„Bei Gesprächen in der Pubertät nicht nur motzen“
Tipps für Eltern von Elterncoach Susanne Hübschle von der Mentorstiftung
- Die Ankündigung klingt nach „Survival“, nach hartem Kampf im Dschungel: „Überlebenstipps für Eltern mit Teenies.“Unter dieser Überschrift fand jetzt ein Workshop für Erziehende an der Gemeinschaftsschule Wangen statt. Dabei gab es praxisnahe Hinweise, wie es gelingen kann, mit seinen pubertierenden Kindern in Verbindung und gutem Gespräch zu bleiben. Die „Schwäbische Zeitung“hat mit der Referentin des Workshops, Susanne Hübschle (Foto: Hansen) von der Mentorstiftung mit Sitz auf der Insel Mainau, über die Pubertät gesprochen und wie Eltern damit umgehen können. Die Fragen stellte Ingrid Kraft-bounin.
Was ist eigentlich die Pubertät?
Das ist eine Phase im Prozess des Erwachsenwerdens, in der sich Jugendliche allmählich vom Elternhaus ablösen. Da geht es um ihren Weg in die Eigenständigkeit. Und schließlich passiert natürlich auch im Körper der jungen Menschen viel Neues, das sie verarbeiten müssen. Das ist für alle Beteiligten hart. Damit Eltern verstehen, was in dieser Phase in ihren Kindern vor sich geht, gebe ich in den Workshops sehr viele Informationen über die Pubertät an sich. Ich möchte verständlich machen, was da in und mit den Jugendlichen passiert und ermuntere Eltern, das Verhalten ihrer Kinder in der Pubertät nicht zu persönlich zu nehmen.
Welche Themen stehen denn für Jugendliche heutzutage in der Pubertät an?
Da sind zunächst die körperlichen Veränderungen, das Erwachen der Sexualität. Dann der große Bereich des Dazugehören-wollens. Nicht nur zur Peergroup, also dem eigenen Freundeskreis, sondern auch zu den Erwachsenen ganz allgemein. Wir können ihnen nicht mehr wie Kindern begegnen, sondern müssen mehr und mehr auf der Erwachsenenebene mit ihnen kommunizieren. Außerdem kommt in dieser Zeit die Suche nach einem Sinn im Leben hinzu. Und nicht zu vergessen, die gängigen Themen wie Social Media, Onlinespiele oder Drogen.
Was raten Sie Eltern mit pubertierenden Kindern?
Zunächst empfehle ich Eltern sich mit anderen Eltern auszutauschen, um zu erkennen: „Aha, das Verhalten meines Kindes in dieser Phase ist normal“. Das heißt gleichwohl nicht, dass man sich jedes Verhalten gefallen lassen muss. Im Gegenteil. Ich rate zu klaren Ansagen und Regeln - basierend auf einer Grundhaltung, die da heißt: „Du bist gut, so wie Du bist und ich lieb Dich genau so.“Jugendliche sind gerade, was die körperliche Veränderung angeht, sehr verunsichert. Da müssen sie sich erst wieder neu zurechtfinden. Und ich rate, bei Gesprächen nicht nur zu motzen, sondern eher die eigenen Sorgen auszudrücken. Denn überlegen Sie selbst: Suchen Sie den Kontakt, wenn Sie bei Gesprächen immer nur kritisiert werden? Aber genau dieses In-kontakt-bleiben ist sehr wichtig.
Wie kann das gelingen?
Vereinbaren Sie zum Beispiel mindestens drei gemeinsame Mahlzeiten in der Woche oder – vor allem für Jungs kann das besser sein – gemeinsame Aktivitäten, bei denen nebenher geredet werden kann. Und zwar darüber, was beim Sohn gerade los ist, was ihn beschäftigt, was Ihnen auffällt. Zwingen Sie Ihren Sohn besser nicht an den Tisch zum Reden. Das funktioniert eher bei Mädchen.
Was Online-aktivitäten angeht, da rate ich zu einem zeitlichen Limit und bestehen Sie auf gemeinsamen Familienaktivitäten und sportlichen oder Outdoor-aktivitäten
des Kindes. Bezüglich der Drogen, an die heutzutage jede und jeder problemlos rankommt, würde ich es zunächst mit Informationen darüber versuchen, was alles mit Drogen passieren kann. Bestärken Sie Jugendliche darin, „Nein“zu sagen. Und wenn das alles nichts nützt, holen Sie sich sehr schnell Hilfe bei der Drogenberatung.
Welchen allgemeinen Rat halten Sie für Eltern bereit?
Kommen Sie raus aus dem Pubertätsdrama und rein in den Gedanken, die Zeit der Pubertät als eine wichtige Phase der Persönlichkeitsentwicklung zu sehen. Sowohl für Ihr Kind als auch für Sie selbst besteht dabei die Chance, sich weiterzuentwickeln. Ihr Kind fordert Sie heraus, sich klar zu positionieren, Sie müssen Führungskompetenz entwickeln und gleichzeitig zeigen: „Du bist mir wichtig.“So kann Ihr Kind erkennen: „Aha, da bin ich bei Dir dran“. Es weiß, wo’s lang geht. Susanne Hübschle ist selbst Erzieherin und ausgebildeter Elterncoach. Sie betreut für die Mentorstiftung die Elternberatung, u.a. in Form von Workshops. Am 5.3.2024 findet mit ihr um 19 Uhr 30 ein Online-vortrag zum Thema „Pubertät – wie Jungs sie erleben“statt, zu dem man sich noch kostenlos anmelden kann: vortrag@mentorstiftung.de