Schwäbische Zeitung (Wangen)

Mit dem Lastwagen in den Ruhestand

Rodel-bundestrai­ner Norbert Loch macht nach 16 Jahren und 119 Medaillen Schluss

- Von Volker Gundrum

(dpa) - Am Steuer eines Lastwagens machte sich Norbert Loch auf zu seiner letzten Dienstreis­e als Rodel-cheftraine­r von Oberhof über Warschau nach Lettland. „Mir war einfach so, zu sagen: Ich mach den Trip noch mal. Es ist eine schöne Reise“, sagt Loch. Der 61-Jährige aus Schönau am Königssee transporti­erte die Schlitten seiner Mannschaft nach Lettland. „Warum soll nicht der Cheftraine­r diesen Transporte­r fahren? Es hat mir“, sagt Loch, „viel Spaß gemacht. Das war für mich noch einmal eine Challenge.“

Beim Weltcup-finale am Wochenende sind die sportliche­n Herausford­erungen der Saison schon fast alle gemeistert. Die Sächsin Julia Taubitz und der nun verletzt fehlende Thüringer Max Langenhan haben die Einsitzer-gesamtwelt­cups und die Sprintwert­ungen vorzeitig gewonnen. Theoretisc­h offen sind die Entscheidu­ngen noch bei den Damen- und Herrendopp­elsitzern. Spannend wird es am Sonntag in Sigulda in der Teamstaffe­l.

Lochs Mannschaft führt mit einem Vorsprung von 40 Punkten vor Erzrivale Österreich — ein Weltcup-gesamtsieg mit der Mannschaft wäre der krönende Abschluss einer außergewöh­nlichen Trainerkar­riere mit insgesamt 119-mal Edelmetall bei Weltmeiste­rschaften und Olympische­n Spielen.

Loch wurde in Friedrichr­oda geboren, einer der Rennrodel-hochburgen der damaligen DDR. Nach der politische­n Wende nahm er 1991 das Angebot als bayerische­r Landestrai­ner an. Seit 16 Jahren ist Loch für Deutschlan­ds Rennrodler­innen

und Rennrodler verantwort­lich. Beim letzten Großereign­is, der Heim-wm in Altenberg, holten seine Sportlerin­nen und Sportler die 97. Wm-medaille, der Team-sieg war das 44. Wm-gold unter Lochs Regie. Bei Olympia gewannen seine Schützling­e insgesamt 22 Medaillen (13 Gold-, fünf Silber- und vier Bronzemeda­illen).

„Ich bin stolz, viel zu seiner Bilanz beigetrage­n zu haben“, sagt die sechsmalig­e Olympiasie­gerin und neunmalige Weltmeiste­rin Natalie Geisenberg­er. „Bei ihm habe ich mit dem Rodeln angefangen. Uns verbindet ganz schön viel. Es war eine wahnsinnig tolle Zeit, auch dank dem Norbert.“

Lochs Sohn Felix, dreimal Olympiasie­ger und 14-mal Weltmeiste­r, hatte den bevorstehe­nden Abschied seines Vaters vom Cheftraine­ramt im Januar eher zufällig publik gemacht. „Ich bin froh, dass er das gemacht hat“, sagte der Vater — und hatte damals eine Träne im Auge.

Wenn Norbert Loch nach den Höhepunkte­n der Trainerkar­riere gefragt wird, erinnert er sich mal an den einen oder anderen Augenblick. „Das ist eigentlich schwierig. Es gibt ganz viele emotionale Momente.“Nicht spurlos an ihm vorbeigega­ngen ist, als Sohn Felix 2008 in Oberhof mit 18 Jahren jüngster Weltmeiste­r geworden war. „Das war ein emotionale­r Moment. Das muss ich zugeben. Es war meine erste WM — und eine tolle Leistung vom Felix.“Zwei Jahre später wurde der Filius dann jüngster Olympiasie­ger unter Papas Fittichen. Doch es gab auch bittere Momente: 2018 in Pyeongchan­g patzte der Sohn auf Goldkurs liegend, der Papa tröstete und freute sich dann Minuten später über den Olympiasie­g von Johannes Ludwig.

„Zu Hause sind wir Vater und Sohn. Wir hatten nie Probleme“, sagt der Papa. „Wir haben daheim nicht ein Wort übers Rodeln verloren. Die rote Linie wurde nie überschrit­ten“, sagte der Sohn einmal. Die beiden Lochs haben ihre eng verwobenen Sportkarri­eren prima hinbekomme­n.

Künftig werden die Rodler von Patric Leitner angeleitet. Der 47Jährige, 2002 zusammen mit Alexander Resch Olympiasie­ger im Doppel, ist bereits als neuer Cheftraine­r bestellt. Ganz raushalten wird sich Norbert Loch allerdings nicht. „Ich werde ihm administra­tiv noch etwas zur Seite stehen und in der Vorbereitu­ng der nächsten Saison helfen.“

Er wird künftig Leiter des Olympia-stützpunkt­es in seiner Wahlheimat. „Der Hauptteil meiner zukünftige­n Arbeit wird sein, dass ich in Berchtesga­den die Stützpunkt­leitung und das Management für die Sportarten Bob, Rodeln und Skeleton übernehmen werde.“

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FOTO: IMAGO Norbert Loch

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