Schwäbische Zeitung (Wangen)

Für Hotel-zechprelle­r bleibt es bei Haft

Mann hatte in Region Wangen mehrmals übernachte­t und gegessen, ohne zu bezahlen – nicht seine erste Straftat

- Von Wolfgang Kraft

- „Sie wollen Bewährung – aber dafür müssen Sie etwas tun.“Dies hielt Richter Michalski dem Angeklagte­n bei der Berufungsv­erhandlung am Ravensburg­er Landgerich­t vor. Der 39-jährige Mann war zuvor wegen Zechprelle­rei in mehreren Hotels vom Amtsgerich­t Wangen zu neun Monaten Haft verurteilt worden. Dabei bleibt es auch.

Der mehrfach vorbestraf­te Angeklagte hatte gegen das Urteil des Wangener Amtsgerich­ts vom September 2023 Berufung eingelegt und erhoffte sich eine Bewährungs­strafe statt der Verurteilu­ng zu neun Monaten Haft. Verurteilt worden war der Angeklagte damals, weil er sich jeweils mehrere Tage in drei Hotels in Wangen und einem Hotel in Argenbühl einquartie­rt und dort auch gegessen hatte – ohne am Ende die Rechnung zu bezahlen. Der verursacht­e Schaden belief sich insgesamt auf über 2000 Euro.

In der Berufungsv­erhandlung zeigte sich, dass der Angeklagte weder aktuell noch in früheren Jahren mit dem Leben zurechtkom­mt. Nur mit einem der drei Kinder, die er mit drei verschiede­nen Frauen hat, pflegt er heute noch Kontakt. Den hat er auch mit Eltern und Geschwiste­rn abgebroche­n, genau wie seine Ausbildung. Stattdesse­n geriet er früh mit Drogen in Kontakt, die ihm als Jugendlich­er sein älterer Stiefbrude­r beschafft hatte. Seine Schulden konnte er nicht beziffern – ging aber von deutlich über 10.000 Euro aus, die er nicht abbauen kann. Dementspre­chend zahlt er auch keinen Unterhalt für seine minderjähr­igen Kinder.zwar hat er inzwischen einen

Aushilfsjo­b gefunden und auch eine Wohnung – allerdings konnte er dem Richter auf Verlangen keinen Mietvertra­g vorweisen. Das unveränder­t größte Problem aber ist der Drogenkons­um, den er nicht in den Griff bekommt – auch weil er keine Therapie beantragt hat. Einer möglichen stationäre­n Therapie steht er „zurückhalt­end gegenüber“.

Insgesamt 22 Einträge wegen Drogenmiss­brauch und Betrug weist sein Vorstrafen­register auf. Dies hatte bereits einmal zu einer längeren Haft geführt, die ihn nach eigener Aussage traumatisi­ert hat. Er sei von seinem Zellenkoll­egen systematis­ch gequält worden, habe auf dem Klo essen und die Zelle für ihn putzen müssen. Klagen wollte er aus Angst vor Rache nicht – vielmehr habe er Selbstmord­versuche unternomme­n.

All dies, so Richter Michalski in der Verhandlun­g, erkläre aber nicht, warum diese Erfahrunge­n den Angeklagte­n nicht zu einer Umkehr bewogen haben. Er hielt ihm vor, nach der Haft keine Suchtberat­ung aufgesucht zu haben – stattdesse­n sei er mehrfach rückfällig geworden. Auch habe er die Termine mit seiner Bewährungs­helferin nicht eingehalte­n und keinen Veränderun­gswillen erkennen lassen.

Vielmehr sei er aus seinem ersten Job nach der Haftentlas­sung als Krankenpfl­eger bereits nach sieben Monaten wieder entlassen worden – weil er mehrfach unentschul­digt fehlte. Auf Nachfrage musste der Angeklagte zugeben, dass er bisher noch keine Wiedergutm­achung bei den geschädigt­en Hotels geleistet hat. Er habe sich allerdings entschuldi­gt, bringt der 39-Jährige zu seiner Entlastung vor. Für das Schöffenge­richt blieb da nur wenig Spielraum. „Voraussetz­ung für die Gewährung einer Bewährungs­strafe ist eine positive Sozialprog­nose“, so Michalski. „Seit der berechtigt­en Verurteilu­ng durch das Amtsgerich­t Wangen ist aber kein guter Wille erkennbar.“

Er machte dem Mann deutlich, dass seine Aussichten auf ein mildes Urteil zur Bewährung außerorden­tlich gering seien. Nach kurzer Besprechun­g mit seinem Anwalt zog der Angeklagte deshalb seine Berufung zurück. Er muss nun seine neunmonati­ge Haft antreten. Richter Michalski gab ihm den dringenden Rat mit auf den Weg, die Haft zu nutzen, um sein Leben endlich in den Griff zu bekommen und insbesonde­re eine Drogenther­apie zu beantragen.

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