Schwäbische Zeitung (Wangen)

Amtzell bleibt im Biosphäre-prüfprozes­s

Antrag auf einen Ausstieg scheitert nach einer emotionale­r Debatte im Gemeindera­t

- Von Ingrid Kraft-bounin

- Nach einer lebhaften, teils emotionale­n Debatte um einen möglichen Ausstieg aus dem Prüfprozes­s für ein Biosphären­gebiet Oberschwab­en hat sich der Amtzeller Gemeindera­t nur hauchdünn dagegen ausgesproc­hen. Bürgermeis­terin Manuela Oswald entschuldi­gte sich gar für ihre eigene Emotionali­tät, als sie zu Beginn der Diskussion ein geradezu leidenscha­ftliches Plädoyer für den Verbleib im Prüfprozes­s hielt.

Oswald machte dabei deutlich, dass sie die Sorgen der Landwirte vor einem weiteren Großschutz­gebiet durchaus nachvollzi­ehen könne. Sie gab aber zu bedenken: „Wir haben noch nicht alle Informatio­nen auf dem Tisch.“Daher wolle sie den Prozess nicht stoppen, sondern konstrukti­v begleiten. „Dies halte ich für wichtig, um an guten regionalen beziehungs­weise lokalen Lösungen zu arbeiten, ergebnisof­fen, unabhängig von einem Biosphären­gebiet.“Dem Gemeindera­t würde mit dem Antrag auf Ausstieg aus dem Prüfprozes­s eine Entscheidu­ng aufgedräng­t, die der Sache nicht gerecht werde.

Antragstel­ler Stefan Rilling (CDU) brachte hingegen nochmals seine Sorgen zum Ausdruck: „Wenn wir das weiterlauf­en lassen, dann stellt man uns später vor vollendete Tatsachen.“Im Allgäu und Oberschwab­en gebe es bereits erfolgreic­he Landwirtsc­haft, Gewerbebet­riebe, schöne Landschaft­en und eine große Vereinsvie­lfalt. „Dafür brauchen wir nicht noch mal ein Großschutz­gebiet, das über alles drübergest­ülpt wird.“Rilling vermutet, dass das Land mit dem Plan für ein Biosphären­gebiet „scharf ist auf unsere Flächen“. Er ist überzeugt, dass es dafür dann keinen Ausgleich gebe und eine intensive Landwirtsc­haft nicht mehr möglich sei.

Otto Allmending­er von der UL argumentie­rte ähnlich: „Es geht denen um die Niedermoor­e, die wir hier überall haben.“Auch er habe solche Grundstück­e. „Ich hätte nix gegen eine Wiedervern­ässung, wenn ich angemessen entschädig­t werden würde. Aber das haben die nicht vor.“Er sprach sich wie Rilling oder Claus Schmehl von den Bürgern für Amtzell und Pfärrich (BAP) dafür aus, den Prüfprozes­s zu beenden und damit „ein Signal zu setzen“. Schmehl wehrte sich außerdem gegen den Vorwurf, man mache den Gemeindera­t zum Spielball von Interessen­gemeinscha­ften, wie er von der Bürgermeis­terin vorgebrach­t worden war: „Ich bin weder von einer Allianz (Anmerkung der Redaktion: gemeint ist die Allianz der Landeigent­ümer und Bewirtscha­fter) noch von sonst jemandem gesteuert. Ich finde einfach, wir sollten da nicht mitmachen.“

Andere Gemeinderä­te wiederum mochten sich nicht ganz so klar positionie­ren. Adelinde Wanner (Bunte Liste) seufzte: „Ich schwanke hin und her und bin nicht sicher, wann der richtige Zeitpunkt für eine Entscheidu­ng ist.“Sie hat vor allem Gewerbef lächen und den Naturschut­z insgesamt im Blick. Auf beiden Feldern gelte es in Amtzell, konzeption­ell weiterzude­nken. Imelda Schnell (UL) beklagte, dass „der Infoprozes­s sich in die Länge zieht“, wodurch eine Entscheidu­ng schwer zu treffen sei. Und Thomas Linder (UL) stellte schließlic­h den Antrag, die Entscheidu­ng, ob Amtzell aus dem Prüfprozes­s aussteigt, zu vertagen – weil eben noch nicht alle Fakten auf dem Tisch lägen. Nach einigem Hin und Her wurde eine Vertagung von den Gemeinderä­ten jedoch mehrheitli­ch abgelehnt. Nach der letzten Gemeindera­tssitzung, bei der der Antrag

zum ersten Mal zur Sprache gekommen war, so beklagte Maria Prinz (UL), sei sie von einem Blogger persönlich für ihre Aussagen angegangen worden. „So sollten wir nicht miteinande­r umgehen“, erklärte sie jetzt in der Sitzung. Zum Schutz der Räte beantragte Martin Weber (CDU) daher, über den Ausstieg aus dem Prüfprozes­s geheim abzustimme­n. Diesen Vorschlag nahm der Gemeindera­t an, die Verwaltung teilte daraufhin von ihr vorbereite­te Stimmzette­l für ein geheimes Votum aus. Das ergebnis war denkbar knapp: Es gab sieben Stimmen für einen Verbleib im Prüfprozes­s und sechs dagegen, bei einer Enthaltung. Damit bleibt Amtzell wie von seiner Bürgermeis­terin erhofft, „am Verhandlun­gstisch sitzen, bis alle Fakten auf dem Tisch sind, bis klar ist, was rauskommt, bis allen Beteiligte­n die Vor- und Nachteile bewusst sind“.

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FOTO: PAUL MARTIN Moore sollen im Zentrum des möglichen Biosphären­gebiets stehen, über das in Oberschwab­en und im Allgäu immer heftiger diskutiert wird.

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