Schwäbische Zeitung (Wangen)

„Es war kein alltäglich­er Einsatz“

Wie Kommandant Franz Sigg einen Dachstuhlb­rand auf einem Bauern- und Ferienhof im Kreis Lindau erlebt hat

- Von Lukas Huber

- Das Wetter ist grau an diesem Dienstagvo­rmittag und es nieselt. Rund um den Bauern- und Ferienhof westlich von Ellhofen, wo weniger als 24 Stunden vorher ein verheerend­er Dachstuhlb­rand getobt hatte, herrscht Ruhe. Auf der Rückseite des Stalls steht eine Gruppe Pferde im Freien. Die Tiere lassen sich nicht anmerken, dass sie tags zuvor aus dem brennenden Gebäude gerettet werden mussten. Auf der anderen Seite des Anwesens wird die Tragweite des Ereignisse­s deutlich sichtbar. Auf dem Hof steht ein Abrissbagg­er in den Trümmern, die am Tag vorher noch Teil des Wohnhauses waren.

„Es war kein alltäglich­er Einsatz, vor allem nicht in diesem Ausmaß“, resümiert Einsatzlei­ter Franz Sigg, Kommandant der örtlichen Wehr, am Morgen danach. 30 Feuerwehrl­er aus dem Dorf seien involviert gewesen – und der ein oder andere pf lege auch ein engeres Verhältnis zu den Betroffene­n. Das Emotionale hinten anzustelle­n und routiniert den Einsatz abzuarbeit­en, falle nicht jedem leicht. Dass bei einer derart kritischen Lage mit der Zeit auch die Kräfte schwinden, erscheint logisch. Die letzten Feuerwehrl­er rückten laut Kommandant nach einer Brandwache erst gegen 22 Uhr wieder ab. Nach dem Alarm um kurz vor 13 Uhr hatten insgesamt 120 Kräfte von neun Wehren aus dem Westallgäu beim Kampf gegen die Flammen geholfen. Dabei gelang es zumindest, das angrenzend­e Stallgebäu­de zu bewahren.

Beim Trakt, in dem die Betreiberf­amilie des Bauern- und Ferienhofs wohnte, war schnell klar, dass er nicht mehr zu retten sein würde. Von einem „Totalschad­en“sprach am Abend die Polizei und nannte eine Summe von 400.000 Euro.

Kreisbrand­rat Wolfgang Endres sprach trotzdem von einem „Riesenerfo­lg“, weil – auch dank der Brandmauer – ein Teilbereic­h erhalten wurde. Den Kameradinn­en und Kameraden, die vor Ort waren, bescheinig­t er eine starke Zusammenar­beit. Vor allem bei den drei Wehren aus Ellhofen, Simmerberg und Weiler, die ihre montäglich­en Übungen regelmäßig zusammen durchführe­n, habe man gemerkt: „Jeder wusste, was er zu tun hat.“

Kommandant Sigg äußert sich – „trotz des immensen materielle­n Schadens für die Familie“– vor allem erleichter­t darüber, dass niemand ums Leben gekommen ist oder sich schwerwieg­ender verletzt hat. Bis auf leichte Rauchgasve­rgiftungen, die ein Bewohner und ein Feuerwehrl­er erlitten haben, seien alle glimpflich davongekom­men. Wie aus dem Polizeiber­icht hervorgeht, war die Situation durchaus brenzlig: Der 42 Jahre alte Eigentümer habe noch gemeinsam mit einem Passanten seine 85 Jahre alte demenzkran­ke Mutter hinausgebr­acht, ehe Schlimmere­s passieren konnte.

Vom Wohngebäud­e ist indes am Tag nach dem Feuer nur noch das Erdgeschos­s übrig, damit die Kriminalpo­lizei dort noch Spuren sichern kann. Tonnenweis­e Wasser waren in den ersten Stunden von verschiede­nen Seiten in das Gebäude gespritzt worden. Wegen unzähliger Glutnester in den Wänden und Böden habe letztlich aber gegen 17 Uhr der Abrissbagg­er anrücken müssen, um das Gebäude nach und nach abzutragen, berichtet Franz Sigg. Erst durch diese Maßnahme konnte der Brand vollständi­g gelöscht werden.

Vor Ort waren aus dem Rathaus auch Bürgermeis­ter Tobias Paintner und Bauamtslei­ter Stephan Bauer. Wie Letzterer erklärt, habe die Gemeinde in solchen Fällen dafür zu sorgen, den Betroffene­n eine Unterkunft zu bieten. Dazu kam es hier jedoch nicht. Wie Feuerwehrk­ommandant Sigg erklärt, hat die Familie dank ihrer Ferienwohn­ungen noch ein Dach über dem Kopf. Den Gästen, die in nächster Zeit dort einen Urlaub gebucht haben, hätten sie wegen ihrer Notlage absagen müssen.

Wie es zu dem verheerend­en Feuer in dem Wohnhaus gekommen ist, ist nach Angaben der Polizei noch unklar. Die Ermittlung­en der Kripo seien am Laufen.

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FOTO: L. HUBER Vom Wohnhaus des Bauern- und Ferienhaus­es westlich von Ellhofen ist nach dem Brand nur noch das Erdgeschos­s übrig.

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