Schwäbische Zeitung (Wangen)

„Energiegew­innung steht vor dem Naturschut­z“

- Herbert Kleiner, Argenbühl

Zu „Naturschüt­zer kritisiert Windkraftg­egner“(SZ, 24. Februar): Anstatt das Gemeinsame zu betonen, spaltet Walter Hudler wieder einmal mit grünem, dogmatisch­en Blick von oben. Dabei heißt die Bund-gruppe „Kißlegg-argenbühl", doch hier wird die Kißlegger Sichtweise deutlich. Ein Problem von Anfang an war die Gründung des Bundes für „Naturschut­z“und „Umwelt“und hat für viel Trennendes gesorgt. Die Energiepol­itik ist das beste Beispiel.

Es ist ja nicht so, dass die Wasserkraf­t prinzipiel­l positiv ist. Sie hat trennende und aufstauend­e Anlagen. Bei den Biogasanla­gen redet heute niemand mehr von „Lebensmitt­elverstrom­ung“und über die technische Wiesen- und Landnutzun­g. Bei den Pv-anlagen tritt der Verlust von landwirtsc­haftlichen Flächen in den Hintergrun­d. Bei der Nutzung der Windkraft sollen Nachteile für die Naturlands­chaft, das Naturbedür­fnis, den Naherholun­gsraum und den Tourismus in Kauf genommen werden.

Lauter Eingriffe und Verluste für eine warme Stube, ein E-auto und viel It-luxus und Bequemlich­keit. Kann Deutschlan­d mit seiner Energiestr­ategie die weltweite Klimaverän­derung aufhalten? Hat man den Borkenkäfe­r oder das Ulmen- und Eschetrieb­sterben im Griff ? Der Verlust von Arten in Flora und Fauna geht überall und weltweit weiter.

Ein gewichtige­r Grund, gegen die Windkrafta­nlagen im Wald bei Siggen um den Neuweiher herum zu sein ist, dass dieser Bereich im Regionalpl­an Bodensee-oberschwab­en 1996 als „Schutzbedü­rftiger Bereich für Naturschut­z und Landschaft­spflege“dargestell­t sowie das Waldgebiet als wertvolles Entwicklun­gsgebiet im Landschaft­splan von Argenbühl schon 1994 zu finden ist. Alles vergessen? Das scheint die Bund-gruppe Kißlegg-argenbühl nicht zu interessie­ren. Die plötzlich aufgewacht­en Naturschüt­zer von Ratzenried und Siggen werden diskrediti­ert. Die Folgen sieht Walter Hudler nicht, sondern für ihn steht wie für die Grünen die Energiegew­innung im Vordergrun­d. Naturschut­z ist somit für ihn zweitrangi­g. Nach dem Ausstieg aus der Atompoliti­k und dem geplanten Abschied von fossiler Energiegew­innung soll es zu einer Umsteuerun­g in Richtung Abhängigke­it vom Strom kommen. Diese Situation hatten wir schon vor ca. 100 Jahren, als in Berlin Postautos mit Batterien fuhren. Und haben wir nicht erlebt, wie E-loks im Winter nicht mehr vorankamen? Die Verstädter­ung, die Abhängigke­it vom Supermarkt und die vom Verkehrsne­tz bleibt ebenfalls ausgeblend­et.

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