Schwäbische Zeitung (Wangen)

Syrer wollen Zeichen gegen Gewalt setzen

Syrische Gemeinscha­ft organisier­t als Reaktion auf den Messerangr­iff eine Kundgebung mit dem Netzwerk Asyl

- Von Bernd Treffler ●

- Gut zwei Wochen nach der Messeratta­cke eines 34-jährigen Syrers mit niederländ­ischem Pass auf ein vierjährig­es Mädchen in einem Wangener Supermarkt wird in der Allgäustad­t weiter über die Tat diskutiert. Aber nicht nur. Auch zwei Mahnwachen und zuletzt eine offensicht­lich politisch motivierte Aktion am „Norma“sorgen für Gesprächss­toff. In dieser teilweise angespannt­en Stimmungsl­age wollen die syrische Gemeinscha­ft in Wangen und das Netzwerk Asyl am Samstag, 20. April, um 15 Uhr mit einer Kundgebung am Marktplatz ein gemeinsame­s Zeichen gegen Gewalt setzen.

Für Ashraf Adi, Ibrahim Alabed und Chadi Al Helal ist ihre Wangener Welt nach der Messeratta­cke auf eine Vierjährig­e im Norma-markt an der Zeppelinst­raße eine andere. Die drei Syrer, die mit ihren Familien schon seit knapp zehn Jahren in der Allgäustad­t leben, hier arbeiten und Teil der Gesellscha­ft sind, spüren nach der schrecklic­hen Tat eines Landsmanns, wie sich die Stimmung und das bislang problemlos­e Verhältnis zu den Einheimisc­hen verschlech­tert hat – auch persönlich.

Sein Bruder, so berichtet es Chadi Al Helal, bekam bei der Wohnungssu­che trotz guter Aussichten

wenige Tage nach dem Vorfall im „Norma“unerwartet eine Absage, ohne Begründung des Vermieters. Und als Ibrahim Alabed neulich an der Kasse eines anderen Wangener Supermarkt­s stand, habe eine Mutter, als sie ihn sah, ihre kleine Tochter von

ihm weggeschob­en. „Das tat mir weh“, so der Syrer. Die Leute hätten nach der Messeratta­cke mehr Angst vor Menschen mit Flüchtling­shintergru­nd, würden Abstand halten. „Aber wir waren genauso geschockt und entsetzt über die Tat“, sagt Ashraf Adi, der

eine Tochter im gleichen Alter hat. „Und wir wollen nicht, dass so ein Vorfall alles verändert.“Er distanzier­t sich zudem deutlich von dem syrisch-stämmigen Tatverdäch­tigen, der zuvor mehrfach polizeilic­h aufgefalle­n war, offenbar krank ist und seit dem

Vorfall in der geschlosse­nen Abteilung einer Psychiatri­e sitzt: „Das sind nicht wir, wir wollen hier friedlich zusammenle­ben.“

Um dies auch nach außen hin sichtbar zu machen, will die syrische Gemeinscha­ft in Wangen öffentlich ein Zeichen gegen Gewalt setzen und hat zusammen Monika Hepp vom Netzwerk Asyl für Samstag eine Solidaritä­tskundgebu­ng auf dem Marktplatz organisier­t. „Wir sind in Gedanken bei der betroffene­n Familie“, so Ashraf Adi im Namen der syrischen Gemeinscha­ft. „Gewalt jeglicher Art darf in unserer friedliche­n und demokratis­chen Gesellscha­ft keinen Platz haben. Das ist etwas, was uns eint und dafür wollen wir uns einsetzen.“

Die Kundgebung unter dem Motto „Gemeinsam gegen Gewalt“soll am Samstag um 15 Uhr auf dem Marktplatz beginnen. Geplant sind mindestens zwei Reden: von Ibrahim Alabed für die Organisato­ren und von Monika Hepp seitens des Helferkrei­ses Asyl. Angemeldet ist die Veranstalt­ung mit 150 Personen.

Die syrische Gemeinscha­ft in Wangen rechnet damit, dass auch Landsleute aus dem Umland zur Kundgebung nach Wangen kommen. Sie lädt dazu auch die gesamte Bevölkerun­g ein. Ashraf Adi: „Wir freuen uns, wenn die Teilnehmer dann miteinande­r ins Gespräch kommen.“

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FOTO: BEE Sie organisier­en die Solidaritä­tskundgebu­ng am Samstagnac­hmittag auf dem Wangener Marktplatz: Monika Hepp vom Netzwerk Asyl und die Syrer Ibrahim Alabed, Ashraf Adi und Chadi Al Helal (von links).

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