Erste Afd-nominierung im Kreis ungültig
Wie berichtet, wurde bei der Versammlung gegen die eigene Satzung verstoßen – Zweiter Anlauf erneut geheim
- Die AFD hat die Nominierung ihrer Kreistagskandidaten wiederholen müssen. Beim ersten Anlauf Anfang März wurden unter anderem zwei Redakteure der „Schwäbischen Zeitung“ausgeschlossen – obwohl die eigene Satzung öffentliche Nominierungen vorsieht. Wie der zweite Versuch gelaufen ist und wie der Kreiswahlausschuss damit umgeht.
Wieder in Aulendorf, aber in einer anderen Gaststätte, trifft sich der hiesige Landkreis-ableger der „Alternative für Deutschland“am Dienstagabend zur zweiten Nominierung. Offenbar ist man sich sicher, diesmal unter sich zu bleiben. Wie der Informant, der die „Schwäbische Zeitung“schon über die erste Versammlung in Kenntnis gesetzt hatte, im Vorfeld erklärte, habe es diverse Einschüchterungsversuche gegeben. Eine Afdlerin sei zum Weinen gebracht worden, weil sie fälschlicherweise verdächtigt worden sei, mit der Presse kooperiert zu haben. Auch ihm drohe ein „Shitstorm“, sagte der Informant, sobald er sich zu erkennen gebe. Seinem Verständnis nach gehöre aber eine unabhängige, bisweilen kritische Berichterstattung zum politischen Betrieb – auch wenn einem nicht jeder Artikel oder Kommentar gefalle. Weshalb das lang jährige Afd-mitglied die „Schwäbische Zeitung“auch über den zweiten Nominierungstermin unterrichtet hat.
Bei dieser zweiten Versammlung jedenfalls reagiert die Afdkreissprecherin Carmen Haug etwas verdutzt auf das Erscheinen des Sz-redakteurs. Mit kritischen Besuchern hat sie nicht gerechnet. Schließlich ist die Versammlung erneut nirgends angekündigt worden, nicht einmal auf der Homepage der Kreis-afd. Carmen Haug jedenfalls ringt sich ein Lächeln ab und informiert sofort Hans-peter Baur, Schatzmeister des Kreisverbands und nach Sz-informationen Aulendorfer Kreistagskandidat bei der AFD, über die erneute Anwesenheit der Presse. „Diesmal haben wir einen Extra-platz für Sie“, sagt Baur und zeigt auf eine Ecke in dem Nebenzimmer des Lokals. Carmen Haug stellt einen Stuhl in das Eck, ohne Tisch. Vor dem Platznehmen notiert sich der Afd-protokollant anhand des Presseausweises die Privatadresse des Redakteurs.
Die schätzungsweise 30 bis 40 Afd-mitglieder sitzen an einer langen Tafel. „Ein paar Ratten gibt’s halt überall“, sagt eine beleibte Frau am Ende des langen Tischs zu einem Parteifreund, als sie feststellt, dass der Termin der Presse durchgestochen wurde. An der gegenüberliegenden Stirnseite des langen Tischs sitzt Markus Frohnmaier. Der Landeschef der AFD ist diesmal pünktlich in Aulendorf gewesen, nachdem seine oberschwäbischen Parteifreunde beim ersten Nominierungsversuch mehr als eine halbe Stunde lang auf ihn warten mussten.
Diesmal beginnt die Versammlung um 18.30 Uhr. Kassierer Baur läutet mit einem Glöckchen, Sprecherin Haug begrüßt. Auffallend penibel wird jeder Tagesordnungspunkt durchgesprochen. Formfehler sollen wohl keine mehr passieren. Denn die Zeit drängt. Keine 48 Stunden nach der Nominierungsversammlung müssen die Wahlvorschläge beim Kreiswahlausschuss im Landratsamt eingehen. Einstimmig wird Markus Frohnmaier zum Versammlungsleiter gewählt. Flott führt er zum Tagesordnungspunkt vier: „Abstimmung über die Pressezulassung“. Wie beim ersten Nominierungsversuch meldet sich Schatzmeister
Hans-peter Baur zu Wort. Vor vier Wochen hat er noch über Hanns Joachim Friedrichs’ Zitat „Mach dich mit keiner Sache gemein“philosophiert und so seine Abneigung gegenüber unabhängiger Berichterstattung begründet. Diesmal sagt er: „Bei dieser internen Versammlung hat die Presse nichts zu suchen.“Außerdem verweist er auf einen Kommentar in der „Schwäbischen Zeitung“, der gleichsam die Migrationspolitik im Bund, aber auch die AFD kritisierte. Baur hat der Kommentar nicht gefallen. Deshalb soll der Autor den Saal verlassen.
Zu Baurs Antrag auf Ausschluss der Presse gibt es keine Gegenrede. Frohnmaier erklärt dazu: „Bei uns gelten Anträge, zu denen es keine Gegenrede gibt, immer automatisch als angenommen. So steht’s in unserer Geschäftsordnung.“Einer sagt was, keiner widerspricht, ergo: Die Mehrheit hat ihre Meinung geäußert. Ein Afdler legt aber diesmal, wie er sagt, „formalen Einspruch“, ein. Also wird per Handzeichen abgestimmt. Die Arme gehen nach oben, keine Gegenstimme, keine Enthaltung. Nach acht Minuten endet so der öffentliche Teil der zweiten Afd-nominierungsversammlung, der Redakteur muss den Saal verlassen.
Wen die AFD ins Rennen für die Kreistagswahl schickt, verheimlicht die Partei den Wählern aktuell noch. Auf mehrere Anfragen der „Schwäbischen Zeitung“gab es bis zur zweiten Versammlung nur ausweichende Antworten. Auch wie viele Mitglieder die AFD im Kreis Ravensburg hat, will oder kann der Vorstand nicht sagen.
Nach der zweiten Nominierungsversammlung zwei Tage vor Ende der offiziellen Frist für die Einreichung der Wahllisten nimmt Carmen Haug das Telefon nicht ab, wenn die „Schwäbische Zeitung“anruft, und lässt Rückrufbitten unbeantwortet.
Doch spätestens am 8. April wird das Geheimnis gelüftet. Dann tagt der Kreiswahlausschuss des Landkreises und befindet über die Vorschläge der Parteien und Wählervereinigungen. Wie die „Schwäbische Zeitung“aus gut unterrichteter Quelle erfahren hat, ist es der AFD zwar gelungen, für alle zehn Kreistagswahlkreise ein bis zwei Kandidaten zu finden, eine volle Liste hätte insgesamt aber 89 Kandidaten. Für die Gemeinderäte in den 39 Kommunen des Landkreises wurden dem Sz-informant zufolge keine Kandidaten nominiert.