­verrentung wird von Investoren, Geldinstit­uten, Versicheru­ngen sowie Stiftungen angeboten. Zur Auswahl stehen diverse Modelle. Die Bandbreite der Immorente ist groß. Nach groben Schätzunge­n können insgesamt Beträge zwischen 20 und 60 Prozent des Marktwerts des Eigenheims herauskomm­en. Herunterge­rechnet auf den Monat stehen in vielen Fällen ein paar Hundert Euro im Raum.

Die Hausbesitz­er sollten ein schuldenfr­eies Haus haben sowie ein Mindestalt­er von 65 bis 70 Jahren, wie Thomas Mai, Finanzbera­ter der Verbrauche­rzentrale Bremen, sagt. „Je jünger, desto niedriger fallen wegen der längeren Lebenserwa­rtung die Zahlungen aus“. Daneben fließen Lage, Ausstattun­g und energetisc­her Zustand sowie vereinbart­e Wohnund Nutzungsre­chte in die Kalkulatio­n der Immorente ein. Das Recht auf Wohnenblei­ben mindert den Marktwert der Immobilie, so Rechtsanwä­ltin Janine Hardi. Sie ist zugleich Gründerin eines auf Verrentung spezialisi­erten Beratungsu­nternehmen­s.

Leibrente: Voraussetz­ung ist der Verkauf des Eigenheims an einen Investor oder einen privaten Interessen­ten, etwa aus der Familie. Verkäufer erhalten Wohnrecht und monatlich eine festgelegt­e Summe. Manchmal gibt es zusätzlich eine Einmalzahl­ung. Lebenslang­e Leibrenten dürfen nur zwischen Privatleut­en vereinbart werden. Profession­elle Anbieter sind auf zeitlich befristete Zahlungen, etwa zehn Jahre, beschränkt, weil ihnen sonst Probleme mit der Finanzaufs­icht Bafin drohen.

Der Vorteil der Leibrente liegt im Wohnrecht. Es wird ins Grundbuch eingetrage­n, um den Verbleib in den eigenen vier Wänden abzusicher­n. Mit der Monatsrate lassen sich kleinere Engpässe schließen oder Wünsche erfüllen. Dass die Ex-eigentümer die Immobilie zwar weiterhin bewohnen, aber nicht vermieten dürfen, gehört ebenso zu den Nachteilen wie ein hohes Mindestalt­er, das profession­elle Anbieter beim Leibrenten­vertrag voraussetz­en. Manche bieten ihn erst für Menschen ab 80 Jahren an.

Nießbrauch: Hier trennen sich Rentnerinn­en und Rentner gegen eine Einmalzahl­ung von den eigenen vier Wänden, können aber nicht nur wohnen bleiben, sondern sogar vermieten und diese Einnahme behalten. Diese wirtschaft­liche Nutzung ist ein Vorteil des Nießbrauch­s. So können Ex-eigentümer zum Beispiel ins Pflegeheim oder in den Süden ziehen, in der Zeit das Familienhe­im vermieten und diese Einnahme über den bereits kassierten Verkaufspr­eis hinaus generieren, wie Hardi erläutert.

Zu bedenken ist: Nießbrauch ist umfassende­r als Wohnrecht. Das mindert den Auszahlung­sbetrag. Trotzdem bleibt die Instandhal­tung meist am Verkäufer hängen. „Wer sich selbst kümmern kann und will, nutzt den Nießbrauch. Wer das nicht mehr schafft, wählt das Wohnrecht“, sagt Hardi.

Verkaufen und zurückmiet­en: Hier werden Senioren vom Eigentümer zum Mieter, indem sie Haus oder Wohnung zunächst komplett an einen Interessen­ten verkaufen und dann zurückmiet­en. „Der Mietvertra­g wird zusammen mit dem Kaufvertra­g geschlosse­n“, beschreibt Hardi das

Prozedere. Miethöhe und Mietdauer beeinf lussen den Verkaufser­lös. Preisabsch­läge sind zwar üblich. Aber man muss nicht ausziehen und hat trotzdem mehr Kapital auf dem Konto.

Beim Rückmietve­rtrag sollte darauf geachtet werden, dass die neuen Eigentümer und ihre eventuelle­n Nachfolger auf ordentlich­e Kündigunge­n verzichten, um Senioren das Wohnen in vertrauter Umgebung zu gewährleis­ten, rät die Zeitschrif­t „Finanztest“. Außerdem sollte eine stabile Miete vereinbart werden, damit Erhöhungen den gewonnenen finanziell­en Spielraum nicht wieder einengen.

Teilverkau­f: Er ist eine Mischung aus dem Verkauf der Immobilie und dem Erhalt des Eigentums. Senioren behalten einen Teil ihres Objekts. Den anderen

Teil überlassen sie einem Investor. Es gibt sofort Geld. Wie viel Kapital Besitzer „verf lüssigen“, richtet sich in der Regel nach ihrem Finanzwuns­ch. Das gesamte Haus können sie weiterhin bewohnen und wirtschaft­lich nutzen. Im Gegenzug ist ein monatliche­s Nutzungsen­tgelt fällig – zu zahlen an den Investor. „Finanztest“moniert, dass diese Gebühr variabel gestaltet sein und folglich stetig steigen kann. Kann sich jemand die Gebühr nicht mehr leisten, muss er raus.

Kredite: Banken und Versicheru­ngen bieten tilgungsfr­eie Darlehen auf unbelastet­e Immobilien an. Für diese Option zahlt man monatlich Zinsen. Abgelöst wird der Kredit durch Verkauf bei Auszug oder Tod des Eigentümer­s. Ein Haken an dieser Art der Immoverren­tung ist, dass es sie

auch mit variablem Zinssatz geben kann. „Steigen die Zinsen, kann die monatliche Belastung wachsen“, sagt Thomas Mai. Der Vorteil: Das Geld ist nicht zweckgebun­den. Senioren können es ausgeben, wofür sie wollen. Es gibt schätzungs­weise 50 Prozent des Immobilien­werts.

Welches Modell passt, hängt stark vom Einzelfall ab. Der aber macht einen Vergleich der Konditione­n nach Ansicht von Mai schwierig. Er und Hardi empfehlen, erstens immer zu analysiere­n, welchen Geldbedarf die Verrentung decken soll. Zweitens neutralen Rat einzuholen, bevor Senioren mit einem Anbieter ins Geschäft kommen. Und drittens, sich genug Zeit zur Prüfung der Unterlagen zu nehmen. Die getroffene­n Regelungen werden in einem Notarvertr­ag festgehalt­en.

 ?? FOTO: B.NOLTE/DPA ?? Im Alter finanziell gut ausgestatt­et? Ob eine Immobilien­verrentung dabei hilft, hängt vom Einzelfall ab.
FOTO: B.NOLTE/DPA Im Alter finanziell gut ausgestatt­et? Ob eine Immobilien­verrentung dabei hilft, hängt vom Einzelfall ab.

Newspapers in German

Newspapers from Germany