Immer mehr geben ihr Rad in die Werkstatt
Der Frühling lockt nach draußen – Zeit, das Rad fit zu machen – Tipps vom Profi
- Immer wieder kriechen die Temperaturen über die Zehn-grad-marke – wenn die Sonne rauskommt, tut sie ihr übriges: Langsam aber sicher werden auch Schönwetterradler wieder nervös und holen ihre Gefährte aus dem Keller. In Fahrradwerkstätten macht sich das bemerkbar, die Nachfrage nach Terminen steigt – nicht nur aktuell, sondern seit Jahren. Und das vor allem aus zwei Gründen.
Wenn man sich in Fahrradläden der Region umhört, beruht das Phänomen einerseits auf dem Megatrend E-bike. Die Stromer enthalten naturgemäß mehr Elektronik als althergebrachte Modelle. Entsprechend zurückhaltender sind Laien, wenn es darum geht, etwas selbst zu reparieren.
Die Folge: Immer mehr Menschen lassen Reparaturen in Werkstätten vornehmen. Alles, was mit der Software zu tun hat, können je nach Hersteller nur Händler durchführen, erklärt Andreas Fuss von „Andys Bikes + Parts“in Sulzberg. Aber auch bei anderen Herstellern seien spezielle Programme, Kabel und Know-how nötig, um etwa Updates oder Fehlersuchen durchzuführen.
Ein weiterer Grund für die steigende Nachfrage nach Werkstattterminen ist der Trend, Fahrräder über den Arbeitgeber zu leasen. Die Verträge beinhalten meist die Pf licht für einen regelmäßigen
professionellen Service, manchmal auch eine Kaskoversicherung mit kostenfreien Reparaturen. Auch das hat zur Folge, dass mehr Menschen ihr Rad in die Werkstatt bringen, sagt Manuel Felder, Mitarbeiter bei Fahrradhandel Holzer in Kempten.
Bei Fuss in Sulzberg liegt die Wartezeit für einen Termin derzeit noch unter einer Woche. „Wer sein Rad jetzt für die Saison fit machen lässt, ist clever“, sagt er. Dass das gute Wetter die Kunden bereits jetzt im Februar zu einem Service motiviert, entzerre den Run auf die Werkstätten in den kommenden Wochen, sagt
Fuss. Das frühe Interesse an Werkstattterminen merkt auch Manuel Felder: Sobald die Radwege schneefrei sind, werden die Menschen nervös. Ein zusätzlicher Vorteil: Wer im Winter sein Rad auf Vordermann bringen lässt, vermisst es weniger während der Reparaturphase. Bei ihm liegt die Wartezeit für einen Termin derzeit bei etwa eineinhalb Wochen.
Zwar haben manche Menschen „drei linke Daumen“, sagt Fuss. Versiertere könnten dagegen bereits „jede Menge“selbst am Rad reparieren. Trotz zahlreicher Videoanleitungen im Internet und Erklärungen in Zeitschriften
würden Ungeübte jedoch schnell an Grenzen stoßen, wenn ihnen der ein oder andere Kniff fehlt.
Häufig würden Radbesitzer in die Werkstatt kommen, die es vergeblich selbst versucht haben. „Wer sein Rad in die Werkstatt bringt, beweist damit nicht Faulheit, sondern dass er die Komplexität erkannt hat“, sagt Fuss. Diese nehme immer mehr zu, als Beispiel nennt er elektrische Gangschaltungen. Wer in einen Montageständer und gutes Werkzeug investiert, könne mit Geschick und ausreichend Übung jedoch das meiste selbst erledigen, sagt Felder.
Doch auch für alle anderen sei es ratsam, sich ein paar Handgriffe für Pannen unterwegs anzueignen, sagt Felder. So sei es praktisch, wenn man undichte Schläuche wechseln, Ketten flicken und gerissene Schaltzüge tauschen kann. Er selbst habe dafür immer ein Multitool-werkzeug samt Kettennieter dabei, ein Kettenglied, Ersatzschlauch, Flickenset und eine Luftpumpe. So sei man unterwegs für die häufigsten Reparaturen gewappnet.
Am besten verhindert man die jedoch präventiv. Die beste Ausgangslage dafür ist eine gute Pflege des Rades. „Viele fahren ihr Rad in einem desolaten Zustand“, sagt Fuss. Er empfiehlt, das Rad regelmäßig zu putzen allein das könne schon hohe Reparaturkosten verhindern.
Bewegliche Teile sind zu schmieren und der Luftdruck von Federungen ist anzupassen, falls man – etwa nach dem Winter – mit mehr Gewicht aufs Rad steigt. Felder zählt auch den richtigen Luftdruck der Reifen auf entsprechend der Angaben auf dem Mantel und je nach Gewicht und Untergrund. Über den Winter sollten zudem Akkus von Ebikes bei Raumtemparatur und 50 bis 60 Prozent Ladestand gelagert werden. Wer sein Rad auf dem Auto transportiert, sollte es vor Regen schützen. Außerdem empfiehlt Felder, immer wieder die Bremsen zu nutzen, um Schäden durch längere Standzeit vorzubeugen.