Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Museen setzen auf digitale Angebote
Die Schließung der Museen zwingt die Solinger Einrichtungen dazu, schneller Inhalte für das Internet zu liefern.Ein gutes Angebot erschließt neue Besucherkreise.
(pm) Mit bundesweitem Aufsehen hatte das Zentrum für verfolgte Künste vor zwei Wochen eine rein für das Internet gestaltete Ausstellung eröffnet. Mit „7Places.org“wird an 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland erinnert. Dabei zugleich an glückliche Zeiten voller Kultur und an die dunkelsten Seiten des Holocaust.
So etwas werde sicher nicht die Regel, sagt die Leiterin des Solinger Standorts des Industriemuseums in der Gesenkschmiede Hendrichs in Merscheid. Aber Nicole Scheda ist sich schon sicher, dass die durch die Pandemie bedingten Schließungen die Museumslandschaft verändern werde. Schon lange sei das Thema Internet zur Vermittlung von Ausstellungsinhalten auf der Tagesordnung. Nun aber eben ganz oben.
Dabei rät sie zu einer ganz neuen Betrachtung. „Für uns zählen die Besucher, die das Museum selbst besuchen oder über das Internet gleich.“Die Befürchtung, das Internet werde die Besucherzahlen an der Kasse sinken lassen, hält sie für den falschen Ansatz. Natürlich sei der persönliche Besuch in Ausstellungen durch nichts zu ersetzen. Aber mit einem gut aufgebauten Internetangebot könne man sich am Ende sogar ganz neue Besucherkreise eröffnen, die dann auch mittelfristig in den Museen begrüßt werden könnten.
Das Industriemuseum gehört zum Angebot des Landschaftsverbands. Scheda verweist auf Youtube-Videos zur Gesenkschmiede und den anderen Standorten des Industriemuseums. Aber das ganze laufe auch als interaktive Aktion gut. Die Leiterin erinnert an die Ausstellung
„Must Have“: „Besucher konnten sich in unserer Sonderausstellung ein Objekt aussuchen und dazu eine persönliche Geschichte erzählen. Ausgewählte Geschichten sind in unserer Ausstellung präsentiert. Zu weiteren kann man in der Ausstellung durch einen QR-Code gelangen. Alle Geschichten sind auf einer Website gesammelt.“
Mit den fehlenden Besuchern in Kontakt zu bleiben, ist auch für das Kunstmuseum wichtig. Eine wichtige Ausstellung fiel mit „Klasse Kunst!“gerade ganz aus. Dabei stellen Schülerinnen und Schüler aus den Klassen weiterführender Schulen Kunst zu einem vorher formulierten Thema aus. Museumsdirektorin Gisela Elbracht-Iglhaut und ihr Team an jungen ehrenamtlichen Mitarbeitern hat das komplett nach Facebook und Instagram verlagert. In kurzen Videos stellen die einzelnen Klassen ihre Ergebnisse vor. „Damit erreichen wir die jungen Besucher dort, wo sie auch sonst viel Zeit verbringen“, erklärt Elbracht-Iglhaut. So gehe das Projekt nicht ganz verloren. Aber sie mahnt auch an, eine Ausstellung für die jungen Talente im echten Museum sei so nicht zu ersetzen.
Auch die Kuratorin des Zentrums für verfolgte Künste, Birte Fritsch, bespielt die beiden gleichen Kanäle in den sozialen Medien wie das Kunstmuseum. Direktor Jürgen Kaumkötter schaffte gerade sogar eine befristete Stelle, um das Angebot auszubauen. Das umfasst schon länger Podcasts. Damit wird im Internet mal als Video, mal nur als Audio-Version auf einzelne Kunstwerke oder Künstler eingegangen. Das will auch Nicole Scheda kurzfristig anbieten. Mit dem Solinger Hörspielmacher Peter Schilske soll gleich eine ganze Serie zur Gesenkschmiede gestartet werden. Und doch weiß auch Scheda, fehlende Besuchereinnahmen ersetz das nicht. So habe der ausgefallene Messer-Gabel-Scheren-Markt stark gefehlt.
Kunst im Internet:
www.mein-museumsobjekt.de (Industriemuseum) www. kunstmuseum-solingen.de/ausstellungen (Kunstmuseum); www.7places.org (Zentrum für verfolgte Künste).