Warum auch der Weg zum Aussichtsturm nicht barrierefrei ist
Sz-leser bezeichnet die eingebauten Stufen als „rücksichtslos“– Gartenschau und Räte erklären die Hintergründe
- Unzureichende Barrierefreiheit auf der Landesgartenschau (LGS) war vor einigen Wochen ein Thema, als Behindertenbeauftragte eine fehlende Toilette für besonders Pflegebedürftige bemängelten. Nun bezeichnet ein Sz-leser den steilen Aufgang zum Aussichtsturm wegen der eingebauten Stufen als „rücksichtslos gegenüber benachteiligten Menschen“. Das sind die Hintergründe.
Es war Mitte März, als Behindertenbeauftragte von Land, Kreis und Stadt die Barrieren bei der am 26. April startenden Landesgartenschau kritisierten. Es ging dabei vor allem um eine fehlende „Toilette für Alle“, für Menschen mit besonderem Pflegebedarf. Aber auch um den Aussichtsturm und den Aussichtshügel in den Auwiesen, die beide nur über Treppen begehbar sind. Am Zugang zum Turm von der Argenwiese aus will nun Gerhard Mücke
verdeutlichen, dass „diese Barrierefreiheit auf der LGS aber mit Sicherheit nicht dem Standard zeitgemäßen Planens und Bauens entspricht“.
Sicher, so der 80-jährige Sz-leser aus Wangen, könne man „jetzt dieses ohnehin umstrittene Bauwerk
für läppische zwei Millionen Euro nicht auch noch mit einem Aufzug für Behinderte ausstatten“. Dies – als Anmerkung der Redaktion – war wegen der besonderen Konstruktionsweise aber auch von vorneherein klar gewesen. „Dass man aber jetzt den Zugang
dahin auch noch mit doppelt verlegten Eisenbahnschwellen so verbarrikadiert, dass nur noch geübte Trailrunner wenigstens an seinen Fuß gelangen können, während Eltern mit Kinderwagen oder auch nur leicht wackelige Senioren lediglich sehnsüchtig zum
Schönbühl hinaufblicken können“, kritisiert Mücke, „ist gelinde gesagt eine Gedanken- ja Rücksichtslosigkeit gegenüber benachteiligten Mitgliedern und Steuerzahlern unserer Gesellschaft.“Und wagt in einer Mail an die SZ die Behauptung, „dass ohne Nachbesserung der Shitstorm über diese Zumutung für Menschen den über das Hundeverbot noch weit übertreffen und die gesamte LGS belasten wird“.
Für Karl-eugen Ebertshäuser, Geschäftsführer der Landesgartenschau, stellt der Prallhang zwischen Argenwiese und Turm ein „natürliches Hindernis“dar. Um dies ohne Stufen zu überwinden, hätte man bei einer erlaubten Steigung von maximal sechs Prozent viel mehr Platz gebraucht und deshalb stark in die Natur eingreifen müssen. „Es war hier von vorneherein klar, dass ein barrierefreier Zugang Richtung Turm nicht möglich ist.“
Rückendeckung bekommt er von Gerhard Lang und Paul Müller,
Aufsichtsratsmitglieder der LGS. Für den Stadtrat Lang ist „ein barrierefreier Zugang ohne nennenswerte Eingriffe ins Landschaftsbild nicht erreichbar“. Große Teile des Waldes hätten entfernt werden müssen, der Eingriff in den Altbestand wäre heftig gewesen, ergänzt der frühere Stadtförster und Gerhard Langs Ratskollege Paul Müller. Beide sprechen nun von einem „vertretbaren Kompromiss“.
Für den Lgs-geschaftsführer ist die Lösung mit den Doppelstufen zwar nicht barrierefrei, aber im Vergleich zu dem früher steilen und unwegsamen Pfad, nun „deutlich bequemer“, da die Steigung zwischen den Stufen viel niedriger sei. Geplant sei zudem ein Geländer. Für die Zeit nach der Gartenschau wäre eventuell ein barrierefreier Aufstieg, möglicherweise auf einem Umweg über den oberhalb des Hangs liegenden Hof durchaus eine überlegenswerte Option, so Ebertshäuser, Lang und Müller.