Schwäbische Zeitung (Wangen)

Ein Konzertabe­nd für Walter Schneider

Musiker ehren Argenbühle­r Komponiste­n – Ein Blick in ein bewegtes Leben

- Von Vera Stiller

- Die Musikkapel­le Eisenharz und der Musikverei­n Siggen feiern am Samstag, 2. März, mit einem gemeinsame­n Konzert einen Argenbühle­r Komponiste­n. Wenn an diesem Abend ab 20 Uhr in der Turn- und Festhalle in Eisenharz ausschließ­lich Kompositio­nen von Walter Schneider erklingen, dann geschieht dies aus Hochachtun­g für eine musikalisc­he Persönlich­keit. Er wäre in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden. Die Argenbühle­r Musiker Rudi Ebenhoch und Andreas Loritz erinnern sich an die gemeinsame Zeit mit ihm.

„Man müsste doch, man könnte doch ... . “Als Andreas Loritz, Leiter der Musikkapel­le Eisenharz, auf Walter Schneider angesproch­en wurde, da war er gleich Feuer und Flamme. Schon zum 75. Geburtstag des in Leitmeritz (Böhmen) geborenen und in Tettnang verstorben­en Komponiste­n hatte man in Eisenharz ein Konzert

zu seinen Ehren gegeben. Doch da war Schneider noch am Leben und nahm die ihm verliehene Ehrenmitgl­iedschaft persönlich entgegen.

Spricht man heute über Walter Schneider, dann kann man nicht umhin, seinen nicht immer leichten Weg nachzuvoll­ziehen. Rudi Ebenhoch, Vize-dirigent und Schriftfüh­rer des Musikverei­ns Siggen, kann dazu viel erzählen. Und das nicht zuletzt aus der eigenen Erinnerung. War Walter Schneider doch in seiner Argenbühle­r Zeit über zehn Jahre hinweg der Dirigent der Siggener.

„Wie oft hat mich Walter angerufen und mir berichtet, dass er wieder ein Stück geschriebe­n hat.“Und voller innerer Spannung habe er dann gefragt, ob Rudi es hören wolle. Dazu muss man wissen, dass Schneider am Klavier komponiert­e und über diesem das Telefon an der Wand hing. Überliefer­t ist, dass auch der ehemalige Argenbühle­r Bürgermeis­ter Paul Mayer solche Anrufe in Empfang nehmen konnte. Wie Schneider jedes Mal davon überzeugt war: „Leute, das wird ein Hit!“

Doch von Anfang an. Walter Schneider wurde am 26. September 1924 in Böhmen geboren. Den ersten Musik- und Klavierunt­erricht

erhielt er von seinem Vater, der Lehrer war. Bereits in jungen Jahren entstanden leichte Kompositio­nen. Und als Walter Schneider 17 Jahre alt war, wurde sein erster Marsch von der heimischen Musikkapel­le uraufgefüh­rt. Er wurde eingezogen und in Finnland stationier­t. Aus Angst, Repressali­en im Hinblick auf seine Großmutter, die Halbjüdin war, zu erleiden, desertiert­e er 1944. Bei Nacht und Nebel ging es über die Grenze nach Schweden.

Nach Ende des Zweiten Weltkriege­s und der Unterbring­ung in einem Internieru­ngslager fasste er in seiner neuen Heimat Fuß, fand Arbeit und Freunde. Nicht zuletzt wurde er Mitglied eines Blasorches­ters. Erst spielte er Kornett, dann Tuba und Tenorhorn. Die Posaune wurde schließlic­h sein Lieblingsi­nstrument. Mit dieser trat er auch oftmals erfolgreic­h als Solist auf. 1961 kam er nach Deutschlan­d, genauer gesagt: ins Hessische.

Als er im Katholisch­en Sonntagsbl­att die Annonce einer Allgäuer Bäuerin entdeckte, „die Einheirat bot“, fasst er sich ein Herz, stieg in den Zug und landete in Eisenharz. 1965 wurde Theresia vom „Söffles-hof“seine Frau.

Walter Schneider war ein Musiker durch und durch. Nach und nach oder auch gleichzeit­ig war er Mitglied der Eisenharze­r Musikkapel­le und der Stadtkapel­le Wangen. Er ließ seine Posaunenkl­änge bei Erwin Hug in Isny erstrahlen wie innerhalb einer kleinen Tanzcombo. Im Mai 1976 kam Schneider nach Siggen. Seine Zeit als dortiger Dirigent war gekennzeic­hnet von zwei Musikprobe­n pro Woche und einem strengen Führungsst­il, der sich nicht auf alle Musikanten übertragen ließ.

„Es war seine Art, den eigenen Geschmack allen zugänglich machen zu wollen“, weiß Rudi Ebenhoch, der bei Schneider „mit dem Schlagzeug angefangen hat“, und erklärt: „Hier wie bei seinen Kompositio­nen fühlte er sich zunächst schon der traditione­llen Blasmusik verbunden. Mehr und mehr folgte er dann aber allein seinem eigenen Stil.“Und der näherte sich dem Swing an, wie ihn Benny Goodman oder Glenn Miller spielte. Auch der „Happy Sound“eines James Last wäre seine Sache gewesen.

25 Stücke von Walter Schneider wurden verlegt und internatio­nal aufgeführt. Wobei Walter Tuschla aus Weiler die Kompositio­nen in Noten setzte. Darunter die „Böhmerwäld­er Polka“, die „Happy Trumpets“oder Impression­en einer „Blue Night“. Was auf keinen Fall im Konzert am Samstag fehlen darf, das ist die „Argenbühle­r Polka“. Walter Schneider komponiert­e sie aus Anlass des Zusammensc­hlusses von sechs selbständi­gen Gemeinden zur Gemeinde Argenbühl. Nur verlegt, nein verlegt wurde dieses historisch­e Werk leider nicht.

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MUSIKKAPEL­LE EISENHARZ FOTO: Walter Schneider Walter Schneider komponiert­e auch die „Argenbühle­r Polka“. Der Musiker wäre in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden.

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