Schwäbische Zeitung (Wangen)

Deutsche Glasfaser spannt alle auf die Folter

Unternehme­n prüft derzeit Verträge in Wangen und Kißlegg – Wie es weitergehe­n könnte

- Von Bernd Treffler

- Schon länger nichts gehört von der Deutschen Glasfaser. Das Telekommun­ikationsun­ternehmen hatte zwischen September und Februar in Wangen und Kißlegg Interessen­ten für einen Glasfasera­nschluss als ultraschne­llen Internetzu­gang geworben. Die Entscheidu­ng, ob dieser Breitbanda­usbau hier überhaupt Realität wird, könnte jedoch erst Anfang Sommer fallen. Dies stößt auf Kritik.

Wie und wo war die Deutsche Glasfaser bislang aktiv?

Insgesamt etwa ein halbes Jahr, im vergangene­n Herbst und Winter, hat die sogenannte Nachfrageb­ündelung der Deutschen Glasfaser in Wangen und Kißlegg gedauert. Das Telekommun­ikationsun­ternehmen war bei seiner Markterkun­dung in weiten Teilen der Wangener Kernstadt samt Sigmanns, Epplings, Herfatz, Niederwang­en, Hatzenweil­er und Primisweil­er sowie im Kernort Kißlegg aktiv. Und bot in diesen, zumeist nicht staatlich geförderte­n Bereichen einen kostenfrei­en Glasfasera­nschluss bis ins Haus oder in die Wohnung an. Das aber nur, wenn mindestens ein Drittel der infrage kommenden Haushalte einen entspreche­nden Vertrag unterzeich­nen.

Es gab mehrere Informatio­nsveransta­ltungen, zudem richtete die Deutsche Glasfaser diverse Servicesta­tionen ein, unter anderem in der Wangener Bindstraße und in der Kißlegger Schlossstr­aße. Unterstütz­ung gab es dabei auch von Verwaltung­sseite, die bei Anfragen zum Angebot der Deutschen Glasfaser im Einzelfall sogar mit beriet. Die Stadt Wangen schloss zudem vergangene­s Jahr für insgesamt 15 städtische Gebäude im Ausbaugebi­et eigene Hausanschl­ussverträg­e ab.

Wie hoch ist das Interesse an einem Anschluss?

Ursprüngli­ch sollte die Vorvermark­tungsphase in Wangen am 9. Dezember enden, in Kißlegg eine Woche später. Weil das Interesse an einem Glasfasera­nschluss mit einer Quote von rund 20 Prozent zu diesem Zeitpunkt vergleichs­weise schwach war, verlängert­e die Deutsche Glasfaser ihre Nachfrageb­ündelung in beiden Kommunen. In Wangen waren die Servicebür­os bis Ende Januar geöffnet, die Mitarbeite­r arbeiteten Anfragen und ausstehend­e Termine aber noch bis Mitte Februar ab, wie es von Unternehme­nsseite auf Nachfrage hieß. In Kißlegg war die Deutsche Glasfaser demnach bis Ende Februar aktiv.

„Am Anfang lief es zwar schleppend­er als in anderen Gebieten“, sagt Marina Wilberger, seit Februar Projektlei­terin für die Region. „Aber dann kam schon ein Aufschwung.“Wie groß dieser „Aufschwung“war und ob es für die angestrebt­e 33Prozent-quote reicht – dazu hält sich die Deutsche Glasfaser zumindest öffentlich bedeckt. Der städtische Mobilitäts­beauftragt­e Frank Anders schätzt für den Bereich Wangen, dass die Anschlussq­uote bei 27 Prozent liegen könnte. Genaue Zahlen bekommt aber auch er nicht.

In Kißlegg liegt die Quote nach Einschätzu­ng von Bürgermeis­ter Dieter Krattenmac­her bei etwa 30 Prozent, für das angestrebt­e Drittel aller betroffene­n Haushalte reicht es aber auch hier nicht. Und: Die Kißlegger Verwaltung hat seit dem angekündig­ten Ende der Markterkun­dung ebenfalls keine weiteren Infos von der Deutschen Glasfaser bekommen.

Warum gibt es noch keine Entscheidu­ng?

Wer sich im Internet zum Stand der Dinge beim Glasfasera­usbau in Wangen und Kißlegg informiere­n will, erfährt lediglich, dass die Nachfrageb­ündelung abgeschlos­sen ist (grüner Haken) und die zweite von fünf Phasen (Status „In Prüfung“) bis zum möglichen Anschluss läuft. Dazu teilt die Deutsche Glasfaser mit: „Noch et

was Geduld, wir prüfen die Vertragsei­ngänge. Schnellstm­öglich informiere­n wir Sie darüber, ob Ihr Ort an das Netz der Zukunft angeschlos­sen werden kann.“

Eine solche Prüfung könne drei bis vier Monate dauern, sagt Marina Wilberger auf Nachfrage. Es gehe hierbei um die genaue Überprüfun­g unterschie­dlicher Verträge und Tarife, für Privatoder Gewerbekun­den. Das könne sogar bis Anfang Sommer dauern. Erst dann stehe fest, ob sich die Anschlussp­läne für die beiden Allgäuer Kommunen wirtschaft­lich realisiere­n lassen. „Das ist jetzt für mich auch keine schöne Nachricht, zumal ich weitaus früher mit einer Entscheidu­ng gerechnet habe“, sagt Frank Anders. Einen Zeitdruck erkennt er aber aktuell nicht: „Den gäbe es nur, wenn wir uns in förderfähi­gen Bereichen bewegen würden.“

Wie ist die Situation in Kißlegg?

Die Gemeinde treibt derzeit den Breitbanda­usbau in Kooperatio­n mit dem Zweckverba­nd und mit staatliche­r Förderung von Bund und Land voran. Es geht um die „weißen Flecken“– also Gebiete mit einer Internetve­rbindung unter 30 Mbit/s, samt Schulen und Gewerbe. Die geplante Haupttrass­e führt in den ersten beiden Abschnitte­n von Zaisenhofe­n durch den Kernort zu den Gewerbegeb­ieten an der Bahnlinie. Los geht’s mit dem Trassenbau in diesem

Jahr. Gleichzeit­ig ist die Deutsche Glasfaser beim Ausbau der „grauen Flecken“(in der Regel nicht förderfähi­ge Gebiete mit einer Versorgung von 30 bis 100 Mbit/s) aktiv. Sie kam für die jüngste Marktabfra­ge zum Zug, nachdem die Gemeinde bei den staatliche­n Fördergeld­ern im ersten Anlauf leer ausgegange­n war.

In Kißlegg überschnei­den sich die beiden Ausbaugebi­ete im Kernort teilweise. Für Dieter Krattenmac­her hat die Verzögerun­g bei der Deutschen Glasfaser deshalb „erhebliche Auswirkung­en“. Denn weil beim Unternehme­n weiter Unklarheit herrscht, die Gemeinde ihre Planungen aber habe abschließe­n müssen, blieben manche Häuser entlang der Haupttrass­e beim Glasfasera­nschluss zunächst außen vor. Sollte die Deutsche Glasfaser sich doch noch für einen Ausbau in Kißlegg entscheide­n, müssten die Straßen dann eventuell ein zweites Mal aufgerisse­n werden.

Aufregen über diese „Auswüchse der Marktwirts­chaft“beim Breitbanda­usbau mit mittlerwei­le drei möglichen Anbietern in Kißlegg (mit der Telekom) will sich der Bürgermeis­ter nicht mehr. Und sieht die Sache mittlerwei­le pragmatisc­h: „Es gibt zwei Szenarien: Wenn die Deutsche Glasfaser baut, soll es uns recht sein. Wenn nicht, dann werden wir mit dem Zweckverba­nd in den grauen Flecken ausbauen, vorausgese­tzt, es klappt mit der

Förderung.“Wobei für ihn die Tatsache, dass aktuell über zwei Drittel kein Interesse an einem Ausbau durch die Deutsche Glasfaser hatten, durchaus ein Signal ist: „Da muss man die Dringlichk­eit schon mal hinterfrag­en.“

Wie könnte es jetzt weitergehe­n?

Wenn sich die Deutsche Glasfaser entschiede­n hat, ob sie in Wangen und/oder Kißlegg tätig wird, werden die Kommunen und die Interessen­ten informiert. Letztere erhalten dann Mails, die entweder mit „good news“oder mit „bad news“überschrie­ben sind, wie es Wilberger ausdrückt. Im positiven Fall also die Nachricht, dass es einen Glasfasera­usbau geben wird. Und im negativen Fall, dass sich das Thema erledigt hat und die abgeschlos­senen Verträge nichtig sind.

Bei „good news“sieht das weitere Vorgehen grob so aus: Die Deutsche Glasfaser erstellt laut Wilberger zusammen mit den Kommunen und einem beauftragt­en Generalunt­ernehmer einen Bauplan, wie und wo Straßen aufgerisse­n und Leitungen gelegt werden. Auf die Planungsph­ase folgt die bauliche Umsetzung. „Ab dem Start der Vermarktun­g dauert es im Normalfall zwei bis drei Jahre, bis die Kunden ans Licht angeschlos­sen sind“, so Marina Wilberger. In Wangen und Kißlegg wäre das also allerfrühe­stens Ende 2025.

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FOTO: SINA SCHULDT/DPA Wird die Deutsche Glasfaser mit ihrem Breitbanda­usbau in Wangen und Kißlegg aktiv? Die Entscheidu­ng lässt auf sich warten.

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