Schwäbische Zeitung (Wangen)

Der Fluss als Lebensader

Obere Argen als Naturidyll­e und reicher Kulturraum

-

- Was einmal der drittgrößt­e Zufluss in den Bodensee werden soll, beginnt mit zwei sich vereinende­n Bächen bei Oberstaufe­n und nimmt ab dem Weiler Wolfsried seinen Lauf als „Obere Argen“50 Kilometer durchs Allgäu bis zur Mündung in Langenarge­n. Als profunder Kenner der Heimatkund­e nahm Heinrich Wiltsche bei einem Diavortrag in St. Ulrich eine interessie­rte Zuhörersch­aft mit auf Streifzug entlang des Flusses.

Durch sattgrüne Wiesen sucht sich das Gewässer zaghaft seinen ersten Weg, Kühe grasen nebenan auf der Weide und alles majestätis­ch überragt von den Nagelf luhkette mit dem mächtigen Hochgrat. Heimisch geworden ist dort der seltene Gletscherh­ahnenfuß, Wiesenorch­ideen, die Mehlprimel, ebenso der hochgiftig­e Gelbe Eisenhut.

Immer schon nutzten die Menschen die Kraft des fließenden Wassers für den Bau von Mühlen. So zeugen viele Getreide- und Knochenmüh­len, Hammerschm­ieden, Öl- und Loh- und Papiermühl­en von bewegter Vergangenh­eit. Manchmal stehen sie noch und strahlen die Ruhe früherer Zeiten aus; oft erinnern nur noch überwucher­te Mauerreste oder ein zerborsten­er Kanal an das Leben der Vorfahren am Fluss.

Kaum zu glauben, doch Wiltsche sieht das Allgäu als das Burgenland

schlechthi­n. Denn insgesamt kommt er im Voralpenge­biet auf 650 Burgen, allein 30 standen (und stehen noch) an der Oberen und Unteren Argen! Herrliche Aufnahmen von intakten Burganlage­n zeugen vom Stolz und Reichtum der damals Herrschend­en. Verfallene Mauern stehen als steinerne Relikte der einstigen Grafschaft.

Den tiefen Glauben der Menschen entlang des Flusses spiegeln die zahlreiche­n Wegekreuze, Bildstöckl­e, Kapellen und Kirchen wider. Oft gehen sie zurück auf Stiftungen frommer Menschen in irdischer Not oder im Blick aufs eigene Seelenheil. Das galt auch für den Adel, drum spendete man gerne für Bilder (mit ihren fürstliche­n Initialen) und Grabstätte­n im Gotteshaus.

Traurige Tatsache im Argenörtch­en Stiefenhof­en: Hier fand 1937 das Säuglingsk­ind Gabi bei Pf legeeltern Unterschlu­pf und erfreute sich unbeschwer­ter Kindheit im Allgäu. Die Nazis eruierten jedoch deren jüdischen Wurzeln und verfrachte­ten die Sechsjähri­ge 1943 von Stiefenhof­en nach Ausschwitz. Endlich wurde nun an der Kirchenmau­er eine Gedenktafe­l angebracht, in der nahen Pestkapell­e ein Fensterbil­d mit den Kz-opfern Pater Maximillia­n Kolbe und Gabi Schwarz. Mit Judenstern auf dem blauen Kleidchen.

 ?? FOTO: FRATERNITÄ­T - SONTHEIM ?? Referent H. Wiltsche (mit Blumen) umrahmt vom Helferteam der Fraternitä­t mit (v. l.) C. Sontheim, I. Hengge, G. Scherer, K. Wimmer und A. Ohlinger.
FOTO: FRATERNITÄ­T - SONTHEIM Referent H. Wiltsche (mit Blumen) umrahmt vom Helferteam der Fraternitä­t mit (v. l.) C. Sontheim, I. Hengge, G. Scherer, K. Wimmer und A. Ohlinger.

Newspapers in German

Newspapers from Germany