Das haben kleine Läden den Bioketten voraus
Inhaber von Bioläden im Kreis sehen Filialen mit Bioprodukten nicht grundsätzlich als Konkurrenz
- Wer bio einkaufen möchte, muss längst nicht mehr in ein Fachgeschäft. Produkte mit entsprechenden Labels füllen inzwischen die Regale von großen Supermärkten. Aber auch Biomarktketten wie Denn’s oder Alnatura machen inhabergeführten Läden Konkurrenz.
Dass sich Letztere trotzdem halten können, beweisen drei etablierte Geschäfte im Kreis Ravensburg. Ihre Inhaber erklären, wie sie das schaffen und welchen Bio-siegeln man trauen kann.
Drei Wochen nachdem Ozan Önder im Jahr 2012 seinen Viktualienmarkt am Goetheplatz in Ravensburg mit einer vergrößerten Ladenfläche wieder eröffnet hatte, machte nur 800 Meter weiter eine Filiale der Biomarktkette Denn’s auf. „Da waren wir natürlich ein bisschen besorgt, weil wir gerade investiert hatten“, erinnert sich Önder.
Funktioniert habe es trotzdem, mit Höhen und Tiefen. „Einen Bioladen macht man nicht mit der Intention auf, Millionär zu werden“, betont Önder. „Man will was Gutes tun und davon leben können.“
Seine Kunden würden den persönlichen Service und das Sortiment an Biomarken mit hohen Ökostandards schätzen. Preislich könne er ebenfalls mithalten. „Auch wir haben Angebote“, sagt Önder. Zuletzt kauften jedoch viele seiner Kunden nur noch das Nötigste, um zu sparen, wie sie ihm mitteilten. Diese Flaute sei nun überstanden.
Kunden des Naturkostgeschäfts Kräutle in der Ravensburger Innenstadt, das Anfang des Jahres geschlossen wurde, seien zu ihm gewechselt. Aber auch generell wachse die Kaufbereitschaft wieder. „Das stimmt uns positiv für die Zukunft“, sagt der Geschäftsmann.
Mit Erhan Arslan wurde zwar ein Nachfolger für das Kräutle gefunden. Er änderte aber sowohl den Namen als auch das Konzept. Das Geschäft mit exakt demselben Angebot weiterzuführen, hätte für ihn keinen Gewinn abgeworfen, wie Arslan zum Zeitpunkt der Übernahme sagte. Er habe auch konventionell hergestellte Produkte
ins Sortiment genommen, „um auch Bürgern gerecht zu werden, die etwas preisgünstiger einkaufen wollen“.
Olav Kessler vom Wangener Biomarkt berichtet von einem stagnierenden Umsatz trotz weniger Kunden. „Man merkt, die Kunden, die hier einkaufen, können sich das leisten“, erklärt er. In diesem Jahr feiert Kessler das 20-jährige Bestehen seines Ladens. Dass die Niederlassung eines neuen Biomarktes nicht automatisch Konkurrenz bedeute, habe sich vergangenes Jahr in Wangen gezeigt, betont Kessler. In der Klosterbergstraße wurde ein neuer Biomarkt nach nur einem halben Jahr wieder geschlossen. Wegen zu wenig Umsätzen, wie der Insolvenzverwalter Anfang des Jahres mitteilte. Das Kuriose: Das Ladenschild sah dem
der Denn’s Biomarktkette zum Verwechseln ähnlich. Gebracht hat es am Ende trotzdem nichts. „Die Wangener unterstützen nicht alles“, sagt Kessler. In seiner Stadt habe sich nicht mal die beliebte Fast-food-kette Subway gehalten.
In Weingarten stand Ende 2023 ein etabliertes Naturkostgeschäft kurz vor dem Aus – allerdings nicht wegen zu geringer Umsätze, sondern weil die langjährige Inhaberin den Laden übergeben wollte. Schließlich übernahm Stephan Melzer die „Kornblume“.
Mit Blick auf das Sortiment in seinem Geschäft sagt er: „Hier hat man die Auswahl an Produkten, die sicherlich in den ganz großen Geschäften nicht zu finden sind.“Wie schon seine Vorgängerin Doris Groß bietet er ökologische Haushaltsprodukte und Naturkosmetik, die nach strengen ökologischen Vorgaben produziert wurden und zum Teil auch aus der Region kommen.
In Supermarktketten gäbe es häufig nur Produkte mit dem Eu-siegel. Dieses Siegel orientiert sich zwar an den geregelten
Mindeststandards der Europäischen Union (EU). Es gibt aber Siegel, die nach deutlich strengeren Richtlinien vergeben werden wie Demeter oder Naturland, betont Melzer.
Der 41-Jährige sagt: „Das ist bei sehr vielen bewusst einkaufenden Menschen bekannt.“Sie würden deshalb Produkte mit strengeren Siegeln bevorzugen und in Naturkostläden einkaufen. „Ich bin kein Kritiker von anderen Konzepten, sondern ich versuche hervorzuheben, was die Stärke von unserem Laden ist.“
Das Eubio-siegel ist nach Angaben der Europäischen Kommission auf Produkten zulässig, die zu mindestens 95 Prozent aus Biozutaten bestehen. Für die restlichen fünf Prozent gelten aber auch Vorgaben. Zudem darf derselbe Inhaltsstoff nicht „gleichzeitig als Biozutat und Nicht-biozutat vorhanden sein“, wie es auf der Internetseite der Europäischen Kommission heißt. Übrigens: Wer mit der Aufschrift „Bio“wirbt, muss die Vorgaben der EU erfüllen. Fehlt auf dem Produkt das Eu-biosiegel, kann es sich um Etikettenschwindel handeln.
„Man kennt sich. Das ist die Stärke eines kleinen Ladens“, sagt Melzer. Er ist überzeugt, dass Orte der Begegnung auch in Zukunft gewünscht werden. Schon jetzt gebe es beispielsweise Büchereien, in denen man auch einen Kaffee trinken kann, oder Kulturorte, in denen auch Produkte angeboten werden. „Das in Summe sorgt dafür, dass die Stammkunden weiter kommen werden.“
„Ich bin kein Kritiker von anderen Konzepten, sondern ich versuche hervorzuheben, was die Stärke von unserem Laden ist.“
Stephan Melzer,„kornblume“Weingarten
„Die Wangener unterstützen nicht alles.“
Olav Kessler, Wangener Biomarkt
„Man kennt sich. Das ist die Stärke eines kleinen Ladens.“Stephan Melzer