Alois „Wiese“Weber ist die gute Seele des FCW
Seit 45 Jahren macht der fast 80-Jährige die Wangener Fußballer vor den Spielen fit
- Im Dezember feiert Alois Weber seinen 80. Geburtstag. Seit 1979 kümmert er sich vor dem Spiel um die kleinen Wehwehchen der Fußballer. Behebt sie, wenn er kann, redet allen gut zu und hat immer einen Witz auf Lager. Er hat einen eigenen, sympathischen Humor. Der ehemalige Torwart des Allgäuer Traditionsvereins ist die gute Seele des FC Wangen. Sein Alter sieht man ihm nicht an. Im Gegenteil: „Wiese“, wie er genannt wird, ist jung geblieben, und das hat seinen Grund.
Manchmal erinnern die Worte von Alois Weber an einen Anrufbeantworter. Immer wieder wiederholt er: „Nach dieser Saison ist Schluss.“Platz machen für einen Jüngeren, den Rest des Lebens noch genießen. Die Spieler des FC Wangen schauen sich immer wieder an und lächeln dabei. Sie wissen, dass es nur eine Ankündigung ist, mehr nicht. Der 79-Jährige ist dann wieder einer der Ersten, der in der neuen Spielzeit vor Ort ist, als sei nichts gewesen. Nach dem Motto „was interessiert mich das Geschwätz von gestern“steht er wieder mit einem Lächeln da, voller Tatendrang.
„Ich bin eigentlich zu alt für diesen Job. Die jungen Spieler lassen mich aber nicht auf hören. Sie sind zu mir freundlich, haben Respekt und freuen sich über meine Sprüche“, betont er. Vielleicht ist es aber auch die Menschlichkeit, die Alois Weber ausstrahlt. Auch wenn er manchmal nach einem schlechten Spiel des FC richtig schimpft und den Fußballern die Qualität abspricht. Der Wutausbruch ist nie ernst gemeint. Es ist der Schmerz und das Wehklagen eines Mannes, der alles für den Verein tut und dem das Herz blutet, wenn sein FCW wieder einmal aus eigenem Verschulden Punkte auf dem Rasen liegen lässt.
Alois Weber ist in Eglofs geboren und schloss sich 1967 dem FC Wangen an. Zunächst als Torwart und dann als linker Verteidiger.
Seit 1979 ist er Betreuer der ersten Mannschaft, und 1989 machte er eine Ausbildung, um die Spieler der Partie fit machen zu können. Medizinischer Sportbetreuer nennt sich diese ehrenamtliche Aufgabe. Er belegte Kurse in Ulm und im Haus Waltersbühl in Wangen. Und er las Bücher des ehemaligen Bayern-arztes Hanswilhelm Müller-wohlfahrt, der auch die deutsche Fußballnationalmannschaft betreute.
Gemeinsam mit Vlado Saric, Reinhard Müller und Marc Kitzelmann kümmert er sich um die erste Mannschaft des FC Wangen. Während der Trainerstab den Fokus auf das Sportliche legt, steht bei „Wiese“und seinen Kollegen das Drumherum im Vordergrund. Vor einem Auswärtsspiel Bälle einpacken, Getränke, und wenn es eine weite Reise ist, dann auch an das Essen denken. „Es ist schade, dass wir aus der Verbandsliga abgestiegen sind, nicht
nur sportlich, sondern auch menschlich“, sagt der 79-Jährige. In der höchsten Liga in Württemberg kannte „Wiese“fast jeden Betreuer der anderen Mannschaften über Jahre. Man schätzte sich, plauderte vor und nach dem Spiel, war ein gern gesehener Gast.
Auf die Frage, wie er es schafft, mit fast 80 Jahren immer noch so jung auszusehen, antwortet er: „Einmal in der Woche volltanken, dass die Giftstoffe wieder hinausf ließen können.“Das Gesellige ist das eine, die Arbeit mit der Mannschaft aber das andere. Wichtig ist für ihn auch seine Beziehung zu Simon Wetzel, Kapitän des FC Wangen. „Solange er in Wangen spielt, bin ich weiter dabei“, betont er, weil Wetzel für ihn fast wie ein Sohn ist. In all den Jahren hat Alois Weber viel erlebt, manches war traurig, wie im normalen Leben, einiges aber auch lustig. Die Mannschaft fährt mit dem großen Bus, wenn es etwa 200 Kilometer zum Spielort sind, sonst wird die Reise in drei Kleinbussen angetreten. Einmal fuhr der Kleinbus mit dem Essen in die falsche Richtung – das war aber nur lustig für die Spieler, die drin saßen, nicht für die anderen. An seinem 70. Geburtstag hatte die Mannschaft für ihn eine besondere Überraschung geplant. Nach dem desolaten Auftritt des Teams beim 1:9 in Bissingen war die Feierlaune aber dahin, das Fest wurde kurzerhand abgesagt. Wer will nach so einer Schmach noch feiern.
Nicht vergessen hat Alois Weber das letzte Spiel in der Verbandsliga-saison 2021/22 gegen Pfullingen. Der FC Wangen führte nach einer starken ersten Halbzeit mit 4:0 hatte alles in Griff, auch den Klassenerhalt geschafft, aber dann kam das Unerklärliche. Pfullingen wurde das 1:4 geschenkt und am Ende hieß es 4:4.
In der Relegation machte der FCW dann alles klar. Es hätte aber nicht so weit kommen müssen. „Solche Spiele ärgern mich noch tagelang. Wenn eine Mannschaft eine Partie klar dominiert, dann sollte das über 90 Minuten gehen und nicht nur eine Halbzeit lang“, sagt er.
Nach solchen Spielen reift bei „Wiese“immer die Entscheidung aufzuhören, Platz zu machen für einen Jüngeren. Solche „Faustschläge“gab es immer wieder beim FC Wangen. Der 79-Jährige erholte sich, wie ein angeschlagener Boxer, immer davon und ist wieder einer der ersten, der zur neuen Saison wieder auf dem Platz steht. Für sein ehrenamtliches Engagement wurde er 2009 vom DFB geehrt. Darauf ist er stolz, wie auch auf seine Mannschaft, wenn sie, frei nach dem verstorbenen Franz Beckenbauer, rausgeht und einfach Fußball spielt.