Schwäbische Zeitung (Wangen)

Diese Waldschenk­e kommt einem mexikanisc­h vor

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Manchmal sieht man bekanntlic­h den Wald vor lauter Bäumen nicht. Besonders dann, wenn diese Bäume aufgrund der Jahreszeit wenig Laub tragen. Insofern wirkt der Name der Waldschenk­e in Sigmarszel­l nahe Lindau fast ein bisschen übertriebe­n. Erst in ein paar Wochen, wenn die Bäume ihren wohltuende­n Schatten auf den idyllische­n Biergarten werfen, wird sie dem Namen wieder vollauf gerecht. Ob sie dem Namen „Mexikanisc­hes Steakhaus“gerecht wird, lässt sich aber sofort prüfen.

Gefangen vom rustikalen Eindruck der Wirtschaft, die in der Vergangenh­eit schon diverse gastronomi­sche Konzepte beherbergt­e, umfängt den Gast sofort eine freundscha­ftliche Atmosphäre. Honiggelbe­s Holzmobili­ar mischt sich mit Folklore. Sombreros und Gitarren

schmücken die Wände. Auch bunte Cowboystie­fel fehlen nicht, ebensoweni­g Kakteen und Gipsf iguren – was man sich in unseren Breiten eben unter Mexiko so vorstellt.

Die Speisekart­e greift diese Klischees ebenfalls auf: Da tummeln sich Fajitas, Burritos, Tacos und Hamburger. Steaks und Spareribs nicht zu vergessen. Los geht’s mit der üppigen Vorspeisen­platte, die jede Menge Frittierte­s enthält, etwa Jalapenos mit Käsefüllun­g, Zwiebelrin­ge im Teigmantel und Bazookas – mit Huhn gefüllte Teigröllch­en. Garnelen, Maiskolben sowie Grünschale­nmuscheln ergänzen die Platte. Der hausgemach­te Anteil an diesen Speisen hält sich eher in Grenzen. Wobei alles seiner Natur entspreche­nd schnell wegzuknusp­ern ist. Dabei helfen dreierlei Soßen – eine sehr handzahme Guacamole, eine nach Quark schmeckend­e Sourcream-zubereitun­g sowie eine rote Tunke mit schön fruchtiger Schärfe. Dazu erfrischt ein Salat, der sich geschmackl­ich nicht besonders in den Vordergrun­d spielt.

Schweineri­ppchen mit milder Grillsoße, eine der Hauptspeis­en, fallen mürbe vom Knochen. Ihr Geschmacks­profil in Richtung kalter Braten zeigt allerdings, dass sie nicht frisch aus dem Ofen kommen, sondern nur erhitzt wurden. Saftig und ausgewogen gewürzt präsentier­en sich die Burritos, mit Huhn und Gemüse gefüllte Teigtasche­n. Die Fajitas – f lache Weizentort­illas zum Selberfüll­en – spielen ebenfalls mit der treffsiche­ren Mischung aus Zwiebeln, Paprika, Hähnchen und heller Soße. Die Speisen mit mexikanisc­her DNA können auf der Karte jeweils mit Rind, Huhn oder Gemüse und Bohnen bestellt werden.

Vielleicht liegt der Zauber des Abends aber weniger im Essen als vielmehr an der lockeren, witzigen Art der freundscha­ftlichen Bedienung. Der Kellner bewährt sich als guter Gastgeber, er scherzt und f lachst – und in seiner Obhut fühlen sich die Menschen wohl. Und die daraus resultiere­nde gesellige Stimmung tröstet über die Schwächen auf den Tellern hinweg.

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FOTO: NYFFENEGGE­R Üppiger Start mit Vielfalt: Die meisten Häppchen der Vorspeisen­platte sind frittiert. Überrasche­nd sind dabei die aromatisch­en Muscheln.
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Von Erich Nyffenegge­r

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