Zahl aggressiver Passagiere steigt
Sie beschimpfen, bedrohen und schlagen Mitarbeiter des Memminger Flughafens
- Die Zahl der aggressiven Passagiere am Allgäu Airport steigt. Mittlerweile gebe es täglich Vorfälle, sagt Sprecherin Marina Siladji. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter würden dabei nicht nur beleidigt, rassistisch beschimpft und bespuckt. Es komme auch zu Handgreif lichkeiten. Einen krassen Fall gab es kürzlich im Check-in-bereich. Ein Passagier sagte zu einer Mitarbeiterin: „Wenn du Feierabend hast, komme ich raus und schneide dir die Kehle durch“, berichtet Nadine Holzmann, die Leiterin der Passagierabfertigung.
Der Großteil der Passagiere sei freundlich und halte sich an die Regeln, sagt Nadine Holzmann. Doch die Zahl aggressiver Fluggäste nehme zu, das sei auch an anderen Flughäfen zu beobachten. Es sei wohl ein gesamtgesellschaftliches Problem: Die vielen aktuellen Krisen könnten daran Schuld sein. „Jeder ist im Stress, jeder ist genervt“, sagt Siladji.
Was sind die Auslöser solcher Situationen? Im Fall der mutmaßlichen Morddrohung hatte der Passagier nicht sofort in den Flieger steigen können, weil der überbucht war. Er musste warten, ob doch noch ein Platz frei wird. Da soll er aggressiv geworden sein, so berichtete es die betroffene Kollegin ihrer Teamleiterin Holzmann. Nachdem er die Drohung ausgesprochen hatte, riefen die Mitarbeiter die Polizei. „Gott sei Dank haben wir sie immer vor Ort“, sagt Siladji. Der Flughafen toleriere ein solches Verhalten nicht. Die Folge: Der Mann wird angezeigt und hat Hausverbot im Airport. Auch ein lebenslanges Flugverbot bei der Airline, mit der er hätte reisen wollen, kann noch ausgesprochen werden.
Das Flughafenpersonal lerne regelmäßig in Schulungen, wie es mit Passagieren umgehen muss, sagt Holzmann. Weil aber die Zahl der aggressiven Fluggäste
steigt, gebe es nun bei der Polizei ein Deeskalationstraining. Ziel sei, bestimmte Situationen rechtzeitig zu entspannen. Etwa solche, an die sich Siladji und Holzmann erinnern: Ein Mann drohte, am Auto eines Mitarbeiters die Bremsschläuche durchzuschneiden. In einem weiteren Fall warteten Passagiere mehrere Stunden vor dem Flughafen auf einen Mitarbeiter, der sie aus ihrer Sicht unfair behandelt hatte. Er wurde nach der Arbeit unter Polizeischutz zu seinem Wagen gebracht. Mehrfach schon wurden Mitarbeiter geschlagen. Einmal mit einer Spuckschutzscheibe, die an den Schaltern installiert sind, einmal mit einer Handtasche, einmal wurde einer Mitarbeiterin ins Gesicht geschlagen. Auch viele Beschimpfungen haben es in sich. Etwa diese: „Ich hoffe, Ihre Mutter stirbt.“Ein Mitarbeiter bekam wegen seiner dunkleren Hautfarbe von einem Passagier zu hören: „Bei Ihnen checke ich nicht ein. Von Ihnen möchte ich nicht bedient werden.“
Oft ufern laut Nadine Holzmann Situationen aus, weil Passagiere
nicht mitf liegen dürfen, etwa weil Dokumente fehlen oder ein Ausweis abgelaufen ist. Oder weil sie zu spät gekommen sind und das Boarding beendet ist. Dann steht der Flieger vielleicht noch auf dem Vorfeld, doch er wird bereits für den Start vorbereitet. Ein Zusteigen ist nicht mehr möglich. Viele Menschen reagierten aggressiv, weil sie nachzahlen müssen. Etwa, weil das Gepäck zu groß ist. Ein häufiges Thema sei auch der Alkohol: Die Airlines, die von Memmingen fliegen, nehmen keine Betrunkenen mit. Einmal habe ihr deshalb ein alkoholisierter Mann aus Wut seinen Koffer entgegengeschmissen, sagt Holzmann. Sicherheitsdienst und Polizei schreiten in solchen Fällen schnell ein.
Kein Mitarbeiter freut sich, wenn er jemanden stehen lassen muss, sagt Siladji. Doch das Personal müsse nun mal die Regeln der Airlines umsetzen, das sei sein Auftrag. Auch wenn es sich nur um zwei Zentimeter handelt, die ein Gepäckstück zu groß ist: „Wir haben da keinen Spielraum.“Wer sich ungerecht oder unfreundlich behandelt fühlt, könne aber eine Beschwerde schreiben: über das Kontaktformular der Flughafeninternetseite. Jedem Vorwurf und jeder Beschwerde werde dann nachgegangen. „Wir nehmen solche Hinweise von Fluggästen ernst. Denn ein respektvoller Umgang wird nicht nur von den Passagieren, sondern auch von den Mitarbeitern erwartet“, sagt Maricci King, ebenfalls Airport-sprecherin.
Damit Passagiere nicht erst in unangenehme Situationen kommen, haben die drei Frauen Tipps: Fluggäste sollten sich mit den Regeln der Airlines und den Abläufen am Flughafen vertraut machen - zu finden sind diese Infos auf der Internetseite der Airlines. Wer rechtzeitig zuhause losfahre und vorab einen Parkplatz gebucht habe, komme nicht in zeitliche Not. Und wenn ein Fehler nicht beim Passagier liegt, sondern beim Flughafen? Das könne „im System genau nachvollzogen werden“, sagt Siladji. Dann „wird natürlich alles dafür getan, diesen zu korrigieren“.