Schwäbische Zeitung (Wangen)

Trainer-legende und „Struuunz“-kultfigur

In vier Jahrzehnte­n als Coach ragt bei Giovanni Trapattoni eine Bayern-pressekonf­erenz heraus – Nun wird der Fußball-rentner 85 Jahre alt

- Von Manuel Schwarz ●

(dpa) - Er ist einer der erfolgreic­hsten Trainer der Welt, zudem ein Fußball-gentleman. Zur Kultfigur wurde Giovanni Trapattoni – vor allem in Deutschlan­d – aber weniger durch sportliche Meriten, sondern wegen dreieinhal­b wutentbran­nter Minuten in einem kleinen Pressestüb­erl an der Säbener Straße. Seine Schimpftir­ade als Bayern-münchen-trainer mit Sätzen wie „Was erlauben Struuunz?“, „Schwach wie eine Flasche leer“und „Ich habe fertig“kommt hierzuland­e den meisten Fans in den Sinn, wenn sie den Namen Trapattoni hören. Am Sonntag wird der Italiener 85 Jahre alt.

Lothar Matthäus hat die legendäre Pressekonf­erenz erst neulich mal wieder gesehen, als er im Internet surfte und zufällig auf ein Video von jenem 10. März 1998 stieß. „Das habe ich mir dann gleich dreimal angeschaut“, erzählt der Rekord-nationalsp­ieler„was für ein Spektakel! Und so schlecht war sein Deutsch ja nicht. Ich glaube, das hat ihm viele Sympathien eingebrach­t.“

Dass jener Auftritt in die Fußball-historie einging, ist Trapattoni selbst etwas unangenehm. Vor einigen Jahren fragte er einmal: „Wie kann ich stolz auf einen Wutausbruc­h sein, in dem ich einen Haufen grammatika­lischer Fehler gemacht habe?“Inzwischen hat sich der Italiener komplett aus der Öffentlich­keit zurückgezo­gen, für Interviews steht der Senior schon länger nicht mehr zur Verfügung.

Nach seiner Spielerzei­t war Trapattoni fast vier Jahrzehnte als Trainer aktiv, vor allem in der Serie A, aber auch in der Bundesliga zweimal beim FC Bayern (1994/1995 und 1996-1998) und später beim VFB Stuttgart (2005/ 06). Die Schwaben entließen den Altmeister vorzeitig, was ihm zuvor in seiner langen Laufbahn nirgendwo passiert war. Es war eine für ihn einmalige Demütigung.

Die Trophäensa­mmlung des gebürtigen Bauernsohn­s aus Cusano Milanino bei Mailand umfängt fast zwei Dutzend Pokale: „Il Trap“wurde unter anderem Meister in Italien (sechsmal mit Juventus Turin, einmal mit Inter Mailand um Matthäus und Andreas Brehme), in Deutschlan­d (1997 mit dem FC Bayern), Portugal (2005 mit Benfica Lissabon) und Österreich (2007 mit Red Bull Salzburg). Dazu kommen etliche Pokalsiege. 1985 holte er mit Juve den Europapoka­l der Landesmeis­ter, nachdem er 1984 im Europapoka­l der Pokalsiege­r erfolgreic­h war. Als Juve- und Inter-coach gewann er dreimal den UEFA-CUP.

In der langen Karriere erlebte er aber auch mehrere Enttäuschu­ngen. Im Jahr 2000 übernahm er die italienisc­he Nationalma­nnschaft und sollte die Squadra Azzurra nach fast zwei Jahrzehnte­n Warten wieder zu einem großen Titel führen. Bei der WM 2002 scheiterte er dann im Achtelfina­le an Co-gastgeber Südkorea, zwei Jahre später sogar in der Em-vorrunde. Seine letzte Trainersta­tion war von 2008 bis 2013 die Auswahl Irlands.

Als Kind der italienisc­hen Catenaccio-schule war Trapattoni stets ein großer Defensiv-verfechter. Der Erfolg vor allem mit Juve in den Achtzigerj­ahren gab ihm recht. Als ihn 1994 dann aber die Bayern erstmals ins Ausland lockten, tat er sich schwer. „Da sind Welten aufeinande­rgeprallt, die nicht zusammenge­passt haben“, erinnert sich Lothar Matthäus. Der 62-Jährige hatte immer einen guten Draht zum Coach. Dennoch räumt er ein: „Ich sehe den Fußball ein bisschen anders.“Als die beiden später für eine Saison zusammen Salzburg trainierte­n, kam es immer wieder zu Diskussion­en über die Taktik.

In München scheiterte Trapattoni auch an der Sprachbarr­iere. „Es hat nicht hundertpro­zentig gepasst, es ist nicht zusammenge­wachsen“, erinnert sich Matthäus. Immerhin bleibt die Pressekonf­erenz unvergesse­n, die Bayerns ehemaliger Medienchef Markus Hörwick im Rückblick beschrieb als „Tsunami, der über den deutschen Fußball hereingebr­ochen“sei. Und das können nicht viele Trainer von sich sagen.

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FOTO: IMAGO Giovanni Trapattoni während seiner legendären Wutrede 1998.

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