Pippi Langstrumpf kommt nach Wangen
Wangener Festspiele starten mit neuem Regisseur – Beim Abendstück grüßt die Commedia dell'arte
- „Pippi Langstrumpf“und die Komödie „Der Diener zweier Herren“: Das sind die beiden Stücke, die in diesem Sommer auf der Wangener Freiluftbühne im Zunftwinkel gespielt werden. Für die Inszenierung hat sich der Verein Festspiele Wangen einen neuen Regisseur ins Boot geholt: Jens Schmidl. Was er vorhat, und was die Landesgartenschau für die Wangener Festspiele bedeutet.
Diese Frage könne er erst im Oktober beantworten, sagt Christoph Morlok, geschäftsführender Vorsitzender der Wangener Festspiele, auf die Frage, ob die Landesgartenschau für die diesjährigen Festspiele nun Fluch oder Segen ist. Denn tatsächlich gebe es beide Aspekte: Die vielen Gartenschauveranstaltungen stellten in gewisser Weise eine Konkurrenz dar, gleichzeitig sei es eine Chance, die Aufführungen bekannt zu machen und unter den Gartenschaubesuchern zusätzliches Publikum zu finden.
Mit der Stückauswahl haben die Theatermacher jedenfalls schon mal zugkräftige Titel aufgegriffen. „Pippi Langstrumpf “nach dem Kinderbuch der schwedischen Schriftstellerin Astrid Lindgren (1907-2002), dürfte mit der mutig-frechen und anarchisch-fantasievollen Hauptfigur ein Publikumsmagnet werden. Das Werbeplakat für dieses Kinderstück ist übrigens schon vier
Jahre alt. Bereits 2020 hätte es zum Einsatz kommen sollen, stattdessen kam Corona und die Absage der Festspiele.
Für die Abendvorstellungen fiel die Wahl heuer auf ein Bühnenstück des italienischen Dramatikers Carlo Goldoni: „Der Diener zweier Herren“. Ein von der Theatergeschichte der Commedia dell’arte zugeordneter Klassiker. 1746 in Mailand uraufgeführt, und seither in einer Vielzahl von Bearbeitungen zu sehen, wird Regisseur Jens Schmidl nun für Wangen eine Fassung der f lotten Komödie mit Tiefgang finden
müssen. Er wolle einen Spielstil finden, so berichtet er, der den sprachlichen „Drive“, das Tempo des italienischen Originals zu transportieren vermag. Bis die Proben am 3. Juni starten, wird das eine seiner Aufgaben sein.
Schmidl folgt als Künstlerischer Leiter auf Peter Raffalt, von dem sich der die Wangener Festspiele nach sechs Spielzeiten im gegenseitigen Einvernehmen trennten, wie es am Rande der Pressekonferenz zur Vorstellung des neuen Teams am Donnerstag hieß. Jens Schimdl bringt viel Wissen aus einer langjährigen
Theatererfahrung mit. Gebürtig aus Lörrach, studierte er von 1981 bis 1986 Theaterwissenschaft und Germanistik in München und Berlin. Seit 1990 arbeitet er als freier Regisseur und zeichnet für an die 100 Inszenierungen verantwortlich. Die Liste seiner Theaterstationen ist lang. Auch in Baden-württemberg war er immer wieder, etwa in Ulm, Konstanz, Heidelberg und Rottweil. Schmidl unterrichtet seit 2003, unter anderem an der Universität der Künste in Berlin, ist Autor von Drehbüchern und Theaterstücken und war auch als Filmregisseur und Bühnenbildner tätig.
Für die Stelle des Künstlerischen Leiters der Wangener Festspiele 2024 war Schmidl indes nicht der einzige Bewerber. 100 Kandidaten meldeten sich laut Manfred Wolfrum, Vorsitzender des Vereins Wangener Festspiele, auf die Ausschreibung, rund 20 davon mit entsprechender Qualifikation. Schmidl setzte sich unter fünf ausgewählten Kandidaten letztlich durch. Für die Entscheidung holte sich Wolfrum auch Feedback aus der Schauspielerszene ein.
Regisseur Jens Schmidl kommt indes nicht alleine nach Wangen. Er bringt in seinem Team den Bühnenbildner Thomas Lorenz-herting mit, der seit Mitte der 1980erjahre an zahlreichen Bühnen in Deutschland, aber auch im benachbarten Ausland von den Niederlanden bis Österreich, tätig ist. Es ist bei Weitem nicht das erste Mal, dass die beiden für Open-airinszenierungen zusammen arbeiten. Die ersten Ideen und Entwürfe, die das Team am Donnerstag vorstellten, lassen Änderungen zum bisherigen Bühnenaufbau erahnen. Es wird wohl freier, und publikumsinteraktiver. Ebenfalls an Bord ist die Kostümbildnerin Katharina Piriwe, die sich bereits jetzt viele Gedanken über die Details macht, schließlich gilt es für beide Stücke aktuelle Formen zu finden, ohne den Kern der Figuren aus den Augen zu verlieren.
Wer die Kostüme in der Spielzeit dann mit Leben füllen wird, ist zum Teil bereits geklärt. Zum Ensemble gehören sieben Spieler, darunter eine Regieassistentin. Bereits gesetzt sind Andreas Sindermann, Matthias Horn, Ingolf Müller-beck und Christine Knispel. In welcher Form auch Wangener Laienschauspieler wieder dabei sein werden, ist noch offen, Möglichkeiten sieht Schmidl zumindest.
Und auch an einer weiteren Tradition will der künstlerische Leiter festhalten: Acht bis zehn Wangener Kinder im Alter ab acht Jahren würde er gerne beim Kinderstück mit einbinden. Voraussichtlich im Juni wird es einen Vorstellungstermin geben. Ihre Aufgaben kann Schmidl schon heute benennen. Es gehe darum, gemeinsam einige Lieder zu singen, und bei den Szenen im Klassenzimmer und Pippis Jahrmarktsbesuch gibt es kleinere Rollen.
Der Wangener Festspielverein blickt vorfreudig auf die neue Saison unter neuer künstlerischer Leitung. Eine Sache allerdings treibt dessen Vorstand noch um: Für die Ensemble-mitglieder sucht der Verein wie jedes Jahr von Juni bis Spielzeitende im August Quartiere – heuer unter etwas erschwerten Bedingungen: „Durch die Landesgartenschau ist einiges weggebucht“, sagt Morlok und hofft, dass sich noch Vermieter bei ihm melden.